Zehn Jahre #aufschrei

Ein Hashtag und seine Folgen

14:03 Minuten
Illustration: Eine kleine Frau schreit in ein Megafon vor den übergrossen Füssen eines Mannes.
Mit #aufschrei begann 2013 eine Debatte über sexualisierte Gewalt, die viele beschäftigte. Das Thema ist immer noch virulent - und wird es wohl auch bleiben. © Getty Images / iStock / Nuthawut Somsuk
Anne Wizorek im Gespräch mit Gesa Ufer |
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Vor zehn Jahren schickte Anne Wizorek den Hashtag #aufschrei in die Welt, er entfachte eine Debatte über sexualisierte Gewalt. Inzwischen gebe es mehr Hilfe und Beratung, sagt die Publizistin. Doch der Sexismus selbst ist immer noch da.
Über die große mediale Aufmerksamkeit für ihren Hashtag #aufschrei war die Bloggerin Anne Wizorek vor zehn Jahren zunächst überrascht. Es ging ihr damals auf Twitter darum, eine Grenzerfahrung zu teilen, der Zuspruch vieler Frauen war groß. Tausende machten ihre Erfahrungen mit Alltagssexismus öffentlich.
Zeitgleich schrieb die Journalistin Laura Himmelreich einen Bericht darüber, wie sie der FDP-Politiker Rainer Brüderle belästigt hatte - was das Medienecho noch zusätzlich verstärkte.

Großes Medienecho

Wizorek fand sich plötzlich in zahlreichen Talkshows über das Thema Sexismus wieder, weil das Medieninteresse riesig war. "Da habe ich gemerkt, dass das medial schwer zu vermitteln war", sagt die Publizistin heute im Rückblick. Die Erfahrungen mit Hassrede seien damals extrem kräftezehrend und beängstigend gewesen: "Da muss man schon sehr aufpassen, sich rechtzeitig abzugrenzen."
2017 hieß es dann plötzlich: #MeToo. Der weltweit verbreitete Hashtag habe auch durch die Verknüpfung mit Hollywood viel größere Aufmerksamkeit gefunden, so Wizorek. Es sei damals deutlich geworden, dass es in der Debattte weniger um einzelne Persönlichkeiten und mehr um gesellschaftliche Strukturen gehen sollte.

Mehr Hilfe und Beratung

Heute, zehn Jahre nach dem Hashtag #aufschrei, sei sie sehr froh zu sehen, dass es mittlerweile Gesetze zu digitaler Gewalt gebe, sagt Wizorek. Es gebe zudem mehr Hilfs- und Beratungsstrukturen: "Es ist immer noch nicht genug, aber es ist etwas da im Gegensatz zu damals."
Hashtag-Kampagnen könnten eine Bewegung nach vorn bewirken, sagt die Publizistin. "Gleichzeitig haben wir auch wieder Attacken, es soll lächerlich gemacht werden, es soll kleingeredet werden."
Als 2021 die heutige grüne Außenministerin Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin an den Start gegangen sei, habe es immer noch viele sexistische Kommentare gegeben. Auch in den Medien sei Baerbock nicht durchweg ernstgenommen worden.
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Vergleichbares erlebt. "Da denke ich nur an die Mutti, wie sie ständig genannt wurde", so Wizorek. Insofern gebe es noch einiges zu tun. "Und trotzdem sehe ich aber auch Fortschritte."
(gem)

Anne Wizorek: Weil ein #Aufschrei nicht reicht. Für einen Feminismus von heute
Fischer Taschenbuch, 336 Seiten, 14,99 Euro

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