Ramschverkauf mit griechischem Staatsbesitz
50 Milliarden Euro soll die griechische Regierung durch Privatisierung und durch den Verkauf von Staatsvermögen einnehmen. Damit soll Griechenland größtenteils Schulden zurückzahlen. Doch der Zeitpunkt könnte nicht schlechter sein, denn die Preise für Immobilien und Grundstücke sind so tief wie nie.
Alexandros Zacharopoulos fährt durch das Hafenviertel Piräus in sein Büro. Er telefoniert dabei mit seiner Mitarbeiterin, sie besprechen Details für einen Immobiliendeal. Zacharopoulos ist Makler. Zu seinen Kunden gehört auch der griechische Staat. Rund 80.000 Immobilien besitzt Griechenland, viele will oder soll das Land verkaufen. Zacharopoulos verspricht Interessenten Schnäppchenpreise:
"In den letzten sieben Jahren sind die Preise um bis zu 60 Prozent gefallen. Früher haben die Banken leicht Geld verliehen und dadurch ist eine Immobilienblase entstanden. Es musste eine Anpassung nach unten geben. Doch jetzt liegen die Preise am Boden."
Grund für den Preissturz ist das Überangebot: 600.000 Wohnungen und Häuser stehen in Griechenland zum Verkauf, denn auch viele Bürger versuchen ihre Immobilien loszuwerden. Seit der Krise werden Wohnungen und Häuser erheblich besteuert. Für viele zu viel. Aber Käufer sind rar geworden, so Makler Zacharopoulos:
"Wir haben einen Käufermarkt, das heißt es gibt nur sehr wenige Käufer und die bestimmen die Preise. Oft laufen die Geschäfte inzwischen so ab, dass der Käufer sagt, wie viel er bezahlen möchte und der Verkäufer willigt ein."
Und so hat auch der griechische Staat Probleme Käufer für seine Immobilien zu finden - trotz Schnäppchenpreisen. Geplant sind in naher Zukunft sogar sogenannte E-Auctions, Internetauktionen, bei denen der Staat Immobilien online versteigert. Giorgos Chondros ist Vorstandsmitglied der Regierungspartei Syriza. Er befürchtet, dass Griechenland auf diese Weise alles verscherbelt, ohne die gewünschten Einnahmen zu erzielen:
"Ich persönlich glaube - und ich bin nicht der Einzige,- dass die geforderten 50 Milliarden Euro eine Illusion sind. Wenn einer jetzt glaubt, dass in einem kaputt gespartem Land sich Käufer finden werden, die so viel Geld ausgeben, glaube ich, der irrt sich. Ausländische Investoren interessieren sich nur, wenn sie etwas kaufen, was schnell Geld macht."
Lukrativ sind vor allem gewinnbringende Staatsbetriebe und Infrastrukturgüter wie Häfen, Stromnetze, Straßen, Wasserwerke. Auch die sollen privatisiert werden. So will es Brüssel und so hat es Alexis Tsipras zugesagt. Auf dem Parteitag von Syriza vor gut drei Wochen behauptet er, erpresst worden zu sein. Doch es hilft nichts. Als nächstes soll Tsipras 14 profitable Regionalflughäfen an die deutsche Firma Fraport verkaufen. Parteivorstand Chondros ist empört. Denn auf den restlichen 20 Flughäfen, die Verluste bringen, bleibt der Staat sitzen:
"Diese 14 die sind die Flughäfen, die Gewinne machen, und mit diesen Gewinnen sind ja die anderen Flughäfen Griechenlands finanziert worden, die keine Gewinne machen. Das heißt Flughäfen auf kleinen Inseln, wo nur ein paar hundert Leute wohnen. Wie werden jetzt diese Flughäfen finanziert?"
Auf der Privatisierungsliste aus Brüssel mit dem wohlklingenden Namen "Asset Development Plan" steht auch das staatliche Wasserwerk in Thessaloniki. Das wurde zu 85 Prozent aus EU-Mitteln erbaut - ist profitabel und hält trotzdem die Wasserpreise gering. Giorgos Archontopoulos arbeitet schon viele Jahre für das Werk. Der Familienvater fürchtet den Einstieg eines privaten Investors:
"Aus anderen Ländern, wo das Wasser privatisiert wurde, wissen wir, dass die Preise enorm angestiegen sind. Oft geht damit auch eine Verschlechterung der Wasserqualität einher. Es ist doch ganz klar, der Investor hat natürlich in erster Linie seinen Profit im Auge."
Das Werk versorgt rund eine Million Einwohner aus Thessaloniki und Umgebung täglich mit frischem Wasser. Eine andere Bezugsquelle haben die Bürger nicht. Archontopoulos hat daher ein Referendum gegen die Wasserprivatisierung organisiert. Die Teilnahme war überwältigend, es haben fast alle dagegen gestimmt. Aber die Meinung der Bürger wird bisher ignoriert. Das Wasserwerk steht noch immer auf der Privatisierungsliste aus Brüssel. Archontopoulos will den Kampf um das öffentliche Gut Wasser nicht aufgeben:
"Ich finde es sehr wichtig, dass man in Thessaloniki jederzeit den Hahn aufdrehen und Wasser trinken kann. Wir brauchen nicht extra teure Wasserflaschen kaufen. Ich sehe es als meine Pflicht an, meinen Kindern und der nächsten Generation, sauberes Wasser zu hinterlassen und dafür werde ich weiter kämpfen."
Auch Alexis Tsipras und seine Parteigenossen hatten in der Opposition noch gegen die Privatisierung von Staatsbetrieben gekämpft. Nun muss der wiedergewählte Ministerpräsident die Privatisierung vorantreiben - gegen seine Überzeugung und gegen die Überzeugung seiner eigenen Leute.