Arthouse versus Blockbuster

Ein Mann will den Kino-Trash adeln

Studenten der Universität Duisburg/Essen verfolgen im großen Saal des Essener Multiplex-Kinos eine Vorlesung (Foto vom 17.10.2011). Die Universität ist zum Semesterstart proppenvoll.
Auch billige Sexfilmchen mit Blümchentapeten tragen etwas zum Kino-Erbe bei, meint Lukas Foerster © picture alliance / dpa / Roland Weihrauch
Lukas Foerster im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
Cineasten schauen Arthouse, alle anderen Trash und Blockbuster - so einfach war die Kinowelt früher. Das will der Filmwissenschaftler Lukas Foerster ändern: Auch erotischer Film-Trash solle als ernstzunehmenden Stoff für cineastische Auseinandersetzung gelten.
Die Filmförderung Baden-Württemberg vergibt jedes Jahr ein Stipendium an einen Filmwissenschaftler und Kritiker, der den Begriff der Cinephilie erweitern möchte, also die leidenschaftliche Liebe zu Kino und Film.
Als Cineasten galten früher ausschließlich Kinogänger, die politische und theoretische Aspekte anspruchsvoller Werke diskutierten. Lukas Foerster dagegen möchte auch die Liebhaber deutscher Billigsexfilme aus den Sechziger Jahren als "Cinephile" bezeichnen.
Auf das Thema gestoßen ist er durch ein illegales Festival, das Freunde von einigen Jahren veranstalteten. Sie zeigten hauptsächlich erotische Filme aus den 60er- und 70er-Jahren. Als Teilnehmer des Festivals stellte Foerster fest:
"Das ist eine Art, sich mit Filmen auseinander zu setzen, Filme zu schauen, über Filme zu reden, die ich vorher nicht kannte. Das hat mich fasziniert und das hat mich begeistert."

"Das funktioniert heute nicht mehr "

Nun will Foerster die Aufteilung "Filmkunst für Cineasten" versus "Blockbuster und Trash für alle anderen" bewusst aufbrechen. "Man kann das historisch erklären, aber das funktioniert heute nicht mehr so ganz", meint Foerster. "Arthouse-Kinos sind in einer gewissen Weise mit ihrem Publikum gealtert", sagt er.
"Man hat nicht mehr das Gefühl, dass in den Arthouse-Kinos das interessanteste Kino der Welt läuft."
Der Begriff und die Praxis entstand in den 1950er-Jahren in Frankreich.
"Die Kritiker damals liebten das amerikanische Genre-Kino von Regisseuren wie Hitchcock, die sich als Handwerker verstanden und einen Film nach dem anderen gedreht haben. Im Selbstverständnis ihrer Macher waren das Industrieprodukte."

Trash ist auch kulturhistorisch relevant

Und auch bei billigen Erotikfilmen passiere etwas mit den Zuschauern, die Lust, die da entstünde und die sich nach dem Film fortsetze, in Gesprächen oder in Texten. Auch kulturhistorisch seien die Filme relevant: "Bei Jürgen Enz kann man den ganzen Film über nur auf die Tapeten schauen und sich von dort aus die Welt erschließen, die Jürgen Enz filmt - ein Kleinbürgertum, das es heute nicht mehr gibt", meint Foerster.
"Wir nehmen die Filme komplett ernst", sagt Foerster über sich und alle Cinephilen.
"Es geht darum zu zeigen, dass Film eine Kunstform ist, die viele Facetten hat und dass bestimmte Formen von Kino-Energie und von Kino-Sensationen tatsächlich nur in solchen Filmen zu finden sind."
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