Aufbruch an neuen Ufern

Von Barbara Kerneck |
Zulieferungskanal während des Berliner Wachstums, Niemandsland während der deutsch-deutschen Teilung. Erst nach dem Mauerfall erlebte die Spree einen Aufschwung: Der Fluss erschien den Berlinern als Geschenk.
Mit dem Namen Spree-Athen verlieh sich Berlin über Jahrhunderte ein Flair von Weltläufigkeit. Aber während ihres Wachstums beutete die Stadt ihren identitätsstiftenden Fluss lediglich als Zulieferungskanal aus. Dem Mauerblümchen unter den europäischen Flüssen sang man keine weinseligen Lieder. Während der deutsch-deutschen Teilung zeichnete die Spree in der Innenstadt über Strecken die Grenze und wurde zum Niemandsland.
Gerade dies bildete Voraussetzung für ein nie gesehenes Spree-Revival nach dem Mauerfall. Die brachen Flächen öffneten den Blick, der Fluss erschien den Berlinern als Geschenk. Sie nutzten die zurück gewonnenen Ufer zur Erholung. Im ehemaligen Ostteil der Stadt entwickeln sich junge, schnell berühmt gewordene Veranstaltungsorte wie die "Arena" oder das "Radialsystem" zusammen mit der längsten Open-Air Galerie der Welt als eine neue Kulturmeile. Über das Wasser beeinflussen sich Menschen und Projekte. Sogar der Binnenschiffer plant einen Theaterkahn.
Derweil kämpfen verschiedene Bürgerinitiativen energisch um Spreeufer und -wasser. Denn Berlin ist die einzige deutsche Großstadt, die auch ihr Trinkwasser innerhalb der eigenen Grenzen gewinnt. Die Spree fließt gewissermaßen durch die Berliner hindurch.
Die Kunstkuratorin Heike Mertens:

"Da sind ja Wiesenblumen, die wild ranken, sozusagen an den Hängen zur Spree, aber auch Baumbestände die sich entwickelt haben. Industriebrachen, also ne Vielzahl von immer noch leer stehenden Gebäuden, die noch nicht entwickelt sind. Die Farben der Spree sind sehr – hell.... Und wenn Sie weiter Richtung Südosten kommen haben Sie natürlich dann auch an der Spree so Orte wie Flussbäder, das Krokodil, da können Sie dann im Fluss noch schwimmen da unten, der einzige Ort in ganz Berlin, wo Sie direkt im Wasser schwimmen können. Auch da gibt es eine herrliche Erlebbarkeit des Flusses. Für mich sind natürlich als Großstadtpflanze, die zwar das Urbane auch liebt aber dann natürlich diese Brüche das eigentliche ästhetische Erlabnis. Nämlich, dass Sie in einer durchgeplanten Stadt Erlebnisräume haben, die ganz individuell und naturbelassen sind. Und das erleben Sie an der Spree noch."
Der Journalist und Flussliebhaber Uwe Rada:

"Flüsse werden von den Menschen eigentlich als Fragmente wahrgenommen . Dort, wo man lebt, kennt man den Fluss. Das ist der Abschnitt, der im Grunde für den gesamten Fluss steht, und man weiß oft sehr wenig über den Fluss flussaufwärts oder flussabwärts. Für die Berliner ist die Spree die Stadtspree. Das ist nicht anders als bei der Oder, wo die Breslauer sagen: die Oder, das ist der Fluss, der durch Breslau fließt, kann sein, dass die Oder auch noch durch Frankfurt fließt oder durch Stettin, aber das ist uns egal."
Der Binnenschiffer Rainer Röper:

"Ende November 1989, also kurz nach der Wende, gab's dann eine Aktion vom Senat, der den Ostlern also sozusagen ermöglichte: kostenlose Rumfahrt mit einem Schiff, um Westberlin von der Wasserseite her kennenzulernen, weil wir kein Westgeld nicht hatten. Und die Fahrt ging von der Hansabrücke los und dann durch den Landwehrkanal, durch den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und war für uns doch eine Überraschung. Wir standen eigentlich alle fast auf den Bänken, so dass der Schiffsführer kaum noch eine Sicht nach vorne hatte, soviel Leute waren auf dem Vorschiff und haben, na, Westberlin bewundert. Obwohl es auch einige Stellen gab -, zum Beispiel kamen wir an eine sehr rostige Eisenbahnbrücke und alle haben spekuliert, ob die wohl noch in Betrieb ist oder nicht und plötzlich fuhr noch eine S-Bahn zu unser aller Überraschung über diese doch sehr rostige und nicht mehr gut aussehende Brücke."

Ümit Bayam, in Ankara geboren, kam1972 als Kleinkind nach Kreuzberg :

"Kurz nach Mauerfall war natürlich in dieser allgemeinen Euphorie auf einmal auch die Sicht auf unseren Stadtteil von der anderen Seite her möglich, dass man auf die andere Seite gehen konnte und von dort über die Spree nach Kreuzberg gucken konnte - ganz normale Sichtachsen, das war phänomenal. An diesen Grundstücken, die brach liegen, besonders auf der Friedrichshainer Seite, haben wir dort gezeltet und Nächte dort verbracht und das ganze genossen. Bis wir dann vertrieben wurden als Jugendliche, weil dann Ansprüche gestellt worden sind von Eigentümern. Und so weiter und so fort."
Gerd Conradt: "An der Spree. Der Fluß - Die Menschen."
In Zus.-Arb. mit Hedwig Korte .
Transit Buchverlag

Gerd Conradt:

"Nach Beendigung der Volksschule stand für mich die Frage: Was wird aus dem Jungen? Und da bot sich die Möglichkeit, durch die Vermittlung eines Pfarrers, der inzwischen nach Berlin gezogen war, der mich auch getauft hatte, dass ich auf ein Internat, auf ein Kircheninternat nach Westberlin gehen konnte. Eines Tages hab ich mich auf den Weg gemacht und diesen Pfarrer, der in Berlin-Köpenick lebte, besucht. Dabei musste ich zu meinem Schrecken über einen großen Fluss. Später hab ich gehört, das muss die Spree gewesen sein. Das war im Herbst, es war grau, es war feucht. Und ich musste über eine große, eiserne Brücke gehen. Neben mir donnerten auch noch irgendwelche Lastwagen. Und ich hatte fürchterliche Angst. Alles war so wie ein rostiges Eisengefühl. Und dieser Fluss unter mir, der hatte etwas Bleiernes. So als ob er sich gar nicht bewegte. Er floss in einem großen Steinkorsett und machte mir eigentlich nur Angst. Und ich war froh, als ich ihn glücklich überquert hatte. Auf dem Rückweg hab ich mich nach einer anderen Möglichkeit erkundigt."
Christine Brecht, Elke Kimmel, Svenia Moor:"Spurensuche im Mauerland. Ein Grenzbetrieb am Berliner Flutgraben"
Jaron Verlag
Auszug aus dem Manuskript:
"Ein fast mediterranes Schauspiel. "New Space for the Arts" war das Motto für das private Kunst-, Tanz-, Konzert- und Tagungszentrum "Radialsystem V". Ein Brillant am Band der Spree: die funkelnd geschliffen geraden Kanten seines roten Klinkerkörpers gehörten zu einem historischen Berliner Wasserwerk. Das alten Gebäude umarmt heute eine riesige moderne. Glasgalerie. Mit dem Sonnendeck im 3. Stock, mit der für alle Vorübergehenden frei zugänglichen Spreeterrasse und dem Bootssteg ist das Haus heute offen, nicht nur zum Wasser hin sondern auch für neue Ideen."
Die Veranstaltungen in diesem interdisziplinären Produktions- und Ausbildungszentrum sind heute so begehrt, dass man sich dafür sogar Karten kauft, ohne zu wissen, was eigentlich läuft. Vier Ensembles fanden hier ihren festen Proben- und Auftrittsort. Die Initiatoren und Betreiber dieses Hauses, Jochen Sandig und Folkert Uhde sind durch ihre Lebensläufe zweien von ihnen eng verbunden.
Jochen Sandig und die Choreografin Sasha Waltz gründeten 1993 zusammen die Tanzkompanie "Sasha Waltz & Guests". Sie machten mit über 30 Produktionen international Furore.
Folkert Uhde rief 2003 das Chorensemble "Vokalkonsort Berlin" ins Leben. Zwei weitere musikalische Ensembles zogen in das Haus nach. Alle vier arbeiten mit einem relativ kleinen Kern von Künstlern und Künstlerinnen, zu dem sie projektweise Freischaffende hinzuziehen.

International vielfach ausgezeichnet, betreiben sie hier so etwas wie eine Manufaktur für Hochkultur und sind gern gesehene Gäste bei Goethe-Instituten in aller Welt. Vor allem aber verbindet sie die Atmosphäre ihrer Heimstätte. Jochen Sandig erzählt über einen Morgen vor deren Entdeckung.

"An diesem frühen Morgen kam ich aus dem Club und sah aufs Wasser und da hatte ich den Impuls: ja, Berlin ist eine Wasserstadt. Aber ohne jeden Hintergedanken schrieb ich damals in mein Notizbuch genau diesen Satz. Und es ergab sich dann zwei Wochen später das Telefon klingelte. Am Apparat war Gerhard Spangenberg, mir bis dahin unbekannt, ein Architekt, der ziemlich viele spannende Projekte in Berlin schon realisiert hat. Er lud mich ein, ein Pumpwerk zu besichtigen in der Holzmarktstraße. Und ich kam in dieses Gebäude. Ein wunderbares aber sehr großes Gebäude mit zwei großen Hallen und weiter gab es eigentlich nicht viel. Und dann gingen wir aus diesem Gebäude raus. Und da gab es diesen Aha-Effekt: vor unseren Füßen floss die Spree.

Die Spree selbst hat eine unglaubliche Wirkung auf alle Menschen, die hier arbeiten. Auf die Künstler dann aber auch auf die Mitarbeiter im Büro und aber auch auf die Gäste, die hier herkommen. Ich möchte gern Sasha Waltz zitieren, die mal gesagt hat, dass für sie, wenn sie in ihrem Studio im fünften Stock ist und auf die Spree blickt, eine unglaubliche Beruhigung von diesem Wasser ausgeht.
Die andere Ebene ist eine philosophische Ebene: Die Permanenz von diesem Element Wasser gilt bei den Chinesen als etwas, was auch positive Auswirkung auf finanzielle Flüsse hat. Also man sagt wirklich: baue ma Wasser,baue nahe am Verkehr, dann wird's Dir immer gut gehen."
Link:

Radialsystem e.V.

Auszug aus dem Manuskript:
"Überall im Zentrum und drum herum zieht es die Kultur an die Spree. Doch in der Nähe des Ostbahnhofs und am ehemaligen Osthafen bildet sich eine Kulturmeile mit neuen Institutionen heraus, wie sie Berlin vorher nicht kannte. Hier lockt die längste permanente Open-Air Galerie der Welt Betrachter an: die berühmte, 1316 Meter lange Eastside-Gallery. 118 Künstler haben auf diesem Rest der DDR-Grenzanlage entlang des Flusses ihre Gemälde hinterlassen. Im Jahre 2010 wird sie gründlich restauriert und wetterfest gemacht. Gleich daneben steht das Radialsystem neben trendigen Clubs. Brachen am Wasser laden schlicht zum Grillen und Chillen ein. Hier und am Ufer gegenüber hat sich nach der Wende ein ganz neus Naherholungsgebiet für Berlin herausgebildet. Am meisten Platz um einfach herumzuhängen, um Pop und Klassik zu genießen, um klassischem Theater oder moderner Kleinkunst zuzuschauen, bietet die "Arena"."
Ein Fremder betritt die Arena durch eine Pforte in der Mauer wie eine geschlossene Stadt. Über ihre Größe kann er nur spekulieren. Rote Ziegelbauten, hohe Decken, Feuerleitern, ein Trödelmarkt, Fahrradständer, Katzen. Da gibt es verschiedene Clubs, Vortrags- und Ausstellungsräume - natürlich eine Strandbar. Aus der Vogelschau aber dominiert eine helle Halle das Gelände - wie der dicke Rumpf eines weißen Fisches, mit langen Reihen senkrecht aufgerichteter Silberschuppen auf dem Dach.
Diese war einst Riesenomnibushalle der Berliner Verkehrsbetriebe. Man hatte sie fast gleichzeitig und als funktionale Einheit mit der Autoreparaturwerkstatt KIB am Flutgraben errichtet. Mit über 7000 Quadratmetern war sie damals die größte freitragende Halle Europas und fasste 240 Busse. In der Mauerzeit verkam sie. Nur wenige BVB-Mitarbeiter mit Sonderausweisen, Wildkaninchen und die Grenzer hatten hier Zutritt.
Erst 1995 bricht ein neues Zeitalter für die alte Halle an: der Verein "Art Kombinat" unter Leitung des Theatermannes Falk Walter gründet die Arena als kulturellen Mikrokosmos, unter anderem als Ort für Mammutspektakel.

Im Mittelpunkt die große Halle der Arena Berlin, rechts die Shedhalle des MAGAZINs, direkt daran angeschlossen das Glashaus, davor die Steganlage des Badeschiffs, BADESCHIFFs, links das Club- und Restaurantschiff Hoppetosse.

Link:

Arena Berlin

SPREE 2011 hat ein Ziel: Der Fluss der Hauptstadt soll wieder ein sauberes Gewässer werden, in das Flora und Fauna zurückkehren, und in dem die Menschen bedenkenlos baden können. Weltweit wenden sich Städte wieder ihren Flüssen zu. In Hamburg, Kopenhagen, München und Bern trifft man sich an den Ufern zum Flanieren und zum Baden. Auch Berlin hat die Spree nach jahrzehntelanger Vernachlässigung für sich entdeckt.

Link:

Projekt Spree 2011

Auszug aus dem Manuskript:
"Der Spree ist weh; sie kann sich nicht entschließen,
in Berlin hineinzufließen,
wo die Gossen sich ergießen.
Wer mag es ihr verdenken?
Sie möchte lieber, wenn sie dürft, umlenken.
Hindurch doch muss sie schwerbeklommen;
sie kommt beim Oberbaum herein,
rein wie ein Schwan, um wie ein Schwein
beim Unterbaum herauszukommen."

Friedrich Rückert, 1845

Die Diplomingenieure für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Cathrin Berger und Ralf Steeg suchen nach den Ursachen dieses Problems. Die Lösung, die sie finden, erregt weltweit Aufsehen.

Ralf Steeg:

"Wir hatten dann erfahren, dass die Hauptverschmutzungsursache in Berlin die überlaufende Mischkanalisation ist, und im Prinzip war es natürlich die erste Reaktion, dass ich gedacht hab: man muss das auffangen. Am besten mit alten DDR-Schiffen, die man vor die Rohre stellt und da wird das Abwasser eingeleitet. Die nächste Idee war dann, obendrauf einen Deckel zu machen, das heißt eine Plattform. Und auf dieser Plattform kann dann das gesamte städtische Leben stattfinden. Also es könne lauter Sachen draufgebaut werden, die die Stadt schöner machen. Also man hat genug Platz zum Sitzen und zum sich sonnen."
An den Spreeufern rauchen keine Schlote mehr und keine Fabriken leiten Chemikalien in den Fluss. Im Vergleich zu den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts geizen die Landwirte in der Lausitz heute fast mit dem Dünger. Seit Menschengedenken war die Spree nie weniger chemisch belastet. Nur die Krankheitserreger in ihr sind noch munter. Denn im gesamten Territorium innerhalb des Berliner S-Bahnringes, tief unter der Erde, auf dem Grunde solider, aus Klinkern gefügter, bald runder bald ovaler Gewölbe, brausen, gluckern, plätschern und tröpfeln mal reißende Ströme, mal klägliche Rinnsaale. Hier fließen die Haushaltsabwässer mit den Regenabflüssen von den Straßen zusammen. Deshalb: "Mischkanalisation".
Im 19. Jahrhundert, als die Arbeitskräfte massenhaft in die Metropole strömten, wurde in manchen Vierteln Berlins der Inhalt der Nachttöpfe noch mit Fuhrwerken abgeholt, wenn überhaupt. Zwischen 1831 und 1872 suchte die Cholera Berlin 13 Mal heim.
Die Mischkanalisation war die Antwort auf dieses Trauma. Zu dem Modell steuerte Professor Rudolf Virchow seine Kenntnisse über Seuchenbekämpfung bei. Stadtrat James Hobrecht, der dies alles realisierte, beriet später beim Bau ganz ähnlicher Anlagen in Kairo, Tokio und Moskau. Die Berliner Mischkanalisation war damals die fortschrittlichste. Sie hält bis heute.

Normalerweise führt sie alle Abwässer Kläranlagen zu. Aber zwanzig bis dreißig Mal im Jahr sind die Regenfälle zu gewaltig, als dass sie sie verkraften könnte. Dann funktioniert sie wie eine Badewanne mit mehreren Überläufen. Das Regenwasser treibt auch die Fäkalien in die Höhe, mit denen es sich in ihr ja vermischt. Die ganze Pampe, wie der Berliner so etwas nennt, ergießt sich durch die Überläufe in die Spree und verkeimt sie nachhaltig.

Mit unterirdischen Rückhaltebecken aus Beton und anderen, zum Teil in Berlin entwickelten Anlagen, haben die Berliner Wasserbetriebe auch schon vor der Zusammenarbeit mit Steeg dagegen angebaut. Aus für lange Zeit geheim gehaltenen Gründen, leiden sie allerdings an Geldmangel. Ralf Steegs Lösung ist einfach, wie das Ei des Kolumbus und um ein Drittel preiswerter als ein herkömmliches Rückhaltebecken. Ihre technische und vor allem behördliche Realisierung erweist sich aber als hoch kompliziert.

"Das, was wir entwickelt haben, ist weltweit das erste Modulsystem. Früher wurden solche Becken zum Speichern von Abwasser immer aus Beton gebaut und unter der Erde. Und unser Modulsystem ist eigentlich ein Stecksystem. Man muss sich das so vorstellen wie einen Legobaukasten und die Konsequenz daraus ist, dass das ganze viel schneller umsetzbar ist, man braucht nicht mehr zwei oder drei Jahre Planung. Man braucht auch nicht mehr zwei oder drei Jahre für den Bau, sondern das ganze ist im Prinzip innerhalb von drei bis vier Monaten umsetzbar."

Den Young African Art Market mit Tanz, Ballspielen und Imbissständen initiierte der Sozialpädagoge Ortwin Rau 1995 neben der Arena in Treptow. Er wollte etwas frischen Wind in die Jugendarbeit bringen.

Ralf Steeg :

"Und zwar das Yaam war ein sogenannter African Market, das Yaam hat 1994 stattgefunden und 1995, 1996 auch auf einer Riesenbetonplattform an der Spree vor der Arena. Und jeden Samstag und jeden Sonntag haben sich dort tausende Afrikaner, Asiaten, Deutsche, Italiener und so weiter versammelt. Es gab dort Stände, man konnte dort essen, Basketball spielen und so weiter. Und es war eine unglaublich schöne Stimmung und direkt am Fluss. Ich glaube, es war das erste Mal, dass die Berliner Jugend – sag ich jetzt mal- den Fluss wirklich entdeckt hat."

Sonntag nachmittags, Sonne, Raggamuffin-Vibes vom Soundsystem, exotische Gerüche in der Luft und die Spree. Chill-Out im YAAM. Was ist das YAAM? Ein Club? - Ja, und doch viel mehr. Das YAAM ist ein besonderer Ort, der sich nicht beschreiben lässt, den man erleben muss, ein Ort wie kein anderer in diesem Land.

Link:

Webseite des Yaam

Der Architekt Carsten Joost , Sprecher zweier aufeinander folgender Bürgerinitiativen, erst "Media Spree versenken", dann "Megaspree".
"Geplant ist eigentlich sämtliche Uferbereiche bis auf einen Uferwanderweg zu bebauen. Das ist so Konzept. Media-Spree-Uferwanderweg nennt sich das, maximal zehn Meter, da sind auch schmalere Bereiche, mit einer ganz intensiven Bebauung, also Büros, Gewerbe. Mit der Medienindustrie als Leitbild, in Wirklichkeit sind es größtenteils Hotels und teure Appartments, was so geplant ist. Das hatten wir von Anfang an kritisiert, wie kann man eigentlich inner Millionenstadt die Flussufer einfach verbauen, andere Städte gehen mit ihren Flussufern ganz anders um."

Links:

megaspree.de

kreuzberg-info.de

mediaspreeentern.de

Hostelschiff "Eastern Comfort"

Auszug aus dem Manuskript:

"Ganz im Gegensatz zu Berlin verfügt das rundum liegende Brandenburg schon seit 2004 über ein ökologisches Gesamtkonzept für den Fluss, für die mit ihm verbundenen Gewässer und die an ihm gelegenen Siedlungen. Spiritus Rektor dieses sogenannten "Masterplans Spree" ist Professor Matthias Freude. An der Spreequelle, am Kottmar geboren, mit Spreewasser getauft, wurde der Biologe Mitbegründer des Nationalparkprogramms der DDR. Seit 20 Jahren ist er verantwortlich für die Spree-Deiche und reguliert den Spree-Abfluss in Richtung Berlin - seit 1995 als Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg. Der Hauptstadt drohe keinerlei Überschwemmung, bekräftigt Professor Freude: im Gegenteil, die Spree steht vor einer schweren Durststrecke. Während die Lebewesen im Fluss von dessen zunehmender Klarheit profitieren, leiden sie gleichzeitig, weil er immer spärlicher fließt."

"Die Spree ist für mich ein Stück Leben geworden, privat sowieso, weil meine Kinder und ich, wir paddeln auf der Spree, wir tauchen drin – man kann ja wieder tauchen in der Spree, man glaubt's gar nicht, und natürlich auch in der Arbeit- unser Sorgenfluss. Weil dort, im Einzugsgebiet der Spree und an der Spree selber der Klimawandel mit ungehemmter Macht zuschlägt, das hat man nirgends in Deutschland auch nur annähernd so, wie sich's gerade an der Spree zeigt. Wir hatten – ich weiß das, weil ich's selber unterschrieben hatte, mit Berlin vereinbart, dass wir übers ganze Jahr etwa neun Kubikmeter Wasser pro Sekunde an der Landesgrenze Brandenburg/ Berlin übergeben wollten. Und es gab etwa drei oder vier Sommer, wo nicht einmal neun Kubikmeter rübergekommen sind, sondern gerade mal neun Tropfen Wasser nach Berlin rübergegangen sind, also nicht mal' n Wassereimer voll, das war nichts."

Link:

Masterplan Spree 2004

Zur Renaturierung der Spreeaue

Auszug aus dem Manuskript:
"Die Schiffermission in Berlin und Brandenburg besteht seit über 130 Jahren. Sehr früh übernahm ein Verein ihren Unterhalt. 1904 richtete er die erste schwimmende Kirche auf einem umgebauten Frachtschiff ein. Während der deutschen Teilung blieb die Mission auf Westberlin beschränkt. Damals machte es Sinn, eine feste Kirche im Westhafen zu unterhalten. Fedor Pfistner lebte damals in Ostberlin.. Als jugendlicher Radsportler weigerte er sich, der FDJ beizutreten. Nach dem Mauerfall wurde er Gründungsmitglied der Grünen Partei der DDR: Sein Nebenberuf damals wie heute: Sänger und Gitarrist. Der Pfarrer mit der schulterlangen schwarzen Mähne hat über 200 Songs komponiert. Heute, da die Schiffer weniger geworden sind und über ganz Brandenburg verstreut besucht werden wollen, ist wieder eine mobile, schwimmende Kirche angesagt. Sie heißt "Arche Nova"."

"Auf dieser Barkasse hab' ich, wenn ich am Ufer festlege, etwa 18 Andachtsplätze an Bord. Kann da kleine Gottesdienste halten, kleine Andachten. Ich hatte auch schon Taufen und Trauungen mit dieser Barkasse gemacht, wobei man sagen muss: dann sitzt die Gemeinde an Land. Und dann vielleicht das Brautpaar an Bord. Wir bauen da den Altar auf und haben da die Orgel zu stehn, weil mehr Platz da nicht ist. Es ist dann allerdings auch mein Übernachtungsquartier und mein Sprechzimmer, wenn ich unterwegs bin.
Eine Geschichte, die mir persönlich sehr eindrucksvoll war: Da kam ein Ehepaar zu mir, die waren Hochseesegler. Die hatten so eine kleine Segeljacht, 18 Meter lang, mit der sie über die Weltmeere gefahren sind. Ein dreiviertel Jahr im Jahr unterwegs. Und dieses kleine Schiffchen war wirklich wie ein Haut, wie eine Pelle, in der man lebt, und alles festgebunden ... und in diesem engen Raum haben die gelebt. Und die haben zu mir gesagt: Wir möchten heiraten und das wollen wir auf unserm Schiff. Das gehört zu uns, wie einem anderen vielleicht der Mantel oder die Haut. Und da hab' ich die wirklich am Steg dann auf diesem Schiff getraut. Und die Gemeinde saß an Land, der Altar war auf ihrem Schiff aufgebaut, das war richtig ne schöne Sache.

Link:

Schiffergottesdienst im Historischen Hafen Berlin

Auszug aus dem Manuskript:
"Am 13. Februar 2011 ist zum ersten Mal in der Geschichte ein überbezirklicher Volksentscheid in Gesamtberlin erfolgreich. Die Berliner fordern ihr Wasser zurück. Nämlich hatte im Jahre 1999 der damalige Senat von Berlin fast 50 Prozent der Anteile an den Berliner Wasserbetriebe klammheimlich für 3,3 Milliarden DM an die Privatfirmen RWE und Violia verkauft. Diese erzielten daraus beträchtliche Gewinne. Die Berliner Wasserpreise gehörten seither zu den höchsten in Deutschland. Im internationalen Vergleich immer noch Leistungsavantgarde, schafften es die Berliner Wasserbetriebe, die Badegewässerqualität im Wannsees für die Zukunft zu sichern und im Tegeler See wiederherzustellen. Aber in jüngster Zeit waren ihnen für mehrere weiterführende Maßnahmen die Hände gebunden, weil sie den selben Senat um Geld bitten mussten, der sie verkauft hatte."
Nun fordern 98 Prozent der Teilnehmerinnen am Entscheid den Senat auf, die zugrunde liegenden Verträge völlig offen zu legen. Praktisch bedeutet dies: die Berliner Wasserbetriebe werden langfristig wieder Eigentum der Kommune. Immer mehr Bürger der Stadt erkennen den Wert ihres Wassers.
Der Berliner Wassertisch ist ein lokales Netzwerk von VertreterInnen unterschiedlicher Gruppen, Initiativen und interessierter BürgerInnen, die sich unter dem gemeinsamen Thema "Wasser gehört uns allen – Wasser ist ein Menschenrecht" zusammengefunden haben.

Link:

Berliner Wassertisch

Musikliste:
Dwayne feat.Gyptian
Tanya Stephens
Kemar Mcgregor
Jeux d `eau
E.Stan, Piano
Maurice Ravel
Spreesinfonie
Karsten Gundermann
Kolebawka/ CAE/IPI
Marhata Cyzek/ Dorothea Scholze
Durch Berlin fließt immer noch die Spree/ Marlene Dietrich
(J.Gilbert/R.Gilbert)Rondo
Mit Dir, mit Dir, da möcht ich Sonntags Angeln gehn/ Marlene Dietrich
(W.Kolle/Rideamus) Wiener Bohème
Die Zille/Bully Buhlan
Dickes B feat Black Kappa/Seeed
P.Baygorry/T.Gutz more
Dickes B version
P.Baygorry
Spreewalzer/Otto Berliner
nicht genannt