Iris Blauensteiner: „Atemhaut“
Roman
Kremayr und Scheriau
156 Seiten, 20 Euro
Autorin Iris Blauensteiner
Die Autorin und Filmemacherin Iris Blauensteiner experimentiert gerne - auch mit anderen Künstlern. Das Ergebnis ist ein akustisch-poetischer Roman. © Marisa Vranješ
Ein Roman mit eigenem Soundtrack
13:34 Minuten
Die Filmemacherin und Autorin Iris Blauensteiner probiert sich gerne aus: mit Formen, Inhalten, in der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Ihr neuestes Experiment ist sowohl poetisch, als auch akustisch – der Roman „Atemhaut“.
„Ich habe beim Schreiben recht früh bemerkt, dass ich sehr viele akustische Passagen hatte“, erzählt die Autorin Iris Blauensteiner über ihr neuestes Werk „Atemhaut“. „Im Text habe ich sehr viel über Geräusche, Ton, Stimmen, Atmosphären geschrieben.“ Für die Künstlerin scheint es logisch, ihren zweiten Roman um einen Sound zu erweitern.
Metallischer Sound trifft auf Poesie
Der Soundtrack zum Buch klingt metallen, sphärisch, fast düster. Rojin Sharafi, eine Wienerin mit iranischen Wurzeln, hat ihn komponiert, während Iris Blauensteiner noch geschrieben hat. Beide arbeiten gerne kollaborativ auf Augenhöhe. „Ich mag das sehr gerne, offen sein zu können, beeinflusst zu werden in meiner Arbeit“, erklärt Blauensteiner den Kreativprozess.
Etwa ein Jahr lang haben sich die beiden Künstlerinnen immer wieder getroffen und geprobt. Neben dem Buch und dem Soundtrack entstand auch eine Performance zur Lesung, in der sie zusammen den Sound generieren. „Das bildet unsere Arbeitsmethode ab.“
Sich treiben lassen
Experimentieren, sich vom Prozess treiben lassen: Diesen Ansatz verfolgt Blauensteiner auch beim Schreiben. So habe sich die Hauptfigur ihres Romans, Edin, auch erst während der Arbeit herauskristallisiert. Der Roman spielt kurz vor der Jahrtausendwende in Wien. Edin ist Lagerist in einem Logistikunternehmen – und liebt seinen Job. Bis er ihn verliert, seine Arbeit wegrationalisiert wird.
„Ich habe in dieser Figur Diskurse bemerkt“, erklärt Blauensteiner. Bei Edin geht es um Arbeit, Identifikation, Fluchterfahrungen, das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. „So bin ich da immer mehr hineingeraten in diese Welt, die sowohl eine Leistungsgesellschaft hinterfragt, als auch Digitalisierung, wenn Menschen durch Maschinen ersetzt werden.“
Entrückt und surreal
Dabei versucht die Autorin, sich zwischen konkreten Strukturen und poetischer Literatur zu bewegen. So lasse sie Edin zwar in einer Ich-Perspektive sprechen, nutze dabei aber bewusst das Du: „Für mich heißt das eine Art Entrücktheit. Er spricht sich selbst an, das macht alles etwas surreal.“ Den Roman lässt sie mit einer offenen Geste enden, die viel Interpretationsraum lässt: „Solche Kleinigkeiten, die auf den zweiten Blick Bedeutung bekommen oder in einen Sinnzusammenhang eingereiht werden können, faszinieren mich sehr.“