Michael G. Fritz ist unterwegs

Auf einen Apfelstrudel nach Israel

05:22 Minuten
Frisch gebackene Apfelstrudel mit einem Zopfmuster.
Den Apfelstudel dürfte man sich nicht entgehen lassen sagt Autor Michael G. Fritz. © picture alliance / Georg Oberweger / picturedesk.com / Georg Oberweger
Von Peter Kaiser |
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Der Autor Michael G. Fritz hat sich in Israel auf die Reise gemacht und wurde nicht nur zum Apfelstrudel eingeladen. In seinem Reisebuch bietet er tiefe Einblicke in ganz unterschiedliche israelische Lebenswirklichkeiten.
Der 1955 in einem Kibbuz geborene Komponist und Musikdozent Yuval Shaked ist in Israel ein bekannter Mann. „Yuvals Eltern meinten, die Beschäftigung mit Musik könnte kein Beruf sein, sie versuchten aber nicht, ihn umzustimmen, im Gegenteil: Sie unterstützten ihn. Auch als er im Sommer 1981 einen Koffer brauchte.“ Michael G. Fritz, Schriftsteller aus Dresden, traf sich mit dem Israeli Yuval Shaked, und ließ sich eine unglaubliche Geschichte berichten.

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„Dann habe ich den Koffer mitgenommen und komme damit zu meinem Elternhaus und meine Mutter sagt: ‚Zeig mal, welchen Koffer dir die Tante gegeben hatte?‘“
„Auf dem Deckel stand mit weißer Schablonenschrift ‚Handwerkszeug‘.“

Mit dem Handwerkskoffer nach Deutschland

„Die war in Auschwitz, die Tante. Und nachdem sie befreit wurde, hat sie dann den Koffer mit nach Israel gebracht. Und diesen Koffer hat sie über alle diese Jahre bei sich behalten und 1981 dachte sie, gehe ich mit einem Koffer auf dem 'Handwerk' steht zurück nach Deutschland.“
Diese und andere, sehr ungewöhnliche und intensive Begegnungen und Geschichten hat Michael G. Fritz, der ein literarischer Geheimtipp in Mitteldeutschland ist, in seinem neuesten Buch „Meinen Apfelstrudel sollten Sie sich nicht entgehen lassen – Schalom – Begegnungen in Israel“ versammelt. Das Buch ist ein Israelguide der Oberklasse, denn man sieht im Spiegel der dort versammelten Geschichten nicht nur viel von Israels Geschichte, sondern auch Deutschlands und anderer Länder.
„Der Leser findet literarische Portraits von Zeitgenossen, die in Israel leben. Ich habe gesprochen mit Drusen, mit Juden, mit Christen, arabischen Christen, Christen aus Deutschland, Juden aus Deutschland, mit Angehörigen der Bahai-Religion, die aus Persien stammt und den großen Tempel in Haifa hat, und mein Ziel war festzustellen, wie lebt es sich in Israel?“, sagt Michael G. Fritz.

Äußere Bedrohung, innere Nähe

Seine besondere Offenheit und Empathie für das Leben in Israel öffnete ihm die Herzen und Münder der mitunter zufällig auf der Straße getroffenen Frauen und Männer: „Ich suche in Israel so etwas wie eine Nähe, von der ich hoffe, dass sie angenommen wird. Und all meine Begegnungen liefen darauf hinaus, dass ich feststellte: Sie wird angenommen.“
Michael G. Fritz ist in Israel herumgekommen. Er hatte viel Zeit zuzuhören, zu schauen, zu sammeln. Wie kommt man zurecht? Einerseits mit der ständigen Bedrohung, andererseits auch mit der geschichtlichen Dimension. Und immer ist es die Offenheit, die ihm Antworten zuträgt, ganz zufällig.

Niemals Beamtin in Deutschland

„Ich war in Haifa und wollte etwas zu essen kaufen, und dann war ich bei einem Bäcker und von hinten kam eine Stimme auf Englisch oder Deutsch, das weiß ich gar nicht mehr. Eine Frau rief: ‚Nehmen Sie das, das ist gut.‘ Und sie erzählte mir ihre Lebensgeschichte. Dann fragte ich sie, wie lebt es sich in Israel? Und sie sagte: ‚Ja, gut natürlich, gut, und wenn Sie wieder zurückkommen, meinen Apfelstrudel sollten Sie sich nicht entgehen lassen‘, sagte sie.“
Eine weitere Geschichte ist die von Lea Fleischmann, die 1979 aus Deutschland nach Israel zog. Lea Fleischmanns Eltern waren Holocaust-Überlebende.
„Der Grund, warum ich weggegangen bin, war: Ich war ja Beamtin, und ich wusste, wenn ich dableibe, wird es mir die Kehle zuschnüren. Also ich habe mich wahnsinnig eingeengt gefühlt in diesem System, und dann dachte ich damals. Wenn sich in Deutschland die Verhältnisse verändern werden, wenn da wieder Parteien an die Regierung kämen, und neue Gesetze erlassen werden - die Beamten werden alles ausführen.“

Michael G. Fritz: „Meinen Apfelstrudel sollten Sie sich nicht entgehen lassen“
Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2022
232 Seiten, 16 Euro

„Meine Botschaft an den Leser ist, sich mit der israelischen Kultur zu beschäftigen, offen zu sein, zuzuhören, wenn einem Geschichten erzählt werden. Über das Kennenlernen von anderen Menschen lernt man ein Land kennen, und wenn man ein Land kennenlernt, dann werden auch Vorurteile, Ressentiments abgebaut.“
Dieses Buch gehört zweifellos in die Kategorie der „Must-Read-Bücher“ für Israel-Interessierte. Denn der: „… zugewandte Ton … steht jenseits von Tremolo und eiferndem Pathos,“ wie der Autor Marko Martin beschreibt.* Dieser Ton, der fast schon hypnotisch den Wunsch in einem erzeugt, dieses faszinierende Land kennenzulernen.
*Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine Berufsbezeichnung geändert.
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