Auf der Suche nach neuen Energiequellen

Neunzehn Autoren verschiedener Max-Planck-Institute haben sich für den Sammelband "Die Zukunft der Energie" daran gemacht, Wissen über die Energiegrundlagenforschung zu vermitteln. Eine Erkenntnis zieht sich durch alle Aufsätze: Ohne eine deutliche Steigerung der Effizienz wird es schwer werden, den Energiehunger der Welt zugunsten des Klimas ohne fossile Brennstoffe zu stillen.
Sachbücher zu Energiefragen gibt es inzwischen mehr als genug. Allerdings setzen sich die meisten nur mit den finanziellen und technischen Problemen angewandter Technologien auseinander. Auf die Energiegrundlagenforschung wird selten eingegangen. Diese Wissenslücke schließt jetzt die Max-Planck-Gesellschaft mit ihrem Energiereport.

In fünfzehn sehr detailreichen Aufsätzen befassen sich neunzehn Autoren, alle Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Max-Planck Instituten, nicht nur mit den Grundbegriffen der Energie und ihren verschiedenen Erscheinungsformen, sondern auch mit den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten. Das ist nicht immer einfach zu lesen, man muss sich schon sehr auf den Text konzentrieren, doch die Fachbegriffe aus Physik, Chemie und Biologie werden erläutert. Zeichnungen und Grafiken erleichtern zudem das Verständnis.

Insgesamt geht es um die Grundlagenforschung bei der Entwicklung erneuerbarer, möglichst CO²-neutraler Energien. Neue Solarzellenmaterialien werden ebenso dis-kutiert wie Stromgewinnung aus Mikroorganismen oder Kraftstoffe aus Biomasse. Das riesige Problem der Speicherung von Strom wird vorgestellt, die Entwicklung der Brennstoffzellentechnologie verfolgt und schließlich der Stand der Kernfusionsforschung präsentiert. Eine Erkenntnis zieht sich aber durch alle Aufsätze. Ohne eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz wird es schwer werden, den Energiehunger der Welt ohne fossile Brennstoffe zu stillen.

Natürlich beginnt das Buch mit Prognosen zur Klimaerwärmung, denn von ihr hängt ab, wie rasch klimaneutraler Energieersatz geschaffen werden muss. Und da stehen die Zeichen nach Ansicht der Autoren vom Max-Planck-Institut für Meteorologie eindeutig auf Sturm. Selbst ihr optimistisches Szenario kommt auf eine globale Erwärmung von 2,5 Grad - eindeutig zu viel gemessen am Klimaschutzziel der EU, den Anstieg auf zwei Grad zu beschränken.

Alles andere als beruhigend sind auch die Berechnungen des weltweiten Energiebedarfs, die sich auf Prognosen der Internationalen Energieagentur stützen. Da sind allerdings Fragezeichen angebracht, denn deren Schätzungen haben sich in der Vergangenheit wiederholt als falsch erwiesen. Damit ist allerdings die allgemeine Einführung in das Thema auch abgeschlossen.

Die übrigen Aufsätze befassen sich mit naturwissenschaftlichen und verfahrenstechnischen Grundsatzfragen. An Energie jenseits fossiler Brennstoffe fehlt es dank der Sonne nicht. Allerdings führt die weit verbreitete Vorstellung, man müsse nur die Fotosynthese der Pflanzen nachahmen, die das einfallende Sonnenlicht nutzt, in die Irre, denn diese Umwandlung ist wenig effizient.

Nur 14 Prozent der Energie werden verwertet und nur ein Prozent der einfallenden Lichtenergie wird in Form von Biomasse gespeichert. Fotovoltaikzellen haben bereits einen höheren Wirkungsgrad. So sucht die Grundlagenforschung denn auch nach Möglichkeiten, die Effizienz der Fotosynthese zu steigern.

Sehr spannend wird es bei der Betrachtung von Mikroorganismen als Produzenten erneuerbarer Energien aus Biomasse. So kann mit der Hilfe bestimmter Bakterien Wasserstoff erzeugt werden und ein Hefepils verwandelt Zucker in Ethanol. Eine ganze Truppe von Mikroorganismen produziert in Biogasanlagen unter Sauerstoffabschluss Methan-Gas.

Eine bestimmte Süßwasseralge speichert Sonnenlicht in Form von kleinen Öltröpfchen, also von Kohlenwasserstoffen. Könnte man sie in Wasserbecken züchten, ließe sich die Algenmasse kontinuierlich ernten und die Kohlenwasserstoffe extrahieren. Der Autor Friedrich Widdel, Direktor des Bremer Max-Planck-Instituts für Mikrobiologie warnt allerdings vor übertriebenen Hoffnungen. Bioenergie kann, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu schmälern, nur einen bescheidenen Beitrag zur Ener-gieversorgung leisten.

Das gilt generell für alle Verfahren, saubere Energie zu gewinnen. Es gibt keinen Königspfad mehr, wie es das Erdöl anbot. Gesucht ist jetzt ein Mix aus allen Formen der Energiegewinnung. Die Aufsätze meiden allzu optimistische Aussagen, verweisen wiederholt auf noch zahlreiche offene Fragen und Forschungsbedarf. Somit eignet sich der Report bestens als Nachschlagewerk für alle, die an Grundlagenfragen der Energie interessiert sind.

Rezensiert von Johannes Kaiser

Peter Gruss/Ferdi Schüth: Die Zukunft der Energie
Die Antwort der Wissenschaft – Ein Report der Max-Planck-Gesellschaft

C.H. Beck Verlag München 2008
333 Seiten, 16,90 Euro