Audre Lorde: "Sister Outsider"

Eine Ikone im Kampf gegen Rassismus

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Das Buchcover "Sister Outsider" von Audre Lorde ist vor einem grafischen Hintergrund zu sehen.
So visionär Audre Lorde war, so aktuell liest sich ihr Essayband "Sister Outsider" sowohl inhaltlich als auch sprachlich. © Deutschlandradio / Hanser Verlag
Von Lara Sielmann |
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Endlich erscheint Audre Lordes Essayband "Sister Outsider" auf Deutsch. Die Texte der afroamerikanischen Autorin, Feministin und Aktivistin sind auch 30 Jahre nach ihrem Tod richtungsweisend in der Diskussion um Rassismus.
Die afroamerikanische Autorin, Feministin und Aktivistin Audre Lorde ist eine Ikone im Kampf gegen Rassismus und patriarchale Strukturen. Auch knapp 30 Jahre nach ihrem Tod haben ihre Texte nichts an Aktualität verloren. Mit "Sister Outsider" ist nun ihre bedeutende Essaysammlung zum ersten Mal in deutscher Sprache erschienen.

Kampf gegen Rassismus

Bereits im jungen Alter entdeckte Audre Lorde die Poesie als Ausdrucksmittel für sich, die sie später zu einer der wichtigsten Publizistinnen und Denkerinnen im Kampf gegen Rassismus und bestehende Machtstrukturen machen sollte.
"Immer wieder gelange ich zu der Einsicht, dass ich das, was mir am wichtigsten ist, mitteilen muss, selbst auf die Gefahr hin, dass es beschädigt oder missverstanden wird", schreibt sie 1977 in "Die Verwandlung von Schweigen in Sprache und Handeln".
Und Audre Lorde wusste, wovon sie spricht: Als Kind schwarzer Einwanderer aus der Karibik wurde sie 1934 in New York City geboren – hinein in eine zutiefst rassistische Gesellschaft.

Inhaltlich und sprachlich aktuell

Als schwarze, lesbische Frau ist sie vertraut mit unterschiedlichen Diskriminierungsarten und setzt sich in den 15 Essays, die zwischen 1976 und 1983 entstanden und in "Sister Outsider" im Original bereits 1984 in Amerika erschienen sind, mit deren Überschneidungen auseinander: Rassismus, Homophobie, Klasse, Sexismus und heteronormative Strukturen. Heute gibt es für das Überlappen verschiedener Diskriminierungskategorien einen eigenen Begriff, die Intersektionalität.
So visionär Audre Lorde war, so aktuell liest sich "Sister Outsider"– nicht nur inhaltlich, auch was den Sprachduktus angeht. Dabei ist sie nie bitter oder zynisch, stattdessen interessiert, wütend und kämpferisch.
"Für einige verkörpere ich vielleicht die eine oder andere Angst. Weil ich eine Frau bin, weil ich schwarz bin, weil ich lesbisch bin, weil ich bin, wie ich bin – eine schwarze, kriegerische Dichterin, die ihre Arbeit macht", schreibt sie ebenfalls in "Die Verwandlung von Schweigen in Sprache und Handeln".

Schwarze und weiße Frauen sollten Verbündete sein

Besonders weiße Feministinnen in Amerika kritisiert Audre Lorde, die in ihren Arbeiten schwarze Frauen nicht mitdächten, aber doch Verbündete sein sollten im gemeinsamen Kampf gegen patriarchale und rassistische Strukturen.
"Wir gehören beide der Gemeinschaft der Frauen an, aber in meinem Leben stellt Rassismus eine reelle Kraft dar und in deinem nicht. Sich mit dem einen zu beschäftigen und das andere zu verschweigen, verdreht unsere Gemeinsamkeiten ebenso wie unsere Unterschiedlichkeit", richtet sie sich in "Ein offener Brief an Mary Daly" an die feministische Theologin.

Verweise auf schwarze Kultur

Audre Lordes Texte durchziehen Verweise und Bezüge auf schwarze Kultur und Erzählungen. Sie eröffnet damit einen Kanon, wie er in der westlichen Kultur kaum vorkommt und der nach wie vor wenig Interesse an einem schwarzen Bewusstsein zeigt, "wenn wir uns auf unsere ursprüngliche, nicht-europäische Sicht auf das Leben besinnen und begreifen, dass man es erfahren und gestalten kann, werden wir zunehmend in der Lage sein, aus den verborgenen Machtquellen zu schöpfen", fordert sie ihre Leserinnen in "Lyrik ist kein Luxus" aus dem Jahr 1977 auf.
Auch in Deutschland ist Audre Lorde als Person, Autorin und Intellektuelle nicht wegzudenken: Als Gastprofessorin war sie ab Mitte der 1980er-Jahre bis zu ihrem Tod 1992 regelmäßig hier und stieß die afrodeutsche Bewegung durch ihren Austausch mit jungen schwarzen Menschen wie der Autorin May Aymin an.
Dass "Sister Outsider" 40 Jahre nach dem Erscheinen in Amerika nun auch auf Deutsch erhältlich ist, ist längst überfällig. Audre Lordes klare Worte sind mehr als richtungsweisend in den hitzigen Diskussionen um Identität und im Kampf gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus.

Audre Lorde: "Sister Outsider"
Aus dem Englischen von Eva Bonné und Marion Kraft
Mit einem Nachwort von Nikita Dhawan und Marion Kraft
Hanser Verlag, München 2021
256 Seiten, 20 Euro

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