Guter Streit, schlechter Streit
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Gerade in Demokratien herrscht jede Menge Streit, und der wird häufig mit harten Bandagen geführt. Wie sollen wir streiten, damit die Gesellschaft nicht auseinanderfällt, sondern vielmehr zusammenhält? Antworten von der Philosophin Sabine Döring.
Streiten gehört zum Alltag in unserer Gesellschaft - auch in der Politik. Doch gerade im Internet verrohen Debatten immer mehr. Ständig wird ausgelotet, wie schwer man andere treffen kann, was man noch sagen darf und was nicht. Der Streit ist in der Demokratie essenziell, aber wann wird er gefährlich? Kann er die Demokratie auch stärken? Und muss der Konflikt zwangsläufig zum Konsens führen?
Auf der Suche nach dem, was die Gesellschaft zusammenhält, kommt man am Streit nicht vorbei. Wie sollen wir streiten? Guter Streit, sagt die Philosophin Sabine Döring, ende immer mit einer Einigung ohne Gesichtsverlust für die streitenden Parteien.
Freiheit und Gleichheit sind entscheidend
Grundsätzlich sei die Freiheit, aber auch die Gleichheit der in den Streit involvierten Parteien entscheidend, betont die Philosophin. Man müsse sich gegenseitig als gleichberechtigt akzeptieren - und auf Augenhöhe streiten.
Selbstverständlich sollte jeder in einem Streit seine Meinung frei äußern dürfen, ohne deswegen Sanktionen fürchten zu müssen, sagt Döring: "Aber: Diese Freiheit müssen alle Parteien in gleicher Weise haben." Den eigenen Status zu nutzen, um verletzliche oder marginalisierte Diskursteilnehmer auszuschließen, zerstöre jeden guten Streit.
Grundsätzlich schädlich für einen Diskurs ist Döring zufolge die Abwertung von Streitpartnern. Doch auch, wenn das nicht passiere, seien die Anforderungen immer noch sehr hoch, sagt sie:
Die Bürger müssen vernünftig sein
"Die Bürger einer Demokratie müssen vernünftig sein. Und damit ist nicht nur gemeint, dass sie nicht irrational, selbstsüchtig oder verrückt sein dürfen. Sie müssen auch - ich würde hier an John Rawls anknüpfen - die politische Gemeinschaft als ein faires oder gerechtes System sozialer Kooperation zum wechselseitigen Vorteil zwischen freien und gleichen Personen akzeptieren."
Es sei eine spannende Frage, ob es so etwas wie öffentliche Vernunft gebe, sagt Döring. Sie plädiert für den "vernünftigen Pluralismus im Politischen", der keine bestimmte Form des guten Lebens erzwingen oder aufoktroyieren wolle. Dieses Ziel scheine für eine liberale Demokratie der vielversprechendste Ansatz zu sein.
(ahe)