Die Folgen eines "naiven Technikverständnisses"
Deutschland wird in den nächsten Jahrzehnten viel mehr Atommüll entsorgen müssen als bislang angenommen. Wohin damit, wenn überall die Kapazitätsgrenzen erreicht sind? Michael Müller, Mitglied der Endlagerkommission, fordert eine Lösung, die auch für die nachfolgenden Generationen noch taugt.
Heutige Bundesbürger und auch die nächsten Generationen müssen mit den Folgen des Atomkraft-Enthusiasmus vergangener Jahrzehnte leben. Deshalb, sagte Michael Müller, SPD-Umweltpolitiker und Co-Vorsitzende der Endlager-Findungskommission, dürfe es an einer Sache in der Endlager-Diskussion nicht fehlen: an Reflexion und Weitblick. Denn eine ausreichende Reflexion habe nie statt gefunden.
Dass Deutschland in den kommenden Jahrzehnten teilweise doppelt so viel Atommüll entsorgen muss, als ursprünglich gedacht, überrascht Müller nicht: "Die ganze Geschichte der Atomenergie stand von Anfang an unter dem Gesichtspunkt, erstens, eines naiven Technikverständnisses und, zweitens, des Wettlaufs um die Bombe." Dabei wäre es notwendig gewesen, schon am Anfang über die Spätfolgen zu diskutieren. Er selbst habe ein Problem mit dem Begriff "Endlager":
"Denn wenn im Jahr 2022 das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet wird, müssen wir eine Lösung finden für das Jahr 1.002.020. Und wer da sagt, er hätte eine dauerhafte Endlagerlösung - ja, da habe ich meinen Zweifel, das finde ich ein bisschen Blasphemie."
Gefunden werden müsse vielmehr eine möglichst sichere Verwahrung und Möglichkeiten, mit denen auch spätere Generationen "vernunftgerecht" umgehen könnten.
Müller betonte, auf jeden Fall müsse für eine bestimmte Zeit die Möglichkeit gegeben sein, "eventuell gefundene Verfahren noch verbessern zu können."