Asphaltkultur

Bürokratisch verordnete Straßenmusikerin

Von Elmar Krämer |
Vor acht Jahren hat die gebürtige Amerikanerin McKinley Black in Berlin einen Singer-Songwriter-Wettbewerb für Straßenmusiker ins Leben gerufen: "Troubadour – Modern Ministrels". Mittlerweile kommen die Teilnehmer aus der ganzen Welt.
McKinley Black sitzt mit der Gitarre im Anschlag in der Wohn-Arbeitszimmer-Küche ihrer kleinen Einzimmerwohnung in Berlin Prenzlauer Berg. Da kommt einer ihrer Mitbewohner in die Küche getippelt.

1997 kommt die Amerikanerin nach Berlin. Kurze Zeit später kauft sie sich Carlos und Georgia, zwei Chihuahua-Mischlinge, die sie seit dem begleiten.

McKinley Black wird als letztes von sieben Kindern 1965 in Cape Cod geboren, einer malerischen Halbinsel im Südosten von Massachusetts in den USA - hierhin wanderte ihre Mutter aus Madeira in Portugal nach dem Zweiten Weltkrieg aus.

"Wir sind halb Portugiesen. Das bedeutet, man kann nicht nicht singen oder tanzen in ein portugiesisches Haushalt. Das geht gar nicht."
Gitarrenunterricht in der Kirche
Als McKinley neun Jahre alt ist, trennen sich ihre Eltern. Mit dreizehn bekommt ihr Vater das Sorgerecht. Er kauft seiner Tochter die erste richtige Gitarre. In der Kirche bekommt McKinley Gitarrenunterricht. Hier findet sie eine sehr wichtige, bereits "erwachsene" Freundin. Als diese dann heiratet, möchte McKinley ihr ein besonderes Geschenk machen - Geld hat sie aber nicht:

"Und dann hab ich eine Lied für sie geschrieben."

Bei der Hochzeitsfeier spielt McKinley ihren ersten eigenen Song live vor - nur ihrer Freundin und deren Mann, denkt sie:

"Es war mir nicht bekannt, dass die ganze Party hinterherfolgt und durch eine offene Tür das alles hört. Und da haben alle geklatscht und das hat meine Ego schon ein bisschen gepusht - ich dachte oh, das ist schön, dann schreib ich jetzt Geschenke, weil ich hatte kein Geld. Für jede Freunde oder so schreib ich ein Lied."

So entstehen nach und nach etliche Songs. Ihre Freunde sind begeistert, und sie sind überzeugt davon, dass McKinley mehr aus ihrem Talent machen muss:

"Es waren immer meine Freunde, das hat mich so weit gebracht. Also sie hat mich immer gesagt hey, wir haben dich eine Audition, eine Bewerbung in einem Restaurant gemacht und dann kannst Du da jeden Samstag spielen und Geld verdienen - und das passiert! That's how it happend. Und dann irgendwann kam das Berkeley-College of Musik und sie hat mich wegen meine Songs genommen - obwohl ich keine Noten lesen kann und so etwas."
Straßenmusikerin nebenbei
Doch das Studium ist nicht ihre Welt. Nach einem halben Jahr steigt McKinley aus. Sie hält sich mit Jobs über Wasser, arbeitet in der Fischverarbeitung, verteilt Flyer und landet ohne Ausbildung als Chefarzt-Sekretärin in einem Krankenhaus. Dort bleibt sie zehn Jahre hängen, macht parallel privat eine Gesangsausbildung und spielt nach der Arbeit als Straßenmusikerin. Als der Arzt in Rente geht und dann auch noch ihre Mutter stirbt, überdenkt McKinley Black ihr bisheriges Leben:

"Eine Freundin aus Schweiz hat mich angerufen. Sie sagt zu mir: Hey, was machst Du mit deinem Leben? - Denn jetzt bin ich 32 - Was machst du? Du bist kein Sekretär. Du bist eine Musikerin, du musst mit deiner Musik leben - komm nach Schweiz, ich organisiere Konzerte und ein Wohnung für dich, komm nach Basel."

Gesagt, getan! Doch schon bald treibt es sie weiter. Sie tourt durch die Niederlande und Deutschland und landet schließlich in Berlin - und die deutsche Bürokratie hilft bei der weiteren Lebensplanung:

"Und als ich hier nach Deutschland kam, da war der Stempel in meine Pass, dass ich darf nur Musik. Ich kann nicht Kellnern, Büroarbeit - muss ich auf meine Musik konzentrieren und da hab ich gemacht und das war eine Geschenk von Deutschland."
Songwriter-Wettbewerb
McKinley Black arbeitet als Gesanglehrerin in Musikschulen und am Maxim Gorki Theater, spielt Konzerte und auf der Straße. Hier lernt sie auch etliche gute Musiker kennen, die, wie sie findet, auf eine Bühne gehören.
McKinley Black ist mittlerweile gut vernetzt in der Berliner Musikszene und gründet 2005 "Troubadour-Modern Ministrels" einen Wettbewerb für Singer/ Songwriter:

"Nach acht Jahren in der Musikergemeinde ist Troubadour Prestige. Sie kommen von überall um nur zwei Lieder zu singen vor eine Berliner Publikum - it's crazy."

Berlin ist eine neue Heimat geworden für die Musikerin aus den USA, die überall auf der Welt Freunde hat - und wenn sie nach einem Konzert in ihre kleine Wohnung nach Hause kommt, dann ist auch da immer jemand zur Stelle, der mit ihr singt.