Auf hohem Niveau
Für das 50. Berliner Theatertreffen hat die Jury bereits ihre Jubiläumsauswahl präsentiert. Mit dabei sind verschiedene Klassiker - von Euripides über Bertolt Brecht, Tennessee Williams bis Gerhart Hauptmann.
Nein, das Theatertreffen im Mai muss sich nicht klein machen neben der großen Berlinale dieser Tage - einen Talent Campus zum Beispiel hat das Theaterfest mit dem "Internationalen Forum" schon seit Anbeginn vor 50 Jahren, und auch die Strecke der von der siebenköpfigen Jury gesehenen und sortierten Aufführungen aus dem deutschsprachigen Raum macht Staunen: 423 Stücke wurden begutachtet, und das (Rekord!) in 69 Städten. Zehn Aufführungen wurden als "bemerkenswert" ausgewählt, und an der Mischung lassen schon im Vorfeld einige Tendenzen ablesen.
Die Überraschung aber vorweg: Wien und das Burgtheater sind nicht dabei! Und fast wäre auch Berlin selber nicht zum Zuge gekommen - nur die wirklich kryptisch-komische Wort- und Theaterspielerei "Murmel, murmel" von Herbert Fritsch nach Dieter Roth, entstanden an der Volksbühne, muss für die Teilnahme am Festival nicht reisen.
In Zürich entstand "Disabled Theatre", Jerome Bels Produktion, in der Darsteller mit Down-Syndrom sich mit Hilfe der Bühne der Begegnung mit sich selbst und der Welt stellen; die eindrucksvolle Arbeit gastierte schon im Berliner "Hebbel am Ufer". Deutlich erkennbar will die Jury Regie-Handschriften pflegen – etwa immer wieder und unbeirrt die von Karin Henkel (von ihr kommen Hauptmanns ‚Ratten‘ aus Köln) oder die von Michael Thalheimer (er zeigt die Frankfurter "Medea").
Bei Sebastian Nübling mischt sich die Handschrift mit einer Text-Entdeckung – "Orpheus steigt herab" gehörte zu den vergessenen, aber prägenden Früh-Stücken von Tennessee Williams; die Wiederbegegnung entstand an den Münchner Kammerspielen. Zu deren 100-Jahre-Jubiläum schrieb Elfriede Jelinek "Die Straße, die Stadt, der Überfall", Johan Simons inszenierte – und damit behält das Berliner Jelinek-Abo Bestand.
Auch auf Katie Mitchell setzt die Jury wieder – in Köln kreierte die Britin einen weiteren magischen Film-und-Klang-Abend fürs Theater, diesmal nach Friederike Mayröckers "Reise durch die Nacht". Und Luk Perceval, eingeladen mit dem Hamburger Thalia Theater und Hans Falladas "Jeder stirbt für sich allein", hatte mit demselben Autor (und "Kleiner Mann, was nun?") schon einmal Erfolg beim "Theatertreffen".
Bleiben zwei echte Neulinge – Sebastian Baumgarten, dessen Blick auf Brechts ‚Heilige Johanna der Schlachthöfe‘ vom Schauspielhaus Zürich kommt, und Sebastian Hartmann, dessen bedauerlicherweise schon wieder zu Ende gehende Ära am Schauspiel Leipzig mit der Einladung der Tolstoi-Bearbeitung "Krieg und Frieden" ausgezeichnet wird; die monumentale Aufführung entstand zunächst für die Ruhrfestspiele in Recklinghausen.
Gewiss: Die Auswahl sprengt keine Grenzen – doch markiert sie die große Ernsthaftigkeit, mit der sich die Regie-Kunst der mittleren Generation wieder den großen Stoffen nähert; und gleichzeitig den Mut bewahrt zum Spiel, zur Haltlosigkeit jenseits der Normalität. Eine sorgsam sortierte Auswahl, gepflegte Langeweile absehbar nicht inbegriffen.
Darüber hinaus wird sich das Festival in der 50. Ausgabe der eigenen Geschichte erinnern – mit einem Buch und schon jetzt einer Chronik aller Stücke, aller Einladungen aus fünf Jahrzehnten des Treffens, das in den ersten beiden Jahren ja noch der "Berliner Theaterwettbewerb" war und Teil der großen Kulturoffensive des Westens kurz nach dem Mauerbau.
Davon wird viel zu sehen, zu lesen und zu erzählen sein – vom 3. bis 19. Mai beim "Theatertreffen".
Die Überraschung aber vorweg: Wien und das Burgtheater sind nicht dabei! Und fast wäre auch Berlin selber nicht zum Zuge gekommen - nur die wirklich kryptisch-komische Wort- und Theaterspielerei "Murmel, murmel" von Herbert Fritsch nach Dieter Roth, entstanden an der Volksbühne, muss für die Teilnahme am Festival nicht reisen.
In Zürich entstand "Disabled Theatre", Jerome Bels Produktion, in der Darsteller mit Down-Syndrom sich mit Hilfe der Bühne der Begegnung mit sich selbst und der Welt stellen; die eindrucksvolle Arbeit gastierte schon im Berliner "Hebbel am Ufer". Deutlich erkennbar will die Jury Regie-Handschriften pflegen – etwa immer wieder und unbeirrt die von Karin Henkel (von ihr kommen Hauptmanns ‚Ratten‘ aus Köln) oder die von Michael Thalheimer (er zeigt die Frankfurter "Medea").
Bei Sebastian Nübling mischt sich die Handschrift mit einer Text-Entdeckung – "Orpheus steigt herab" gehörte zu den vergessenen, aber prägenden Früh-Stücken von Tennessee Williams; die Wiederbegegnung entstand an den Münchner Kammerspielen. Zu deren 100-Jahre-Jubiläum schrieb Elfriede Jelinek "Die Straße, die Stadt, der Überfall", Johan Simons inszenierte – und damit behält das Berliner Jelinek-Abo Bestand.
Auch auf Katie Mitchell setzt die Jury wieder – in Köln kreierte die Britin einen weiteren magischen Film-und-Klang-Abend fürs Theater, diesmal nach Friederike Mayröckers "Reise durch die Nacht". Und Luk Perceval, eingeladen mit dem Hamburger Thalia Theater und Hans Falladas "Jeder stirbt für sich allein", hatte mit demselben Autor (und "Kleiner Mann, was nun?") schon einmal Erfolg beim "Theatertreffen".
Bleiben zwei echte Neulinge – Sebastian Baumgarten, dessen Blick auf Brechts ‚Heilige Johanna der Schlachthöfe‘ vom Schauspielhaus Zürich kommt, und Sebastian Hartmann, dessen bedauerlicherweise schon wieder zu Ende gehende Ära am Schauspiel Leipzig mit der Einladung der Tolstoi-Bearbeitung "Krieg und Frieden" ausgezeichnet wird; die monumentale Aufführung entstand zunächst für die Ruhrfestspiele in Recklinghausen.
Gewiss: Die Auswahl sprengt keine Grenzen – doch markiert sie die große Ernsthaftigkeit, mit der sich die Regie-Kunst der mittleren Generation wieder den großen Stoffen nähert; und gleichzeitig den Mut bewahrt zum Spiel, zur Haltlosigkeit jenseits der Normalität. Eine sorgsam sortierte Auswahl, gepflegte Langeweile absehbar nicht inbegriffen.
Darüber hinaus wird sich das Festival in der 50. Ausgabe der eigenen Geschichte erinnern – mit einem Buch und schon jetzt einer Chronik aller Stücke, aller Einladungen aus fünf Jahrzehnten des Treffens, das in den ersten beiden Jahren ja noch der "Berliner Theaterwettbewerb" war und Teil der großen Kulturoffensive des Westens kurz nach dem Mauerbau.
Davon wird viel zu sehen, zu lesen und zu erzählen sein – vom 3. bis 19. Mai beim "Theatertreffen".