Auf der Suche nach Lotti

Andreas Lieb im Gespräch mit Julius Stucke |
In der bayrischen Gemeinde Irsee sorgt eine Schildkröte für Aufruhr. Sie soll einem Jungen zwei Mal die Achillessehne durchbissen haben. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Geierschildkröte, sagt Bürgermeister Andreas Lieb.
Julius Stucke: Reiseführer, Tierbücher, Lexika – es ist Zeit, sie alle umzuschreiben. Ich dachte bisher, Australien wäre das Land mit den gefährlichsten Tieren, ein Land, in dem man dauernd auf der Hut sein muss, egal wo man hintritt, aber falsch. Das Land mit dem tödlichsten Dschungel und mit der puren Gefahr, das ist Bayern. Erinnern Sie sich noch an Bruno, den Problembären?

Und jetzt das: Harmlose Badegäste am Oggenrieder Weiher, einem Badesee im Allgäu, die werden von einer Schnappschildkröte terrorisiert. Einem Achtjährigen hat sie die Achillesferse durchgebissen. Ja, es ist Sommerloch und Lustige-Tiere-Zeit, aber die betroffene Gemeinde hat jetzt ein ganz reales Loch. Den Weiher hat man nämlich erst mal ausgepumpt auf der Suche nach der Schildkröte. Am Telefon begrüße ich den Bürgermeister der Gemeinde, Andreas Lieb. Guten Morgen!

Andreas Lieb: Guten Morgen!

Stucke: Der See ist fast leer, die Gemeinde sucht, die Feuerwehr ist vor Ort, aber gefunden haben Sie die Kröte noch nicht.

Lieb: Nein. Leider haben wir die Kröte noch nicht gefunden. Wir hatten gestern noch eine aufwendige Suchaktion mit dem Personal der Reptilien-Auffangstation in München, also lauter Spezialisten. Leider noch nicht gefunden!

Stucke: Der See ist fast leergepumpt, die ganze Gemeinde sucht. Das klingt ein bisschen wie mit Kanonen auf Spatzen schießen.

Lieb: Die ganze Gemeinde sucht nicht. Wir suchen mit der Feuerwehr, wir suchen mit dem Bauhof und speziellen Reptilienjägern aus dem Landkreis Ostallgäu vom Landratsamt.

Stucke: Sie sagen es schon, die Reptilienjäger. Sie haben die ganze Packung Reptilienexpertise jetzt vor Ort. Und wer nicht da ist, der schaut vermutlich auch hin. Was sagen denn die Kenner, was genau ist das für eine Kröte?

Lieb: Es gibt zweierlei Arten, entweder die Schnappschildkröte oder die Geierschildkröte. Es handelt sich wahrscheinlich um die Geierschildkröte. Dem Buben wurde nämlich zweimal die Achillessehne durchtrennt.

Stucke: Und das spricht für die eine von den beiden Schildkröten?

Lieb: Das spricht für die Geierschildkröte. Die hat nämlich die größere Kraft in ihrem Mund.

Stucke: Okay. Und haben die Experten auch eine Antwort auf die Frage, wie die Schildkröte ausgerechnet in Ihren Weiher kommt?

Lieb: Die wurde ausgesetzt und zwar am Wochenende, von irgendjemand, der sie jetzt daheim nicht mehr brauchen kann oder der jetzt in den Urlaub gefahren ist.

Stucke: Woher weiß man das?

Lieb: Weil die Schildkröten bei uns normalerweise nicht vorkommen.

Stucke: Okay. Das heißt, irgendwer muss sie dahin gebracht haben. Haben Sie denn auf diesen Moment der Aufmerksamkeit für Ihre Gemeinde lange gewartet oder sind Sie jetzt mittlerweile ziemlich genervt von all dem Rummel?

Lieb: Wir haben hier oftmals Rummel. Wir haben ja ein großes schwäbisches Bildungszentrum. Bei uns tauchen öfters die Bundeskanzler auf oder die Bundespräsidenten. Da haben wir schon öfters so einen Medienrummel gehabt. Allerdings um ein Tier noch nie.

Stucke: Und was ist Ihnen dann lieber, Politiker oder Schnappschildkröten?

Lieb: Die Bayern 1 und Bayern 3-Reporter sagen, das Thema ist ihnen lieber wie die Politiker. Mir sind die Politiker lieber.

Stucke: Andreas Lieb, Bürgermeister in Irsee im Allgäu. Herr Lieb, ich danke Ihnen fürs Gespräch und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Suche.

Lieb: Ich bedanke mich recht herzlich. Einen schönen Tag noch.

Stucke: Ihnen auch.

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