Heinrich Brauß, Ex-Generalleutnant
Agnieszka Brugger, MdB, Verteidigungsexpertin von Bündnis 90/ Die Grünen
Susanne Baumann, Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle
Roderich Kiesewetter, MdB, sicherheitspolitischer Experte der CDU und ehemaliger Generalstabsoffizier
Werner Sonne, Journalist und Buchautor
Leben mit der Bombe
54:59 Minuten
Seit sechs Jahrzehnten lagern US-amerikanische Atombomben in Deutschland. Im Kalten Krieg waren es tausende, heute sind es knapp zwei Dutzend. Sie schützen uns im Rahmen der Nato, sagen die einen. Sie machen uns zum Angriffsziel, sagen die anderen.
Die nach dem Ende des Kalten Krieges in Deutschland verbliebenen US-Atomsprengköpfe lagern im rheinland-pfälzischen Fliegerhorst Büchel. Über ihren Einsatz würde im Fall des Falles im Weißen Haus und im Rahmen der Nato entschieden. Das Gleiche gilt für die Nuklearbomben, die in der Türkei, Belgien, den Niederlanden und in Italien lagern. Die Standort-Länder stellen aber die technische Infrastruktur, Schutzbauten, Lagerstätten. Und es wären im Ernstfall italienische, niederländische, türkische oder eben deutsche Piloten und Flugzeuge, die die Bomben ans Ziel brächten. Nukleare Teilhabe nennt sich das Konzept. Es soll Nicht-Nuklear-Staaten – wie Deutschland, dem es völkerrechtlich verbindlich verboten ist, eigene Atomwaffen zu besitzen – über nukleare Abschreckung vor Angriffen schützen.
Nuklearwaffen in Deutschland - Schutz oder Bedrohung?
Die Bevölkerung in den fünf Ländern, in denen die Atombomben lagern, empfinden diese mehrheitlich weniger als Schutz denn vielmehr als Bedrohung. Sie fürchten, zum herausragenden potenziellen Angriffsziel in einer nuklearen Konfrontation zu werden. Die meisten Militärstrategen sind dagegen überzeugt, dass ohne die Nukleare Teilhabe verlässlicher Schutz europäischer Länder nicht möglich wäre. Und sie argumentieren auch, dass das Konzept der nuklearen Teilhabe zudem gegen eine Weiterverbreitung von Nuklearwaffen wirkt: Es ermöglicht Ländern einem nuklearen Schirm, ohne eigene nukleare Kapazitäten entwickeln zu müssen.
Solche Überlegungen haben an neuer Bedeutung gewonnen, seit Russland, nach einer kurzen Phase der Entspannung nach dem Mauerfall, wieder als Bedrohung wahrgenommen wird. Auslöser war die russische Annektierung der zuvor ukrainischen Krim.
Ist eine atomwaffenfreie Welt immer noch oder immer wieder eine reine Illusion? Was hat es mit den Vorschlägen des französischen Präsidenten Macron für eine engere nukleare Zusammenarbeit der Europäer auf sich? Wie lassen sich nukleare Ambitionen begrenzen und welche Chancen haben Abrüstungsinitiativen im gegenwärtigen (Un-)Sicherheitsklima.
Darüber diskutieren:
Die Diskussion wurde am 5. März in Kooperation mit der Markus Würth-Familienstiftung, bei einer Veranstaltung mit mit dem Titel "Leben mit der Bombe – Braucht Deutschland noch Atomwaffen?" in Berlin aufgezeichnet.