Sir Arthur Conan Doyle

Der Mann, der Sherlock Holmes erfand

Der britische Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle schuf die weltbekannte Figur des Detektivs Sherlock Holmes, der zusammen mit seinem Freund Dr. Watson knifflige Kriminalfälle löst.
Sherlock Holmes war mit Abstand die populärste Figur, die er erfand, doch es wäre falsch, das Werk von Sir Arthur Conan Doyle auf die Geschichten rund um den Detektiv zu reduzieren. © picture alliance / dpa
Von Christian Blees |
Sherlock Holmes kennt jeder. Weit weniger bekannt ist Sir Arthur Conan Doyle, der den Meisterdetektiv einst ersann. Dabei war auch das Leben des britischen Schriftstellers mindestens so filmreif wie die Kriminalfälle seiner berühmten Figur.
Mit seinen Geschichten um Sherlock Holmes hat der britische Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle Literaturgeschichte geschrieben und die Kriminalliteratur maßgeblich geprägt. Und auch das Kino und das Fernsehen: Holmes' detektivischer Spürsinn inspiriert Drehbuchautoren immer wieder aufs Neue. Am beeindruckendsten war dies zuletzt in der BBC-Serie "Sherlock" (2010-2017) zu erleben, mit der Benedict Cumberbatch in der Titelrolle der Durchbruch zum internationalen Star gelang.
Doch wer war Sir Arthur Conan Doyle? In jedem Fall ein Tausendsassa mit einem abenteuerlichen Leben:

Ich habe erfahren, was es bedeutet, arm zu sein, und ich habe erfahren, was es bedeutet, recht wohlhabend zu sein. Ich hatte eine lange Karriere als Schriftsteller, nach einem Medizinstudium, das ich mit Doktortitel abschloss. Ich habe mich an einer Vielzahl von Sportarten versucht, darunter Boxen, Kricket, Autorennen und Skifahren, wobei ich der Erste war, der letzteres für längere Strecken in der Schweiz einführte. Ich bin als Schiffsarzt auf einem Walfischfänger durch die Arktis gereist und habe an drei Kriegen teilgenommen. Zuletzt wurde es meine Pflicht, der Welt die überwältigende Wichtigkeit des Übersinnlichen mitzuteilen.

Sir Arthur Conan Doyle über sich selbt

Auf Recherche nach Dartmoor

Von all dem und noch viel mehr erzählt diese Sendung. Deren erste Stunde führt uns nach Devon, im Südwesten Englands, es ist ein kalter Februarabend. Genauer gesagt befinden wir uns in Dartmoor. Und zwar genau in der Gegend, in der sich im Frühjahr 1901 auch Sir Arthur Conan Doyle herumkutschieren ließ. Für ihn ging es damals um Recherchen zu seinem neuesten Roman. In "Der Hund von Baskerville" sollte Sherlock Holmes sein mit Abstand bekanntestes Abenteuer erleben.
Jetzt, gut einhundert Jahre später, haben wir uns selbst auf den Weg gemacht, um auf den Spuren des berüchtigten Hundes zu wandeln. So viel sei schon jetzt verraten: Das, was wir auf dieser Reise nach Dartmoor erleben, wird uns noch lange im Gedächtnis bleiben. Und was eigentlich nur eingefleischte Sherlock-Holmes-Fans wissen: Ohne die Hilfe eines guten Freundes wäre Arthur Conan Doyle gar nicht auf die Idee gekommen, die Legende vom Hund von Baskerville überhaupt in einem Buch zu verarbeiten.
Aber wir wollen nicht vorgreifen. Blenden wir erst einmal noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück, und zwar bis 1859 - in das Jahr, in dem Arthur Conan Doyle in der schottischen Hauptstadt Edinburgh zur Welt kommt.
Der Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle (1859-1920) lehnt sich in einem Hauseingang an den Türrahmen und hat eine Pfeife in der Hand.
War auch Schiffsarzt auf einem Walfischfänger: Sir Arthur Conan Doyle (1859-1920).© picture alliance / United Archives / 91020

Geboren wurde ich am 22. Mai 1859 am Picardy Place in Edinburgh - in einer Gegend, in der sich einst eine Kolonie französischer Hugenotten niedergelassen hatte. Mein Vater, Charles Doyle, war der jüngste Sohn von John Doyle. John Doyle war ungefähr 1815 aus Dublin zugezogen und hatte sich zwischen 1825 und 1850 in London einen Ruf als herausragender politischer Karikaturist erworben. Er starb 1868. Jeder seiner vier Söhne hatte etwas von seinem künstlerischen Talent geerbt. So auch mein Vater. 1855 heiratete er meine Mutter, Mary Foley. Beide wohnten bei meiner Großmutter. Sie lebten ziemlich bescheiden, denn das Einkommen meines Vaters, der als Angestellter im öffentlichen Dienst arbeitete, betrug nur 240 Pfund im Jahr. Das versuchte er, mit ein wenig Malerei aufzubessern. Er hatte keine großen künstlerischen Ambitionen und wurde auch nie besonders gefördert. Seine Bilder brachten der Familie nie viel ein. Edinburgh ist voll von Aquarellen, die er einfach so verschenkt hat. Es ist nach wie vor ein unerfüllter Plan von mir, so viele seiner Gemälde wie möglich zusammenzutragen und in London eine Charles-Doyle-Ausstellung zu arrangieren. Die Kritiker wären garantiert überrascht, wenn sie sehen könnten, was für ein großer und origineller Künstler er war - meiner Meinung nach der größte Künstler in der ganzen Familie.

Sir Arthur Conan Doyle in seiner Autobiografie

Die Fans erforschen die Geschichten bis heute

Gestorben ist Sir Arthur Conan Doyle im Juli 1930. Seine berühmte Romanfigur lebt aber bis heute weiter - nicht nur in den Kurzgeschichten und Romanen, sondern auch in weltweiten Fanclubs, wie uns Experte Michael Ross in der dritten Stunde dieser Sendung erzählt: "Es gibt weltweit eine kaum zu übersehende Zahl von Sherlock-Holmes-Gesellschaften, deren älteste die "Sherlock Holmes Society of London" und die "Baker Street Irregulars" in New York sind."
Was darf man sich darunter vorstellen? Jedenfalls "keine Gesellschaften, in denen die Mitglieder ständig als Sherlock Holmes verkleidet durch die Gegend laufen und nach Indizien suchen oder Kriminalfälle lösen wollen. Man beschäftigt sich da im Sinne einer literarischen Gesellschaft mit den Sherlock-Holmes-Werken auf, sagen wir mal, pseudo-wissenschaftliche Art. Die Grundidee, die all diesen Gesellschaften zugrunde liegt, ist nämlich die, dass es Sherlock Holmes und Dr. Watson wirklich gegeben hat."

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Nach dieser augenzwinkernden Auffassung war "Conan Doyle bestenfalls der literarische Agent von Dr. Watson, der dafür gesorgt hat, dass dessen Aufzeichnungen über Holmes' Fälle veröffentlicht werden. Und wenn man mit dieser Prämisse an die Geschichten herangeht, stellt man fest, dass sie voller Ungereimtheiten sind."
Beispiel gefällig? "Dr. Watsons Kriegsverletzung, die er sich im Afghanistan-Feldzug in den 1870er-Jahren zugezogen hat. Im ersten Sherlock-Holmes-Roman wird die als Schulterverletzung bezeichnet. Er hält dann entsprechend auch seinen Arm ein wenig seltsam. In späteren Geschichten ist diese Verletzung auf einmal im Bein. Und nun ist es Aufgabe des Sherlock-Holmes-Forschers herauszufinden: Was stimmt nun wirklich? Ist er nur an der Schulter, nur am Bein oder tatsächlich an beiden Stellen getroffen worden?"

Für Doyle war Holmes Nebensache

Dabei machen die Sherlock-Holmes-Erzählungen und -Romane nur einen Bruchteil des Gesamtoeuvres von Conan Doyle aus. Aber sie sind eindeutig die populärsten Werke des vielseitigen Schriftstellers geblieben. In deutscher Sprache gibt es eine sorgfältig edierte Holmes-Gesamtausgabe sowie zahlreiche Einzelveröffentlichungen. Daneben macht eine Conan-Doyle-Werkausgabe auch zahlreiche andere Werke des vielseitigen Schriftstellers in deutscher Sprache wieder zugänglich.
Ob es gelingen kann, Doyle je aus dem Schatten seines literarischen Vermächtnisses heraustreten zu lassen? Doyle-Experte Michael Ross hat seine Zweifel:
"Wenn man Leute fragt, ob sie Sherlock Holmes kennen, werden die meisten ja sagen. Und die allermeisten wissen auch, wer er war. Viele sind sich noch nicht einmal sicher, ob es ihn nicht wirklich gegeben hat oder ob er eine literarische Figur ist, während der Name Conan Doyle deutlich weniger bekannt ist. Das ist eine Entwicklung, die Conan Doyle vorhergesehen hat und im Grunde schon zu seinen eigenen Zeiten selber erlebt hat. Es ist nicht selten vorgekommen, dass er Briefe bekommen hat, die an Sherlock Holmes gerichtet waren mit der Bitte um Weiterleitung, bis hin zu Leuten, die sich angeboten haben, für Sherlock Holmes die Haushälterin zu spielen."
Christopher Plummer als Sherlock Holmes in dem Film "Murder by Decree" (1979). Im Hintergrund James Mason als Dr. Watson. Holmes sitzt in einem Zugabteil und raucht eine Pfeife. Er guckt nachdenklich.
Die Abenteuer von Sherlock Holmes wurden unzählige Male verfilmt. 1979 spielte Christopher Plummer den Detektiv in "Murder by Decree". Im Hintergrund James Mason als Dr. Watson.© Picture-Alliance / Photoshot / Bandphoto
Den Autor hat das nicht sonderlich amüsiert: "Er hat Sherlock Holmes eher als eine Randerscheinung in seinem literarischen Schaffen betrachtet," erklärt Ross weiter.
"Aber es hat nichts geholfen. Warum das so war, ist kaum mit einem Satz zu beantworten. Offenbar ist es Conan Doyle gelungen, durch die Art, wie er seine Geschichten geschrieben hat, die Form, wie er seinen Detektiv charakterisiert hat, bei vielen Leuten ein Gefühl der Nähe zu produzieren: dass sie das Gefühl hatten, ihn zu kennen, ihn zu sehen, dass sie ihn eben für echt hielten. Durch diese Fiktion - die ja zumindest innerhalb der Geschichten dadurch aufrechterhalten wird, dass Dr. Watson die Fälle schildert -, war es eben vielleicht auch möglich zu glauben, dass es ihn wirklich gegeben hat."
Damit dürfte auch Holmes' Nachleben in den Medien zu tun haben: "Die Tatsache, dass es so viele frühe Theaterstücke, später dann Verfilmungen, Hörspiele, Fernsehproduktionen mit Sherlock Holmes gab, hat natürlich dazu geführt, dass Sherlock Holmes im Bewusstsein der Öffentlichkeit hängengeblieben ist. Während der Autor - vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass seine übrigen Werke heute nicht mehr so modern wirken wie die Detektivgeschichten - einfach in Vergessenheit geraten ist."
Die Erstausstrahlung der Sendung war am 23.5.2009
Streifzüge durch die Literatur