Immer wieder Neues entdecken
Michael Weber, der Geschäftsführer "The Match Factory", kann sich freuen: Auf der Berlinale vertritt er vier Filme, die im Wettbewerb starten. Er ist einer der wichtigsten deutschen Filmexporteure.
Dienstagabend im "Projekt Kino Ost" in Berlin. Die Band Hauschka gibt im Rahmen der Berlinale-Party für den griechischen Wettbewerbsfilm "Stratos" von Yannis Economides ein Konzert.
Das passt und ist doch etwas seltsam. Denn die Band hat eigentlich die Filmmusik für den portugiesischen Film "Praia do Futuro" von Karim Ainouz produziert, der ebenfalls im Wettbewerb läuft. Da aber beide Werke unter dem Dach der "Match Factory" vertrieben werden, feiert man zusammen. Dass es gleich vier "seiner" Filme in den Wettbewerb geschafft haben, mit völlig unterschiedlichen Themen, sei aber eher Zufall, meint Michael Weber:
Das passt und ist doch etwas seltsam. Denn die Band hat eigentlich die Filmmusik für den portugiesischen Film "Praia do Futuro" von Karim Ainouz produziert, der ebenfalls im Wettbewerb läuft. Da aber beide Werke unter dem Dach der "Match Factory" vertrieben werden, feiert man zusammen. Dass es gleich vier "seiner" Filme in den Wettbewerb geschafft haben, mit völlig unterschiedlichen Themen, sei aber eher Zufall, meint Michael Weber:
"Ich habe nicht eine wirkliche Idee, wenn ich das Programm zusammenstelle. Ist nicht so, dass ich sage, ich will einen Film aus Brasilien kaufen und der sollte noch ein schwules Thema haben. Und dann machen wir einen Kriegsfilm, der sich mit der politischen Situation der deutschen Außenpolitik befasst. Was jetzt Feo gemacht hat und sehr emotional geworden. Es ist rein Gefühl, wie wir auf die Stoffe reagieren, wie wir auf die Filme reagieren in der Auswahl."
Der 46-jährige Weber kommt aus Rüsselsheim, studiert Wirtschaftsingenieurswesen, beginnt 1996 bei der Bavaria in München als Filmexporteur zu arbeiten und wird drei Jahre später zum Exporteur des Jahres gewählt. 2006 verlässt er München, um in Köln seine "Match Factory" zu gründen.
"Ich habe die zehn Jahre bei der Bavaria sehr genossen. Am Ende war ich vier Jahre Geschäftsführer gewesen von eben dem Filmhandelshaus der Bavaria und hatte das Gefühl, dass ich zum einen andere Filme machen wollte. Vielleicht künstlerischer oder auch mit anderen Regisseuren auch. Und gleichzeitig das Gefühl hatte, dass es was anders ist, wenn man den eigenen Laden hat."
Auf der Erfolgsspur mit Fatih Akin
Und Weber startet furios: Einer der ersten Filme, dessen Verkaufsrechter er erwirbt, ist "Grbavica" von Jasmina Zbanic. Das Werk gewinnt den Goldenen Bären. Dann übernimmt er Erfolgsfilme wie Fatih Akins "Auf der anderen Seite" oder den Golden Globe Gewinner "Waltz with Bashir" von Ari Folman. Wobei Weber betont, dass er fast immer einsteigt, wenn es nur ein Drehbuch gibt.
"Das ist in der Regel ein Bauchgefühl. Also A schauen wir immer noch sehr viele Filme an, also erste Filme und beschäftigen uns damit, was der Hintergrund von den Regisseuren ist. Dann geht man auch mal ein gewisses Risiko ein, wenn man ein gewisses Zutrauen hat. Eines der spannendsten Dinge ist es auch, Leute zu entdecken. Auch Leute, die vielleicht dem deutschen Publikum nicht so bekannt sind, wie jetzt letztes Jahre Felix van Groeningen mit 'Broken Circle Breakdown'."
Auch da lag die "Match Factory” goldrichtig. "Broken Circle" gewann letztes Jahr den Panorama-Publikumspreis und erwies sich dann als Renner in den Programmkinos. Michael Weber konnte das Drama über ein schräges belgisches Paar, deren Kind stirbt, in über 40 Länder verkaufen. Aber er angelt nicht nur Goldfische: Match Factory verkauft jedes Jahr die Vertriebsrechte für rund 20 Filme.
Davon wird etwa die Hälfte der Filme den Erwartungen gerecht, ein Viertel läuft deutlich besser als erhofft und ein Viertel bringt Verlust. Manchmal weiß Michael Weber das schon vorher: Das Werk "Onkel Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben" des Thailänders Apichatpong Weerasethakul zum Beispiel gewann 2010 die Goldene Palme in Cannes, war aber kein kommerzieller Erfolg.
"Die Idee von einer kulturellen Vielfalt"
"Wir versuchen Dinge zu machen, die vielleicht ein bisschen kommerzieller sind, aber um damit auch einen Film wie Apichatpong machen zu können. Wobei ich sagen muss, es gibt für Apichatpong ein weltweites Publikum. Dass es nicht groß ist, wissen wir alle. Aber ich glaube, die Idee von einer kulturellen Vielfalt halte ich für extrem wichtig. Gerade so einer der talentiertesten und einzigartigsten Filmemacher wie Apichatpong muss man einfach unterstützen, muss es auch einen Platz geben. Jetzt kann ich es mir nicht leisten hundertausende Euro zu verlieren. Aber so jemanden zu schützen, zu fördern und nicht den Profit in den Vordergrund zu stellen, halte ich für einen Teil der Mission dieser Firma."
Unabhängig davon sind die Verkaufssummen von Film zu Film, von Land zu Land sehr unterschiedlich. Aber eines bleibt gleich.
"Wir sind wie ein Autohändler. Wir bekommen eine Kommission. Man kann sagen wir kriegen so zwischen 20 und 25 Prozent."
Die Festivalbesuche und das Reisen um den Globus machen Michael Weber Spaß - auch wenn es anstrengend ist. Während der Berlinale hat er täglich rund 20 Treffen im Halbstundentakt mit Verleihern, Einkäufern, Festivalleuten, Produzenten und Regisseuren.
So trifft man an seinem Stand zum Beispiel den Filmemacher Christian Petzold, Galionsfigur der Berliner Schule, der seinen nächsten Film von Match Factory international vermarkten lässt. "Phönix", so der Titel, ist bereits nach Frankreich verkauft und Christian Petzold ist beeindruckt, dass Michael Weber bei den Verhandlungen keineswegs immer nur Wortführer ist:
"Was mir auffällt, ist, dass er sich gut zurückhält. Dass er die Situation sehr gut lesen kann, wann man nichts sagt. Also dass er nicht verkauft, das finde ich gut. Sondern vermittelt? Einfach entstehen lässt."
Neben dem "miteinander auskommen" geht es Michael Weber auch darum, immer wieder Neues zu entdecken. Ohnehin sieht er als ein großes Manko der Filmbranche an, dass es so wenige Leute wie den Produzenten Karl Baumgartner gibt, dem jetzt die Berlinale-Kamera verliehen wird.
"Die so eine Offenheit und so eine Neugier haben auf was Neues, was Neues zu entdecken. Wo man eben nicht sagt: Was ist der Trend? Dem man hinterher läuft. Sondern die selbst versuchen, Trends zu schaffen."