Ethikrat-Mitglied Augsberg

Impfpflicht bringt „erhebliche Schwierigkeiten“

09:23 Minuten
Porträt von Steffen Augsberg
Sieht eine Corona-Impfpflicht kritisch: Steffen Augsberg, Jurist und Mitglied des Deutschen Ethikrates. © Axel Schmidt/Reuters-Pool/dpa
Steffen Augsberg im Gespräch mit Nicole Dittmer · 10.03.2022
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Eine allgemeine Impfpflicht soll die Corona-Pandemie besiegen, so der Bundesgesundheitsminister. Doch es gibt starke Kritik an dem Vorhaben. Ethikrat-Mitglied Steffen Augsberg spricht sich klar gegen eine solche Regelung aus.
Rund 75 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind gegen Corona grundimmunisiert, mindestens 57 Prozent haben sich boostern lassen. Die Corona-Fallzahlen erreichen dennoch derzeit fast täglich einen neuen Höchststand.
Um die verbliebene Impflücke zu schließen, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine allgemeine Impfpflicht einführen. Der Bundestag wird vorausichtlich Anfang April darüber entscheiden.
Klar gegen die Impfpflicht spricht sich Steffen Augsberg aus. Der Jurist ist Mitglied des Deutschen Ethikrates. „Wenn es tatsächlich so ist, dass es viele Menschen gibt, die ganz hartnäckige Impfverweigerer sind, dann ist auch klar, dass wir mit einer Impfpflicht auf erhebliche Schwierigkeiten zusteuern würden“, sagt er.

Impfdebatte hat „Vertrauen kaputtgemacht“

Augsberg glaubt, es würde „unheimlich viel Mühe“ kosten, die Impfquote auf breiter Basis zu erhöhen. Ein Grund für die Vorbehalte ist nach Ansicht des Juristen unter anderen die Impfplicht-Diskussion der letzten Monate. Die Debatte habe in Teilen der Bevölkerung „Vertrauen kaputtgemacht“.
Nach Einschätzung Augsbergs sei eine allgemeine Impfpflicht vermutlich auch gar nicht nötig. Man sei im Moment in der glücklichen Situation, dass die Erkrankung jenseits der gefährdeten Bevölkerungsgruppen leichter verlaufe als bei den vergangenen Covid-Varianten. Und: „Bei den verletzlichen Bevölkerungsgruppen sind wir tendenziell schon bei deutlich über 90 Prozent. Was wollen wir da noch groß zusätzlich erreichen?“

Impfkampagne intensiv betreiben

Das Ethikrat-Mitglied spricht sich indes dafür aus, die Impfkampagne weiterhin intensiv zu betreiben. Die bisherigen Kampagnen seien allerdings „in der Tendenz Lifestyle-Werbekampagnen“, die an einem Großteil der Bevölkerung womöglich schlicht vorbeigingen. Man müsse etwa mit Multiplikatoren ins Gespräch kommen, die bestimmte Bevölkerungsgruppen besser erreichen, als es eine staatliche Werbekampagne könne.
Den Vorstoß, Krankenkassenbeiträge Nicht-Geimpfter zu erhöhen, hält Augsberg für „ganz schwierig“. Damit werde ein potenziell risiko-erhöhendes Verhalten zum Anlass genommen, das solidarische Prinzip der Krankenkassenfinanzierung auszuhebeln.
„Dann müssen wir uns sofort überlegen, welche anderen risiko-erhöhenden Lebensweisen gibt es denn? Da sind wir auf einer abschüssigen Ebene. Das wäre eine höchst problematische Situation.“

Beteiligung an Kosten falscher Weg

Das Gleiche gilt nach Ansicht des Juristen für die Idee, Nicht-Geimpfte an Corona-Behandlungskosten zu beteiligen. Auf den Intensivstationen würden Geimpfte und Ungeimpfte liegen. „Wenn jemand Ungeimpftes behandlungswürdig ist, können wir nicht nachweisen, dass der deshalb auf der Intensivstation liegt, weil er ungeimpft ist. Das heißt, das ist eine reine Verdachtsregelung.“
Eine solche Regelung lasse sich nicht durchsetzen, glaubt Augsberg, und sie würde „noch mal ein unglückliches Klima in die Bevölkerung bringen“.
(tmk)

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