Auszeit für Gorleben
Oben tobt der Streit mit Leidenschaft, doch unter Tage ist es still geworden. Seit einem Jahr dürfen die Bergleute den Salzstock Gorleben nicht mehr erkunden. Über die Eignung Gorlebens als Endlager ist damit aber immer noch wenig gesagt.
Dreieinhalb Minuten dauert die Fahrt auf die 840-Meter-Sohle, zum Erkundungsbereich 1 im Salzstock Gorleben. Die Salzwände sind schmutziggrau, zerfurcht von den Stahlkrallen der Spezialmaschinen, die die Stollen instand halten. Aber diese Arbeiten werden bald eingestellt. Das Bergwerk wird nach und nach stillgelegt, eingemottet, Besuchertouren wird es nicht mehr geben.
Die letzten Besucher, die in den Salzstock einfahren dürfen, sind zwölf Naturschützer aus Schleswig-Holstein. Alle tragen rote Overalls, Sicherheitsstiefel und Bauhelme. Sie sind gekommen, um den wohl berühmtesten Salzstock der Republik noch einmal zu sehen. Gorleben, das ist schließlich das Synonym für eines der größten Rätsel der Energiepolitik: Wo soll die Republik mit dem Atommüll hin? Gorleben ist der bislang einzige Ort, an dem Deutschland eine Endlagerung erforscht hat.
Begleitet wird die letzte Besuchergruppe an diesem frühen Herbsttag vom Chef der Anlage. Vom Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König. Er erklärt, warum alle Ausgaben für das Bergwerk, auch die für die Öffentlichkeitsarbeit, gesenkt werden sollen.
"Ich glaube, wir tun gut daran, jetzt sehr genau zu prüfen, welche Dinge hier noch notwendig sind, auch, welche Kosten damit produziert werden. Weil, die Energieversorgungsunternehmen haben ihre Bereitschaft, diese Kosten zu übernehmen, offenbar nicht mehr wie in der Vergangenheit, und sie wollen gegen entsprechende Kostenbescheide klagen, das ist angekündigt. Hier gibt es natürlich auch eine Frage: wie hoch sind die Offenhaltungskosten über Jahre, Jahrzehnte?"
Gorleben als Besichtigungsstandort
Bisher, so Deutschlands oberster Strahlenschützer, kosten die reine Instandhaltung der Stollen und die Besucherführungen rund 22 Millionen Euro pro Jahr. Deshalb sollen 2016 alle Rückbauarbeiten abgeschlossen sein, die Stollen sollen dann auch für alle Bergleute gesperrt werden.
Peter Ward kann das nicht verstehen. Der Geologe ist Betriebsratsvorsitzender bei der DBE, der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern. Gerade weil das Thema Endlagerung so umstritten ist, müsse die Öffentlichkeit doch weiter informiert werden:
"Es muss ausgebaut werden! Der Bürger muss in diesem Prozess mitgenommen werden. Der Bürger muss verstehen, worum es geht bei der Erkundung eines Standortes. Wo kann man das zeigen? Das kann man nur hier in Gorleben zeigen! Wenn ein anderer Standort benannt wird, wo gehen die Leute dann hin, um das zu sehen, was auf sie zukommt? Dann wäre Gorleben da. Dann wissen alle: Ok. Das ist die Erkundung eines Standortes. Das kenne ich. Das habe ich gesehen."
Weiter erkunden, neue Stollen ins Salz zu sprengen, darum geht es Peter Ward gar nicht. Obwohl in Gorleben erst ein einziger von ursprünglich neun geplanten Erkundungsbereichen erforscht ist. Natürlich fürchtet der Betriebsrat den Abbau von Arbeitsplätzen. 120 Kumpel tun noch in Gorleben Dienst. Zwei Jahre lang werden sie damit beschäftigt sein, alte Bohrlöcher zu verfüllen, hunderte von Messsonden abzubauen, alle Kabelstränge zu entfernen, die schweren Fahrzeuge zu zerlegen und durch den Schacht nach oben zu transportieren. 15, vielleicht 20 Jahre lang wird dann kein Bergmann mehr den Salzstock betreten. Unten im Bergwerk wird es still - und auch oben soll nun alles anders werden. Jahrzehntelang tobte hier im Wendland der Streit um die Endlagerung der gefährlichsten Stoffe, die die Menschheit je in großer Menge geschaffen hat.
Neustart für Endlagersuche
Vor 37 Jahren hatten Politiker, nicht etwa Geologe, den Standort ausgewählt. Allen voran der damalige Ministerpräsident Niedersachsens Ernst Albrecht. Heute ist aktenkundig: Am Projekt beteiligte Wissenschaftler wurden von der Bundesregierung unter Helmut Kohl unter Druck gesetzt, ihre Abschlussberichte so zu verfassen, dass Zweifel an einer Eignung des Salzstocks gar nicht erst aufkommen. Die Menschen im Wendland nahmen diese Auswahl nicht hin. Sie besetzten Straßen und gruben sie um, kippten Mist auf die Kreuzungen. Jahrelang beherbergten die Bewohner des abgelegenen Landstrichs Atomkraftgegner, wenn gegen die Castortransporte protestiert wurde, die abgebrannte Brennstäbe ins oberirdische Zwischenlager brachten.
Nach den kräftezehrenden Auseinandersetzungen zwischen Staatsmacht und Anti-Atom-Bewegung galt es als Durchbruch, als sich im Juli 2013 Bund und Länder, CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNE im sogenannten Endlagersuchgesetz darauf einigten, dass die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll von vorne beginnen soll. Nachdem sich frühere Regierungen jahrzehntelang allein auf Gorleben konzentrierten, sollen nun Alternativen, zum Beispiel in geografisch anderen Regionen und geologisch anderen Gesteinsformationen geprüft werden.
Eine Fachkommission mit 33 Mitgliedern soll bis Ende 2015 überhaupt erst einmal eine Methodik für die Suche ausarbeiten und Bundestag und Bundesrat vorlegen.
Alles im Fluss, alle im Gespräch: Darf der Widerstand im Wendland nun einschlafen?
"Wir schreiben fest, dass keine Castoren mehr nach Gorleben gehen; das heißt: Wir haben hier keine fünfte Jahreszeit mehr, wo wir bis zu 100.000 Polizisten hier begrüßen dürfen – und auf jeden Fall mehr Demonstranten. Und wahrscheinlich ist die Rechnung, dass damit ja ein Konflikt schon mal stark befriedet ist. Und das ist irgendein Kompromiss, bei dem am Ende meiner Ansicht nach wieder Gorleben rauskommt",
sagt Gerhard Has, ein Urgestein der Anti-Atom-Bewegung. Das größte Manko des Standorts Gorleben ist das abgrundtiefe Misstrauen, das im Wendland gewachsen ist. Es gereicht auch allen Politikern zur Warnung, deren Bundesländer mögliche Alternativen zu Gorleben böten. Zunächst einmal aber hat der Streit um "Teilnehmen an der neuen Suche oder nicht" die Anti-Atomszene gespalten.
Zwar erklärten sich der BUND und die Deutsche Umweltstiftung nach quälenden internen Diskussionen bereit, die zwei den Umweltgruppen zustehenden Sitze in der Suchkommission unter dem Vorbehalt eines möglichen späteren Rückzugs einzunehmen.
Umstrittene Kommission
Die meisten Verbände und Initiativen jedoch lehnen die Kommission rundweg ab – und boykottieren sie. Auch der geplanten Anhörung auf der Sitzung der Kommission Anfang November in Berlin sind die Atomkraftgegner von Greenpeace, der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg sowie der Organisation "ausgestrahlt", die die Anti-Atom-Proteste bundesweit koordiniert, demonstrativ ferngeblieben.
Zehn Minuten Redezeit, gleichsam als Statisten der Bürgerbeteiligung, für "ausgestrahlt"-Chef Jochen Stay kommt das nicht in Frage:
"Für ein Feigenblatt, für eine Pseudo-Beteiligung, dafür geben wir uns nicht her!"
Die neue Endlagerpolitik suggeriere bloß, ergebnisoffen zu sein, ist auch Martin Donath überzeugt. Der Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg fühlt sich getäuscht.
So seien mitnichten möglichst unabhängige Wissenschaftler in die Kommission berufen worden. Nach den Vorstellungen der Umweltgruppen müssten sämtliche Akteure des bevorstehenden Suchverfahrens zuvor im Konsens über deren Auswahl entscheiden. Stattdessen hätten die Parteien im Bundestag nach alter Manier, also im Proporz, über die Vertreter der Wissenschaft entschieden. Auch solche Experten seien in die Fachkommission berufen worden, die vom Standort Gorleben felsenfest überzeugt seien und gar keinen Neustart wollten.
Öffentliche Debatte notwendig
Zum Beispiel der Physiker Bruno Thomauske: Lange Jahre arbeitete er als Projektleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz, wechselte dann zur AKW-Sparte beim Energiekonzern Vattenfall. Heute lehrt Thomauske als Professor an der Technischen Hochschule in Aachen. In Fachkreisen gilt er als Vater des Endlagerkonzepts im Salzstock Gorleben. Martin Donat:
"35 Jahre lang sind alle Kriterien an diesem Standort entwickelt worden. Und das ist der Ausgangspunkt, auf dem jetzt die Kommission beginnen soll. Die Diskussion wird weiter für oder gegen Gorleben geführt werden. Aber wir müssen eine ganz andere Diskussion führen. Nämlich die Frage: Wie ist das mit Rückholbarkeit? Wann fühlen wir uns sicher? Die jetzt geltenden Sicherheitskriterien nehmen immerhin eine eklatante Gefährdung der Bevölkerung in Kauf. Genau das muss öffentlich debattiert werden - und das kann man keinen Fachleuten überlassen."
Die Mitglieder der Endlagersuchkommission seien seiner Meinung nach bislang vor allem damit aufgefallen, die Klärung wesentlicher Details auf die lange Bank zu schieben, sagt Donath. Etwa, wo genau die letzten 26 Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague und Sellafield für womöglich 40 Jahre und länger zwischengelagert werden sollen. Deutschland ist vertraglich verpflichtet, diese Altlasten der Wiederaufarbeitung zurückzunehmen, derzeit lagern die Behälter noch in Frankreich und Großbritannien.
Ihre Fahrt nach Deutschland verzögert sich, weil inzwischen die großen Energiekonzerne das Atomausstiegskonzept der Politik angreifen, wo sie können: So wollen sie die Kosten für die Müllzwischenlagerung an ihren Atomkraftwerken nicht übernehmen. Für die Folgekosten des Atomausstiegs haben sie die Bundesregierung in Milliardenhöhe verklagt. Jetzt bekommen auch Union und FDP zu spüren, welche Konsequenzen der energiepolitische Schwenk unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 hat. Alle amtierenden Regierungen in Bund und Ländern stehen unter ganz neuem Druck. Das Zeichen an die Bevölkerung soll dabei sein: Wir nehmen euch mit, Transparenz wird groß geschrieben.
Aktivisten im Wendland skeptisch
Wie nötig das ist, weiß kaum jemand besser als Stefan Wenzel. Auf einer Bürgerversammlung in Dannenberg nennt Niedersachsens grüner Umweltminister den Erkundungsstopp im Salzstock Gorleben eine vertrauensbildende Maßnahme,
"die zeigt, dass es uns ernst ist, mit einem Neubeginn, bei der Suche nach einem sicheren Ort und einer sicheren Methode für die Lagerung des gefährlichsten Stoffes, den die Menschheit je geschaffen hat."
Wenzel versichert, mit dem Rückbau des Salzstocks werde nunmehr auch technisch das Ende der jahrzehntelangen Vorfestlegung Gorlebens als Endlagerstandort besiegelt. Nur die Aktivisten im Wendland trauen der Sache nicht.
"Ich kann mich nicht richtig freuen", dämpft Wolfgang Ehmke die Erwartungen. Er ist der langjährige Sprecher der Bürgerinitiative, die sich im Widerstand gegen Gorleben gebildet hat. Die alten Fehler wiederholen sich gerade als Farce, sagt Matthias Edler von Greenpeace. Eine transparente Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe sei beim angeblichen Neustart der Endlagerpolitik eben nicht vorgesehen:
"Wir sagen, es muss doch erst eine wissenschaftliche Expertise vorliegen. Mehrere Möglichkeiten müssen von Wissenschaftlern, die was davon verstehen, skizziert sein. Oberirdische Lagerung von Atommüll, oder unterirdisch, rückholbar oder nicht. Ich muss doch erst einmal was auf dem Tisch haben, worüber ich diskutieren kann. Dann muss ich das in allen Standortregionen, wo jetzt Atommüll lagert, und in allen potenziellen Endlagerregionen, weil die kennt man nämlich - das ist ein Märchen, dass es eine ´weiße Landkarte` in Deutschland gibt! Wir haben ja 35 Jahre hinter uns! Diese Regionen sind längst da, in Salz, Ton und Granit -, dann muss das in all diesen Regionen mit den Bürgern besprochen werden. Dann habe ich auf der linken Seite die wissenschaftlichen Anforderungen und auf der rechten Seite habe ich die gesellschaftlichen Anforderungen, und dann käme eine Kommission, die sagt, jetzt haben wir das alles auf dem Tisch liegen: Welche Empfehlungen geben wir dem Deutschen Bundestag und welche Empfehlung geben wir für welches Verfahren."
Bereits der Start der neuen Suche drohe jegliche Lösung zu verhindern, sagt Edler:
"Schon die Besetzung der Kommission läuft entlang der Frontlinie Gorleben. Ich nehme einen kritischen evangelischen Landesbischof aus Niedersachsen. Und ich nehme auf der anderen Seite einen ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten für die katholische Kirche, wo man von der CDU weiß, dass die pro Gorleben sind. So kann man natürlich zu keinen neuen Ergebnissen kommen. Und vor allem kann ich nicht zu den höchst möglichen Sicherheitskriterien kommen, weil jede Entscheidung über Kriterien zugleich immer auch eine Entscheidung über den Verbleib Gorlebens im Verfahren ist. Da prallen die Interessen eben einfach aufeinander."
Es braucht Vertrauen in die Kommission
Die Gorleben-Gegner bedauern insbesondere, dass ihre Forderung nach einer vollständigen Verfüllung der Schachtanlage nicht umgesetzt wurde. Sie befürchten, dass die in Jahrzehnten geschaffenen Fakten dem Salzstock von Gorleben bei der Endlagersuche eben doch den entscheidenden Vorsprung gegenüber alternativen Standorten verschaffen könnten. Nicht zuletzt habe die Atomwirtschaft bereits mehr als eineinhalb Milliarden Euro bei seiner Erkundung versenkt. Wolfgang Ehmke:
"Alles was man dort in Gorleben in der Zukunft macht, in den nächsten Monaten, vielleicht Jahren, läuft darauf hinaus, dass Gorleben nicht unbrauchbar gemacht wird, für ein mögliches Endlager."
Binnen zwei Jahren soll nunmehr die Endlagerkommission Kriterien für die Suche nach einem geeigneten Standort entwickeln. Die Bewertung, etwa der verfügbaren Wirtsgesteine wie Ton, Salz und Granit, kommt erst dann.
Peter Hocke vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am KIT Karlsruhe beschreibt die ernüchternde Gefechtslage:
"Die Industrie möchte gerne eine relativ zügige Entsorgung zu verträglichen Preisen. Es gibt Interessen der Region Gorleben, die sagt: Unser Territorium ist verbrannt worden in dieser Konflikt-Geschichte. Es gibt Landesinteressen - dass Bundesländer sagen: Wir wissen heute schon, dass wir gar kein konstruktives Angebot machen brauchen, und gleichzeitig die Verabredung da ist, dass ergebnisoffen auf dem Territorium der Bundesrepublik gesucht wird."
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kommissionsarbeit wird es sein, dass die Kommission bei ihrer Arbeit das Vertrauen aller Beteiligten sowie der breiten Öffentlichkeit genießt.
"Viele Akteure auch auf Bundesebene haben heute noch eine Scheu davor, zu sagen, da wurden wirklich substanzielle Fehler gemacht. Und wenn es nur der Fehler war, dass man die fast bürgerkriegsähnlichen Zustände bei normalen Castor-Transporten, normal verglichen mit der Jahrhundertaufgabe, dann doch in Kauf genommen hat. Das Eingeständnis von politischen Fehlern war nicht so oft bisher zu hören. Ich glaube, da könnte Einiges geheilt werden."
Langwierige Endlagersuche
Gorleben ist für Befürworter wie Gegner längst zur Glaubensfrage geworden. Das wird deutlich, wann immer sich Kommissions-Mitglieder wie Stefan Wenzel zu Diskussionsrunden mit Kernkraft-Befürwortern, Gegnern oder interessierten Bürgern hinauswagen.
"Atomanlagen an einem Erkundungsstandort ist die Todsünde, die man überhaupt begehen kann, um Vertrauen zu zerstören!"
"Das ist Arroganz in Potenz! Die Behauptung, hier wären Geisterreiter am Werk gewesen. Es war der komplette Sachverstand!"
Laut Endlagersuchgesetz soll bis 2031 der am besten geeignete Ort für das Atommüllendlager ausgemacht sein. Frühestens 2050 könnte man laut diesem überaus optimistischen Verlaufsplan darangehen, das bis dahin zu errichtende Atommüllendlager zu befüllen.
Tief unter der Erde, im Dämmerlicht des bereits halb verwaisten Bergwerks, schaut Bergmann Peter Ward auf seine Stiefelspitzen. Die Schließung Gorlebens geht ihm sichtlich nah. Immerhin könne heute niemand mit Sicherheit sagen, ob der Standort als Atommülllager geeignet ist oder nicht, betont der Vertrauensmann der 120 verbliebenen Kumpel. Der neue Erkundungsstopp sei rein politisch motiviert.
Richtige Konsequenzen aus Geschichte ziehen
Ward beklagt, dass der Bund und das Land Niedersachsen wieder einmal hinter verschlossenen Türen über die Zukunft des Bergwerks verhandelt haben. Ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie viel Erfahrung die Bergleute vor Ort schon gesammelt hätten. Erfahrungen, die nun verloren gehen könnten.
"Wenn wir alle weg sind und jahrelang nichts mehr passiert, wird das Wissen, das in den Büchern drinsteht auch für spätere Generationen nicht mehr verständlich sein. Es reicht nicht, das nur in Bücher zu schreiben. Ich muss schon praktizieren. Ich will von einem Arzt, einem Chirurg operiert werden, der Erfahrung hat und nicht von einem, der das nur in Büchern gelesen hat!"
Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König weist diese Bedenken zurück, verweist auf die anderen Atommülllager, in denen Knowhow erhalten werden kann:
"Morsleben und die Asse! Die eine Menge an sozusagen Herausforderungen bieten, auch das Knowhow einzubringen und zu erhalten. Also, wir sind nicht in der Situation, dass nur in Gorleben Experten für untertägige Erkundung gebraucht worden sind."
Und einige der Gorlebener Kumpel werden in Zukunft tatsächlich Arbeit in der Asse, in Morsleben oder im Schacht Konrad finden, in Atommülllagern für schwach- und mittelradioaktiven Müll.
Der Salzstock Gorleben soll für die nächsten 15, 20, vielleicht 25 Jahre eingemottet werden. Kein Meter Stollen wird dort ins Salz gesprengt, keine Messergebnisse werden mehr gesammelt, kein Bergmann wird mehr im riesigen Förderkorb in die Tiefe fahren. Wolfram König, der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, hofft, dass dieser Plan der Vertrauensbildung im Wendland aufgeht.
"Es wird Zeit nach 40 Jahren aus der Geschichte von Gorleben die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Das hat die Politik vorgegeben und wir setzen sie derzeit um!"