Unterbringung von Geflüchteten

Die Solidarität ist in Gefahr

35:30 Minuten
Blick in die Turnhalle eines Gymnasiums , die derzeit als Notunterkunft für geflüchtete Menschen aus der Ukraine genutzt wird.
Vielerorts müssen Geflüchtete in Turnhallen untergebracht werden, weil es an Unterkünften mangelt. © picture alliance / dpa / Robert Michael
Andres Veiel im Gespräch mit Jana Münkel |
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In vielen Kommunen wird der Platz knapp für die Unterbringung von Geflüchteten. Dass die Unzufriedenheit vor Ort wächst, sei nachvollziehbar, sagt Filmemacher Andres Veiel. Umso weniger dürfe man über die Sorgen hinweggehen.
Wenn die Bundesländer heute mit Bundeskanzler Scholz beraten, wird es nicht nur um die Gaspreisbremse oder das 49-Ticket gehen, sondern auch um die wachsenden Probleme bei der Versorgung von Geflüchteten. Viele Kommunen haben bereits einen Aufnahmestopp verhängt, weil sie keine Kapazitäten zur Unterbringung mehr haben und nicht wieder auf Turnhallen zurückgreifen wollen. Eine Situation, die man ernst nehmen muss, sagt Filmemacher Andres Veiel.

Druck auf Deutschland ist Ziel der russischen Politik

Mit mehr Ukraine-Geflüchteten den Druck auf Deutschland zu steigern, sei ein Vorsatz der russischen Politik, so Veiel: "Da ist ein Plan dahinter." Um so wichtiger sei es deshalb, jetzt praktisch zu denken und die Infrastruktur vor Ort zu stärken. "Das kostet Geld. Aber wir brauchen das, um diese Unzufriedenheit in der Bevölkerung aufzufangen."
Er verstehe es, wenn Jugendliche, die zu Pandemiezeiten schon auf den Sport hätten verzichten müssen, unzufrieden seien angesichts belegter Turnhallen. "Dass sich dieses Solidaritätsprinzip irgendwann erschöpft, ist nachvollziehbar", sagt Veiel. Deshalb brauche es nun viel Engagement und finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern, um den Kommunen unter die Arme zu greifen.

Nicht über Meinungen streiten, sondern über Ängste sprechen

In der jetzigen Situation komme es vor allem auf Offenheit an, findet Veiel, und auf "den Mut, Dissonanzen und Differenzen auszuhalten". Zentral ist für ihn dabei, "dass wir nicht einfach darüber hinweggehen können, wenn Menschen sagen: 'Die Turnhalle war jetzt schon zu Pandemiezeiten ein halbes Jahr zu und jetzt ist sie schon wieder zu.'"
Im Unterschied zu 2015, als Hunderttausende Geflüchtete nach Deutschland kamen, gebe es heute eine große Existenzangst im Land: "Die Angst ist der Nährboden für eine gewisse Unberechenbarkeit, dass es an den Rändern aufbricht." Die eigentliche Herausforderung sei es deshalb, "nicht über Meinungen zu streiten, sondern über die Ängste zu sprechen, die die Menschen darunter antreiben".
(ckü)
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