Aus den Feuilletons

Angst vor Muslimen im Ein-Prozent-Land

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung © dpa / picture-alliance / Jim Lo Scalzo
Von Klaus Pokatzky |
Weniger als ein Prozent der US-Bevölkerung sind Muslime, klärt die "FAZ" vor dem Hintergrund der jüngsten Ausfälle des Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump auf - und beklagt die ungleiche Verteilung der Flüchtlingsströme im westlichen Bündnis.
"Ich bin mit Zeitungen aufgewachsen, bei uns gab es nicht einen Tag ohne Zeitung."
Das sagt Isabella Neven DuMont im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Zu Hause hatten wir kein anderes Thema."
Ich habe hier auch kein anderes Thema – und begrüße als Schwester im Geiste die Kölner Verlegerin, zu deren Reich der Kölner Stadt-Anzeiger, die Berliner Zeitung und die Mitteldeutsche Zeitung gehören. Und noch eine Aufmunterung bitte, Isabella Neven DuMont:
"Wir gehen davon aus, dass es die gedruckte Zeitung noch sehr, sehr lange geben wird."
Ich auch.
Es gibt keine hässlichen Plätze in Bochum!
"Jochen Gerz hat aus Bochums hässlichsten Platz einen Ort des 'Europäischen Versprechens' gemacht."
Das ist eine Schlagzeile aus Isabella Neven DuMonts BERLINER ZEITUNG zu einem Projekt des Künstlers Jochen Gerz. Als gebürtiger Bochumer, weise ich erstens darauf hin, dass es korrekt heißen müsste "aus Bochums hässlichstem Platz" – und dass es zweitens in Bochum sowieso keine hässlichen Plätze gibt.
"Die Stadt Bochum gab Gerz 2004 den Auftrag für einen 'Platz des europäischen Versprechens'. In 21 Basaltlavaplatten ließ Gerz die Namen von 14 726 Menschen eingravieren, die ihm ihre Utopie von Europa verraten haben", schreibt Ingeborg Ruthe.
"Einen derartigen öffentlichen Platz, der aus Namen heutiger Erdenbürger besteht, gibt es weltweit nur in Bochum."
Wo sonst auch?
Warum darf Bono nicht sagen, was alle sagen?
"Es war ein Überraschungsauftritt, den die Eagles of Death Metal am Montagabend in Paris hinlegten."
Das ist ebenfalls in der BERLINER ZEITUNG zu lesen – nachdem bei einem Auftritt der irischen Band U2 auch die amerikanischen Death-Metal-Musiker spielten, bei deren Konzert am 13. November 89 Menschen von islamistischen Terroristen ermordet worden waren.
"Wer wieder einmal über das Ziel hinausschießt, das ist Bono", befindet die BERLINER ZEITUNG über den Frontmann von U2 und zitiert ihn:
"Wenn du an die Freiheit glaubst, dann ist Paris deine Heimatstadt."
Das ist für Philipp Fritz "eine Bono-typische Phrasendrescherei".
Da stellt sich nur die Frage, warum Bono nicht genau das sagen darf, was seit dem 13. November ungezählte Politiker gesagt haben und was so oder in ähnlichen Worten in jedem Feuilleton stand – auch in dem der BERLINER ZEITUNG.
Nur 1 Prozent Muslime
"Wird Amerika, wie Donald Trump es will, bald keine Muslime mehr ins Land lassen?", fragt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, nachdem der reichlich wirre republikanische Politiker, der gerne der nächste US-Präsident werden will, nun gegen Muslime hetzt.
"Trotz allen amerikanischen Geredes darüber, wie gut die Muslime dort integriert sind, kann man nicht darüber hinwegsehen, dass weniger als ein Prozent der amerikanischen Bevölkerung Muslime sind", rückt Stephan G. Richter die Dimensionen zurecht:
"Die Deutschen können und werden sich vor ihrem Anteil an der Bewältigung der gewaltigen Flüchtlingsströme nicht drücken. Aber die Lasten müssen, schon auf Grund des Verursacherprinzips, im westlichen Bündnis gerecht verteilt werden. Während einige europäische Länder für ihren Unwillen gebrandmarkt werden, segelt Amerika faktisch in deren Windschatten und ist, mit seinem unvergleichlich geringen Anteil an Muslimen in der Gesamtbevölkerung, in statistisch unkomfortabler Nähe zur Tschechischen Republik, zur Slowakei, zu Ungarn und Rumänien."
Auflösung des sozialen Zusammenhalts
Und damit zu unseren europäischen Debatten über unsere Muslime.
"Wir brauchen einen neuen Solidaritätsvertrag, der auf der Höhe des 21. Jahrhunderts formuliert ist und dessen Herausforderungen gerecht wird."
Das schreibt in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG der belgische Schriftsteller Erwin Mortier:
"Eine von Angst getriebene Politik wird überdies die Entfremdung zwischen den verschiedenen Gemeinschaften in unseren Städten vergrößern und der Auflösung des sozialen Zusammenhalts weiter Vorschub leisten."
Die Donald Trumps dieser Welt warten nur darauf.
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