Astronomie

Auf der Suche nach einer Erdenschwester

Eine künstlerische Darstellung des Planeten Proxima b mit dem Stern Proxima Centaueri am Horizont
Proxima Centauri ist der erdnächste Stern außerhalb des Sonnensystems - kürzlich wurde ein Planet entdeckt, der um ihn kreist. © dpa/Nature/M. Kornmesser
Von Dirk Lorenzen |
Fieberhaft suchen Forscher nach einer zweiten Erde im Weltall. Ein neuer Fund in nur 4,2 Lichtjahren Entfernung lässt sie nun hoffen. Und vielleicht fliegt schon bald ein Nanoschiff dorthin, das weniger als ein Gramm wiegt.
"Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2016. Dies sind die Abenteuer der Astronomen auf dem Raumschiff Erde, mit dem sie unterwegs sind, um fremde Sterne zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringen sie zu Planeten vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat."
So lässt sich, frei nach Star Trek, die Arbeit der Planetenjäger beschreiben. Tatsächlich befinden sich viele Sterne mit Exoplaneten Hunderte oder Tausende Lichtjahre entfernt, doch nun haben die Astronomen unseren echten Nachbarn gefunden, einen Planeten, der den nächstgelegen Stern umkreist, verkündete stolz Pedro Amado vom Institut für Astrophysik im spanischen Granada:
"Proxima Centauri ist ein Roter Zwergstern, der nur ein Zehntel so viel Masse hat wie unsere Sonne. Alle elf Tage umkreist ihn ein Planet, der etwas schwerer ist als unsere Erde. Der Planet ist nur 4,2 Lichtjahre entfernt, aber das ist immer noch gut 300.000-mal die Strecke Erde-Sonne."

Sie messen, wie schnell sich ein Stern bewegt

Die Forscher jubeln über diesen Coup. Doch ob dieser Planet wirklich aus Gestein besteht, ob er womöglich über eine Atmosphäre und flüssiges Wasser verfügt und damit vielleicht sogar Leben eine Heimat bietet, ist völlig offen.
Interessant ist, dass der Stern dieses Planeten, Proxima Centauri, ein Roter Zwerg ist. Er gehört also zu den kleinen, schwachen Objekten, die in der Milchstraße kaum auffallen. Aber 70 Prozent aller Sterne sind Rote Zwerge – und genau auf dieses himmlische Fußvolks hat es Ansgar Reiners von der Universität Göttingen abgesehen:
"Wir beschäftigen uns in einem deutsch-spanischen Projekt mit dem Carmenes-Spektrographen, das ist ein Spektrograph am Calar-Alto-Observatorium, mit dem wir dann hoffentlich sehr viele dieser Sterne nach Planeten untersuchen können und dann einige oder viele, Größenordnungsbereich hundert vielleicht, Planeten finden, von denen vielleicht dann einige auch in der so genannten bewohnbaren Zone sein könnten."
Mit dem Spektrographen auf dem Calar Alto in Südspanien zerlegen die Astronomen das Licht der Sterne in seine Wellenlängen – und messen so, wie schnell sich ein Stern bewegt. Hat ein Stern Planeten, so lässt ihn deren Anziehungskraft etwas hin- und herpendeln.

Traum von Reisen durch die Milchstraße

Carmenes misst die Geschwindigkeit der Sterne auf etwa einen Meter pro Sekunde genau: Über Lichtjahre hinweg beobachten die Astronomen also, ob sich ein Stern im Fußgängertempo auf uns zu- oder von uns wegbewegt. Die Entdeckung des Planeten bei Proxima Centauri, an der Ansgar Reiners beteiligt war, gibt der Suche bei Roten Zwergen großen Auftrieb.
"Wir beschäftigen uns im wesentlichen mit Planeten um sehr kühle Sterne und sehr kleine Sterne. Diese Sterne sind auch leichter als die Sonne und das hat den schönen Vorteil, dass die Planeten, die um sie herum kreisen, einen sehr viel höheren Einfluss auf den Stern ausüben. Der Stern bewegt sich stärker und man kann die sehr viel leichter finden."
Anders als bei großen, sonnenähnlichen Sternen fallen bei den Roten Zwergen bereits erdgroße Planeten auf. Diese Planeten dürften dann sehr oft genau die richtigen Temperaturen haben, damit mögliches Wasser auf der Oberfläche weder verdampft noch gefroren ist, sondern in flüssiger Form vorkommt. Damit böten diese Planeten prinzipiell lebensfreundliche Bedingungen.
Ob der Planet von nebenan Leben beheimatet, ist eher unwahrscheinlich. Doch manche Raumfahrt- und Science-Fiction-Fans träumen bereits von den Reisen durch die Milchstraße, wenn auch zunächst im Miniaturformat:
"Breakthrough star shot is a privately funded initiative to begin developing humanity's first probe to another star system."

Ein Nanoraumschiff, das weniger als ein Gramm wiegt

Die private Initiative Breakthrough Starshot, wörtlich übersetzt "Durchbruch Sternschuss", will die ersten Raumsonden zu einem anderen Sternsystem entwickeln, erklärt Simon P. Worden. Mit dem Fliegen kennt er sich aus: Der gelernte Astronom hat es in der US-Luftwaffe bis zum General gebracht. Nun planen er und seine Mitstreiter ein verwegenes Projekt:
"Wir wollen ein Nanoraumschiff bauen, das weniger als ein Gramm wiegt und an ein Lichtsegel montiert ist. Mit einem extrem starken Laser beleuchten wir von der Erde aus die Segel und bringen so rund hundert Nanoraumschiffe auf etwa ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit. Die fliegen zu den nächsten Sternen und schicken per Laserverbindung Bilder und andere Daten zurück zur Erde."
Der Warp-Antrieb von Raumschiff Enterprise ist dies noch nicht. Aber durch den Impuls von hellem Licht eine federleichte Raumsonde auf sehr hohes Tempo zu bringen, ist physikalisch prinzipiell möglich. Gehen die Träume in Erfüllung, könnte ein Raumschiff innerhalb weniger Jahrzehnte die vier Lichtjahre zum Planeten von Proxima Centauri überwinden. Faszinierend.
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