Astrophysikerin Anna Frebel

"Sternegucken ist wie Radio machen"

34:46 Minuten
Anna Frebel steht alleine vor einem nächtlichen Sternenhimmel.
Astrophysikerin Anna Frebel erforscht den Sternenstaub, aus dem das All und wir Menschen gemacht sind. © Anna Frebel
Moderation: Britta Bürger |
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Astrophysikerin Anna Frebel war 25 Jahre alt, als sie einen der ältesten Sterne im Kosmos entdeckte. Schnell stieg sie selbst zu einem neuen Stern am Wissenschaftshimmel auf. Heute fördert sie junge Wissenschaftlerinnen.
"Die meisten Sterne sehen ziemlich langweilig aus." Ein solcher Satz kommt aus dem Mund einer Astrophysikerin eher unerwartet. Aber Anna Frebel muss es wissen. Seit vielen Jahren wandert ihr Blick aus Forschungsgründen regelmäßig gen Himmel.
Es ist fast erleichternd zu hören, wie die Wissenschaftlerin anfügt: "Einige Sterne sind besonders."

Gold, Platin und Silber

Gerade analysiert Anna Frebel Hunderte Himmelskörper für ein neues Forschungsprojekt. "Wir untersuchen den Ursprung der chemischen Elemente", erzählt sie. Das klingt zunächst wenig spektakulär, wird aber spätestens dann spannend, als die Astronomin erklärt, warum das wichtig ist:
"Durch die besonderen Sterne" – damit meint Anna Frebel die alten – "können wir nachverfolgen, wie Gold, Platin und Silber gemacht werden".
Porträt der Astrophysikerin Anna Frebel.
Anna Frebel legte eine steile Karriere hin: Bereits als Doktorandin entdeckte sie einen der ältesten Sterne des Kosmos.© Anna Frebel
Mit der Entdeckung von einem dieser besonderen, sehr betagten Sterne wurde Anna Frebel mit 25 in Wissenschaftskreisen selbst zum Star. Im Jahr 2005 hatte die Astrophysikerin einen der ältesten Sterne gefunden: Er hat das kaum fassbare Alter von über 13 Milliarden Jahren. Damals war Frebel Doktorandin in Australien. Der Veteran bekam die völlig unromantische Bezeichnung: "HE 1327-2326" verpasst.
Dabei hatte die Astrophysiker ihren Stern schon auf der "Abschussliste – er sah ein bisschen komisch aus". Zum Glück, so erinnert sich Anna Frebel, wagte sie einen zweiten Blick. Erst dann "stellte sich heraus, dass wir da etwas ganz Besonderes gefunden haben."

50.000 Dollar für eine Nacht

Die Beobachtung und Analyse der Sterne erfolgt vor allem am Computer. Anna Frebel gibt einen Einblick:
"Wir leiten das Sternenlicht wie durch ein Prisma und spalten das in die Regenbogenfarben auf. Und das sagt uns dann genau, welche Elemente in diesem Stern sind. Die ältesten Sterne haben ganz wenig von all den chemischen Elementen. Zu dem Zeitpunkt, als sie kurz nach dem Urknall geformt und gebildet worden sind, da gab es von diesen Elementen noch gar nicht so viele", erzählt die Astronomin.
Seit 2012 arbeitet Anna Frebel als Professorin für Physik am Massachusetts Institute of Technology; derzeit ist sie Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Für ihre Forschungen war und ist die Astronomin reichlich unterwegs. Sie promovierte in Canberra, ging dann in die USA, erst nach Texas, später nach Massachusetts.

"Sternegucken ist wie Radio machen"

Ein Höhepunkt ihrer Arbeit: Sternegucken mit dem Teleskop in der chilenischen Atacama-Wüste. Das klingt nach einem Ausflug für Touristen, ist aber ein teurer Forschungsplatz. Eine einzige Nacht am großen Teleskop soll 50.000 Dollar kosten.
"Das hört sich natürlich teuer an – ist es auch", räumt Frebel ein. "Es sind viel Stromkosten dabei, auch Personal. Aber verglichen zu anderen wissenschaftlichen Experimenten, ist es gar nicht so teuer. Zum Glück muss ich es selbst nicht bezahlen, meine Uni zahlt das."
In der Wüste Sterne zu beobachten sei ein "bisschen wie Radio machen", findet Anna Frebel während des Interviews im Berliner Funkhaus. "Wir unterhalten uns hier, hören dann wieder Musik. Und dann unterhalten wir uns wieder.
Und so geht das bei uns eigentlich auch. Wir suchen uns einen Stern aus, dann beobachten wir den, zwischen fünf Minuten und einer Stunde. Und dann gucken wir uns den Nächsten an und entscheiden, ob der interessant für uns ist. Wir wollen ja diesen ganz seltenen Stern finden."

Handbuch für den Nachwuchs

Gerade schreibt die Astrophysikerin auch an einem neuen Buch – einer Art Handbuch für junge Wissenschaftler, vor allem für Wissenschaftlerinnen. Sterne spielen da keine Rolle, sondern ganz irdische Fragen wie: Welche Fähigkeiten, welches Handwerkszeug muss man für die Wissenschaft mitbringen? Wie kann man in diesem Feld erfolgreich sein?
"Diese Fragen konnten mir nie jemand beantworten. Ich bin so von einem Schritt zum nächsten gestolpert. Das hat bei mir ja auch gut geklappt. Aber schön war es nicht immer."
(ful)
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