Atomwaffen

Hochgerüstet für die Abschreckung

08:09 Minuten
"Zu Bunkerwart und Toiletten" steht auf einer Tür am Aufenthalts- und Schlafraum eines ABC-Bunkers in Nürnberg. Der Atomschutzbunker wurde in den 70er-Jahren während des Kalten Krieges gebaut und sollte den Bürgern Schutz vor Atomwaffen oder auch chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen bieten.
Angst vor dem Erstschlag: Im Kalten Krieg drohte Europa, zum Schauplatz eines Atomwaffeneinsatzes zu werden. © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Peter Rudolf im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Wie kann der Frieden bewahrt werden? Manche denken, dass dies nur durch Abschreckung gelingt – also so weit aufzurüsten, dass Gegner sich nicht trauen, anzugreifen. Diese Theorie ist problematisch, sagt der Politikwissenschaftler Peter Rudolf.
Es sind die tödlichsten Waffen, die es gibt: Insgesamt 12.705 nukleare Sprengköpfe soll es weltweit geben, so das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm in seinem Jahresbericht. Wegen des Kriegs in der Ukraine wächst zudem die Gefahr einer globalen Aufrüstung mit Atomwaffen, warnen die Forschenden.

Krisen außer Kontrolle

Ein in der Öffentlichkeit vorgebrachtes Argument für die Modernisierung und Vergrößerung der Kernwaffenareale ist die Abschreckung, so wie im Kalten Krieg, als durch die „gegenseitige Abschreckung“ ein vermeintliches Kräftegleichgewicht dazu beigetragen haben soll, den Frieden zu bewahren. Viele würden das glauben, doch es sei problematischer, gibt der Politikwissenschaftler Peter Rudolf zu bedenken.
Zwar habe die Abschreckung in dieser Zeit „eine gewisse Zurückhaltung nahelegt“, so Rudolf, doch habe die Stationierung von Atomwaffen auch zur Kubakrise im Jahr 1962 geführt. Es sei somit ein ambivalentes Verhältnis: „Abschreckung legt Zurückhaltung nahe, aber Abschreckung kann dazu führen, dass Krisen außer Kontrolle geraten und ein Eskalationsprozess einsetzt.“

Peter Rudolf arbeitet bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Nun ist von ihm das Buch „Welt im Alarmzustand - Die Wiederkehr nuklearer Abschreckung“ im Dietz Verlag erschienen.

Spiel mit Risikobereitschaft

Dadurch, dass er die Atomwaffen seines Landes in Alarmbereitschaft versetzt hat, habe der russische Präsident Wladimir Putin „ein Element strategischer Unberechenbarkeit“ in die gegenwärtige Krise eingeführt. Damit war der Westen gezwungen, sein Risikokalkül zu erhöhen. Das russische Ziel dahinter: eine Intervention der NATO in der Ukraine zu verhindern.
Ein ähnliches „Spiel mit der Risikobereitschaft“ hatte während des Vietnamkriegs 1969 auch der damalige US-Präsident Richard Nixon als „bewusste Taktik“ eingebracht. Damals habe er der Sowjetunion signalisiert, er sei nicht ganz rational und bereit zu allem. „Das hat nicht funktioniert“, stellt Rudolf klar. Moskau sei darauf nicht hineingefallen.

Augen in Deutschland verschlossen

Nun werde von Militärs im Zuge des Kriegs in der Ukraine darüber diskutiert, ob Russland mit dem Einsatz von taktischen Atomwaffen drohen könnte. Doch ob es dazu kommen wird, kann niemand sagen, so der Politikwissenschaftler. Schließlich könne niemand einschätzen, "wie groß das Risiko eines atomaren Einsatzes ist“.
Bereits im Kalten Krieg hatten die USA der Sowjetunion damit gedroht, im Falle eines Kriegs Atomwaffen in Europa einzusetzen. Davor habe man in Deutschland zu jener Zeit die Augen verschlossen, „weil jedem klar war, wie groß das Risiko gewesen wäre“.
(rzr)

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