Reich an Rohstoffen, arm an Menschenrechten
Heute sind fünf Millionen Menschen in Aserbaidschan zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Die Kritik an der autoritären Staatsführung ist wegen der Unterdrückung der Opposition groß. Doch Präsident Ilcham Alijew und seinen Clan ficht das nicht an.
Schwierig war die Lage für Andersdenkende in Aserbaidschan schon immer, doch in jüngster Zeit ist der Druck noch gewachsen. Von Dutzenden politischen Gefangenen sprechen Menschenrechtsorganisationen. Zu den bekanntesten gehören die Bürgerrechtler Leyla und Arif Yunus. Die Eheleute wurden zu langen Haftstrafen verurteilt – angeblich wegen Betrugs und illegaler Geschäfte, doch Beobachter hielten die Vorwürfe für konstruiert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht Aserbaidschan auf Platz 162 von 180.
Entsprechend harsch ist die internationale Kritik an der aserbaidschanischen Führung, etwa aus dem EU-Parlament. Nur weil das Land reich an Rohstoffen sei, dürfe man über Missstände nicht hinwegsehen, meinte kürzlich die österreichische Grünen-Abgeordnete Ulrike Lunacek:
"Weil für die EU Menschenrechte bei Beziehungen zu anderen Ländern im Mittelpunkt stehen, müssen wir uns gemeinsam einsetzen für die, die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit verteidigen. Wir dürfen nicht mit zweierlei Maß messen – je nachdem, ob Länder, Öl und Gas besitzen oder nicht."
Es gibt keinen politischen Wettbewerb
Für Aserbaidschan ist die EU der wichtigste Wirtschaftspartner. Allein Deutschland kaufte dort vergangenes Jahr Erdöl für mehr als zwei Milliarden Euro. Kritik wegen mangelnder Demokratie verbittet man sich aber in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, wie Samed Seidow aus der Präsidentenpartei klar macht:
"Das ist eine der Methoden, mit denen man einem Land ein negatives Image verpasst und Druck ausübt. Sie wollen nur zeigen, wer die Hosen anhat."
Zum Streitthema mit dem Westen ist auch die jetzt stattfindende Parlamentswahl geworden. Fünf Millionen Menschen sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Doch gibt es in dem autoritär regierten Land praktisch keinen politischen Wettbewerb. Wer das anspricht, bekommt Antworten wie diese vom regierungsfreundlichen Politologen Ilgar Velizade:
"Es kamen schon Bewertungen, dabei haben die Parlamentswahlen noch nicht einmal stattgefunden. Das ist ein Informationskrieg."
Das Parlament bleibt Teil des Systems
Für Präsident Ilcham Alijew, der seit 2003 im Amt ist, dürfte trotzdem alles nach Plan laufen: Laut offiziell verbreiteten Umfragen liegen die Abgeordneten seiner Partei "Neues Aserbaidschan" mit fast 75 Prozent vorn. So wird auch das neue Parlament Teil des Systems bleiben, das von Alijew und seinem Clan gesteuert wird. Die Führung in Baku weist stolz darauf hin, dass man eine Insel der Stabilität geschaffen habe in einer Region mit vielen instabilen Ländern.
Bei vergangenen Wahlen waren immerhin noch unabhängige Beobachter der OSZE in Aserbaidschan – die die Abstimmungen allerdings nicht als demokratisch bewerteten. Diesmal sagte die OSZE ihre Mission nach einem Streit mit den Behörden ab. Statt 380 Beobachter, wie vorgeschlagen, wollte Aserbaidschan nur 131 ins Land lassen.