Auf der Flucht vor dem amerikanischen Traum
Zunächst erzählt James Sallis von einer klassischen amerikanischen Selfmade-Karriere. Driver, so heißt auch seine Hauptfigur, kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen und schafft es trotzdem nach Hollywood, um dort zum gefragten Stuntman zu werden. Gleichzeitig setzt er jedoch alles daran, um seinen Erfolg zu zerstören.
Driver ist Anfang zwanzig und der beste Stuntfahrer von Hollywood. Das hat sich auch außerhalb der Studios herumgesprochen: Driver ist die erste Wahl, wenn es darum geht, einen Fahrer für einen Fluchtwagen zu finden. Doch dann läuft bei einem Raubüberfall etwas schief, und Driver findet sich plötzlich in einem Motel in Phoenix wieder, mit einer abgesägten Schrotflinte in der Hand, drei Leichen, und einer Viertelmillion Dollar, die ihm nicht gehören. Ab jetzt ist er auf der Flucht.
Der amerikanische Schriftsteller James Sallis geht mit seinem Thriller "Driver" ein hohes Risiko ein. Highway-Duelle sind ein Vorrecht des Kinos, insbesondere des Action-Kinos, das uns seit vierzig Jahren zuverlässig mit rasant geschnittenen Car-Crash-Szenarien beliefert: von "Bullit" (1968) und "Convoy" (1975) bis hin zu der aktuellen Tarantino-Produktion "Death Proof".
Sallis ist schlau genug, gar nicht erst in Konkurrenz zu den Special Effects auf der Leinwand zu treten. In "Driver" gibt es nur wenige Action-Szenen, und die sind äußerst nüchtern beschrieben. Eine "Bremse-Gas-Kombi", ein Blick in den Rückspiegel, eine "Bootlegger-Wende". Und Cut.
Die eigentliche Verfolgungsjagd findet nicht auf der Straße, sondern im Kopf des Protagonisten statt. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob Driver auf der Flucht vor ein paar Gangstern ist - in Wirklichkeit versucht er einfach nur, mit durchgetretenem Gaspedal den leeren Versprechen des amerikanischen Traums zu entkommen.
James Sallis porträtiert zunächst eine klassische amerikanische Selfmade-Karriere. Driver kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen und schafft es trotzdem nach Hollywood, um dort zum gefragten Stuntman zu werden. Gleichzeitig setzt er jedoch alles daran, um seinen Erfolg zu zerstören. Immer wieder lässt er sich von Kriminellen als Fahrer anheuern und beginnt nach dem missglückten Raubüberfall auch noch einen selbstmörderischen Kleinkrieg mit der Mafia.
Die Kulissen für diese brutale und scharf kalkulierte Abrechnung mit dem American Dream sind sorgfältig ausgesucht. Heruntergekommene Bars am Rand des Highways, schäbige Motels und trostlose Trailer Parks mit ihren "Mobile Homes": An diesen Orten lässt sich Amerika nur ertragen, wenn man in Bewegung bleibt.
In dieser Hinsicht ist James Sallis' Protagonist sicher ein naher Verwandter der Figuren in Jack Kerouacs "Unterwegs" (1957). Doch um diesen Roman zu loben, muss man nicht die große Literatur bemühen. James Sallis verbindet die harte und schnelle Sprache des "Hardboiled"-Genres mit einem ernüchternden Blick auf eine kaputte Gesellschaft. Und damit hebt "Driver" sich deutlich vom Durchschnitt der anglo-amerikanischen Krimiproduktion ab.
Rezensiert von Kolja Mensing
James Sallis: Driver
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger.
Liebeskind, München 2007, 158 Seiten, 16,90 Euro
Der amerikanische Schriftsteller James Sallis geht mit seinem Thriller "Driver" ein hohes Risiko ein. Highway-Duelle sind ein Vorrecht des Kinos, insbesondere des Action-Kinos, das uns seit vierzig Jahren zuverlässig mit rasant geschnittenen Car-Crash-Szenarien beliefert: von "Bullit" (1968) und "Convoy" (1975) bis hin zu der aktuellen Tarantino-Produktion "Death Proof".
Sallis ist schlau genug, gar nicht erst in Konkurrenz zu den Special Effects auf der Leinwand zu treten. In "Driver" gibt es nur wenige Action-Szenen, und die sind äußerst nüchtern beschrieben. Eine "Bremse-Gas-Kombi", ein Blick in den Rückspiegel, eine "Bootlegger-Wende". Und Cut.
Die eigentliche Verfolgungsjagd findet nicht auf der Straße, sondern im Kopf des Protagonisten statt. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob Driver auf der Flucht vor ein paar Gangstern ist - in Wirklichkeit versucht er einfach nur, mit durchgetretenem Gaspedal den leeren Versprechen des amerikanischen Traums zu entkommen.
James Sallis porträtiert zunächst eine klassische amerikanische Selfmade-Karriere. Driver kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen und schafft es trotzdem nach Hollywood, um dort zum gefragten Stuntman zu werden. Gleichzeitig setzt er jedoch alles daran, um seinen Erfolg zu zerstören. Immer wieder lässt er sich von Kriminellen als Fahrer anheuern und beginnt nach dem missglückten Raubüberfall auch noch einen selbstmörderischen Kleinkrieg mit der Mafia.
Die Kulissen für diese brutale und scharf kalkulierte Abrechnung mit dem American Dream sind sorgfältig ausgesucht. Heruntergekommene Bars am Rand des Highways, schäbige Motels und trostlose Trailer Parks mit ihren "Mobile Homes": An diesen Orten lässt sich Amerika nur ertragen, wenn man in Bewegung bleibt.
In dieser Hinsicht ist James Sallis' Protagonist sicher ein naher Verwandter der Figuren in Jack Kerouacs "Unterwegs" (1957). Doch um diesen Roman zu loben, muss man nicht die große Literatur bemühen. James Sallis verbindet die harte und schnelle Sprache des "Hardboiled"-Genres mit einem ernüchternden Blick auf eine kaputte Gesellschaft. Und damit hebt "Driver" sich deutlich vom Durchschnitt der anglo-amerikanischen Krimiproduktion ab.
Rezensiert von Kolja Mensing
James Sallis: Driver
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger.
Liebeskind, München 2007, 158 Seiten, 16,90 Euro