Aufstieg und Fall eines Reformers

Von Melanie Hinter |
Sein Name steht für den Umbau des deutschen Sozialstaats, eine beispiellose Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und Kapital bei Europas größtem Automobilproduzenten VW, aber auch für die VW-Affäre, einen Korruptionsskandal, bei dem sich alles um Schmiergeld, Tarnfirmen und Lust- und Luxusreisen von Managern und Betriebsräten dreht. Peter Hartz muss sich dafür ab morgen in Braunschweig vor Gericht verantworten. 44-fache Untreue wirft ihm die Staatsanwaltschaft Braunschweig vor - das Ende einer steilen Karriere.
Der 1941 im Saarland geborene Hartz absolvierte auf dem zweiten Bildungsweg ein Studium zum Diplom-Betriebswirt. Seinen Durchbruch schaffte er, als er mit 52 Jahren Anfang der 90er Jahre zu Volkswagen nach Wolfsburg kam. Der Konzern steckte damals in der Krise, 30.000 der rund 100.000 deutschen VW-Werker galten als überflüssig. Personalchef Peter Hartz erfand die Vier-Tage-Woche mit nur noch 28 Stunden. Mit Hilfe dieses Modells - weniger Arbeit und weniger Lohn - schaffte es VW aus der Krise, ohne einen einzigen Arbeiter zu entlassen.

Im Jahr 2001 betrat Hartz erneut tarifpolitisches Neuland und senkte die Produktionskosten im Unternehmen. 5000 mal 5000 - unter diesem Motto wurden 5000 Arbeitslose zu einem Pauschallohn von 5000 Mark eingestellt - und verdienten damit weniger als im hauseigenen Tarifvertrag vorgesehen, erhielten aber einen Arbeitsplatz..

Einem breiten Publikum bekannt wurde der Personalmanager jedoch, als er die im Jahr 2002 vom damaligen sozialdemokratischen Bundeskanzler Gerhard Schröder eingesetzte Kommission zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit sowie des Arbeitsmarktes leitete - das Ergebnis: die nach Peter Hartz benannte Arbeitsmarkt-Reform der rot-grünen Regierung. Seitdem steht sein Name in der Öffentlichkeit für vermeintlichen Sozialabbau und soziale Ungerechtigkeit in Deutschland.