Atemberaubende Kopfnüsse
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat vor dem Verzehr von Nüssen durch Kleinkinder gewarnt. Die Kinder könnten sich verschlucken - und daran ersticken. Doch statt Warnhinweisen wäre ein Tipp besser, was in diesem Fall zu tun ist.
Die Meldung des BfR klingt alarmierend: "Das Risiko, Nüsse oder Nussteile zu verschlucken", so die Behörde, "ist für Kleinkinder signifikant höher als das Risiko, Kleinteile von Spielzeug zu verschlucken". Kinder sollten, so der Expertentipp, "Nüsse ausschließlich in ruhigen Essenssituationen unter Aufsicht von Erwachsenen verzehren". Sollte sich trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen dennoch ein Kind verschlucken und zu ersticken drohen, dann ist der Notarzt zu rufen. Die Aufbewahrung von Nüssen habe so zu erfolgen, dass Kleinkinder bis zu vier Jahren da gar nicht erst rankämen. Aha, wieder so ein gut gemeinter Verbrauchertipp, der Deutschlands Esszimmer noch sicherer machen wird.
Allerdings muss ich einen kleinen Wermutstropfen in den Kelch mit den atemberaubenden Nüssen gießen. Denn nicht nur Nüsse haben bei Kindern zu Erstickungsanfällen geführt, sondern na ja, auch Karottenstückchen, Weintrauben, Kekse, so ziemlich alles, was erst mal gekaut werden muss, bevor man es runterschlucken kann. Ein Müsli wird unter diesen Gesichtspunkten schon fast zur Todesfalle und sollte wohl besser im Tresor als im Küchenschrank aufbewahrt werden. Lauter Kleinteile, die man schnell in den falschen Hals kriegen kann.
Man ahnt ja gar nicht, wo überall bei Tisch Gefahren drohen. Einer weiteren Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung entnehme ich, dass selbst Schleckmuscheln zum Erstickungstod führen können, obwohl sie dafür eigentlich viel zu groß sind.
Schleckmuscheln, das sind Plastikmuscheln, die mit Bonbonmasse gefüllt sind, die da rausgeleckt wird. Das BfR hat sogar bestätigt, dass Schleckmuscheln im Grunde ihres Wesens sicherheitstechnisch völlig in Ordnung sind, ja sie erfüllen sogar die besonderen Anforderungen an Spielzeug. Allerdings, so die Behörde, sei bei der Bonbonmasse mit der Zunge – Zitat - "eine entsprechende Verformung möglich". Tja - und schon sei die Gefahr des Erstickens nicht mehr auszuschließen. Wie es der Zufall so will, ist so was tatsächlich schon mal vorgekommen.
Durch Lutschen oder Kauen werden Lebensmittel soweit zerkleinert, dass sie, wenn es dumm geht, auch in die Atemwege gelangen können - mit den bekannten Folgen. Insofern greift die Warnung vor Nüssen oder Schleckmuscheln zu kurz. Wäre es da nicht noch sicherer, Kindern bis zum fünften Lebensjahr nur noch Getränke und Breichen anzubieten – für den Fall, das gerade mal kein Notarzt zur Stelle ist? Alle anderen Lebensmittel werden dann wohl in der Küche hinter Schloss und Riegel gelagert. Und damit die Kinder nicht vom Esstisch der Erwachsenen stibitzen können, essen sie getrennt?
Die Folgen einer solchen Ernährung kennt man längst: Es sind die Kinder, die beim Klassenausflug auffallen, weil sie nichts Festes essen können. Sie haben dann reichlich zu Trinken dabei, ihre Nahrung saugen sie am liebsten über den Strohhalm ein. Die Fähigkeit zu kauen mussten sie nie trainieren. Diese Kinder sind vermutlich in besonderem Maße durch Nüsse, Trauben oder Karotten gefährdet. Denn auch das Kauen und Schlucken will gelernt sein.
Das Bundesinstitut fordert zunächst eine Kennzeichnungspflicht: "Achtung, Nüsse können in die Atemwege von Kindern unter vier Jahren gelangen." Liebe Kollegen: statt Warnhinweisen auf Müslitüten wäre ein Tipp besser, was im Falle des Verschluckens zu tun ist – egal ob Rückenklopfen oder der sogenannte Heimlich-Handgriff. Es gibt Länder, in denen in den Gaststätten statt Warnhinweisen Tafeln mit den notwendigen Handgriffen bei unbedachtem Verschlucken aushängen. Schließlich haben sich auch schon Erwachsene verschluckt. Und ob immer ein Telefon griffbereit ist und der Notarzt schnell genug zur Stelle, kann keine Behörde der Welt garantieren. Mahlzeit!
Literatur:
BfR: Erstickungsgefahr von Kleinkindern durch Nüsse. Pressemeldung v. 22. Dezember 2009
BfR: Risiko Erstickungstod bei Kleinkindern durch Nüsse – BfR empfiehlt Verbraucherhinweis auf Verpackungen. Stellungnahme Nr. 050/2009
BfR: Gesundheitliche Gefährdung durch Verschlucken von Schleckmuscheln. Stellungnahme v. 4. Februar 2004
Allerdings muss ich einen kleinen Wermutstropfen in den Kelch mit den atemberaubenden Nüssen gießen. Denn nicht nur Nüsse haben bei Kindern zu Erstickungsanfällen geführt, sondern na ja, auch Karottenstückchen, Weintrauben, Kekse, so ziemlich alles, was erst mal gekaut werden muss, bevor man es runterschlucken kann. Ein Müsli wird unter diesen Gesichtspunkten schon fast zur Todesfalle und sollte wohl besser im Tresor als im Küchenschrank aufbewahrt werden. Lauter Kleinteile, die man schnell in den falschen Hals kriegen kann.
Man ahnt ja gar nicht, wo überall bei Tisch Gefahren drohen. Einer weiteren Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung entnehme ich, dass selbst Schleckmuscheln zum Erstickungstod führen können, obwohl sie dafür eigentlich viel zu groß sind.
Schleckmuscheln, das sind Plastikmuscheln, die mit Bonbonmasse gefüllt sind, die da rausgeleckt wird. Das BfR hat sogar bestätigt, dass Schleckmuscheln im Grunde ihres Wesens sicherheitstechnisch völlig in Ordnung sind, ja sie erfüllen sogar die besonderen Anforderungen an Spielzeug. Allerdings, so die Behörde, sei bei der Bonbonmasse mit der Zunge – Zitat - "eine entsprechende Verformung möglich". Tja - und schon sei die Gefahr des Erstickens nicht mehr auszuschließen. Wie es der Zufall so will, ist so was tatsächlich schon mal vorgekommen.
Durch Lutschen oder Kauen werden Lebensmittel soweit zerkleinert, dass sie, wenn es dumm geht, auch in die Atemwege gelangen können - mit den bekannten Folgen. Insofern greift die Warnung vor Nüssen oder Schleckmuscheln zu kurz. Wäre es da nicht noch sicherer, Kindern bis zum fünften Lebensjahr nur noch Getränke und Breichen anzubieten – für den Fall, das gerade mal kein Notarzt zur Stelle ist? Alle anderen Lebensmittel werden dann wohl in der Küche hinter Schloss und Riegel gelagert. Und damit die Kinder nicht vom Esstisch der Erwachsenen stibitzen können, essen sie getrennt?
Die Folgen einer solchen Ernährung kennt man längst: Es sind die Kinder, die beim Klassenausflug auffallen, weil sie nichts Festes essen können. Sie haben dann reichlich zu Trinken dabei, ihre Nahrung saugen sie am liebsten über den Strohhalm ein. Die Fähigkeit zu kauen mussten sie nie trainieren. Diese Kinder sind vermutlich in besonderem Maße durch Nüsse, Trauben oder Karotten gefährdet. Denn auch das Kauen und Schlucken will gelernt sein.
Das Bundesinstitut fordert zunächst eine Kennzeichnungspflicht: "Achtung, Nüsse können in die Atemwege von Kindern unter vier Jahren gelangen." Liebe Kollegen: statt Warnhinweisen auf Müslitüten wäre ein Tipp besser, was im Falle des Verschluckens zu tun ist – egal ob Rückenklopfen oder der sogenannte Heimlich-Handgriff. Es gibt Länder, in denen in den Gaststätten statt Warnhinweisen Tafeln mit den notwendigen Handgriffen bei unbedachtem Verschlucken aushängen. Schließlich haben sich auch schon Erwachsene verschluckt. Und ob immer ein Telefon griffbereit ist und der Notarzt schnell genug zur Stelle, kann keine Behörde der Welt garantieren. Mahlzeit!
Literatur:
BfR: Erstickungsgefahr von Kleinkindern durch Nüsse. Pressemeldung v. 22. Dezember 2009
BfR: Risiko Erstickungstod bei Kleinkindern durch Nüsse – BfR empfiehlt Verbraucherhinweis auf Verpackungen. Stellungnahme Nr. 050/2009
BfR: Gesundheitliche Gefährdung durch Verschlucken von Schleckmuscheln. Stellungnahme v. 4. Februar 2004