Architektur des Bauhaus-Museums erinnert an antike Gräber
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In den Feuilletons vom Samstag geht es morbide zu: Verstorbene Familienmitglieder in lebensgroßer Puppenform sind Thema. Auch das neu eröffnete Bauhaus-Museum in Weimar darf nicht fehlen.
"Hinter Ihnen lehnt eine Silikonpuppe an der Wand, die aussieht wie Ihr Vater Ulrich Mühe. Warum haben Sie Verstorbene wieder aufleben lassen?", fragt Ulrike Knöfel vom SPIEGEL den Fotografen Andreas Mühe in dessen Atelier. Und der antwortet nüchtern: "Weil ich sie für meine neuen Arbeiten brauche."
Die werden in drei Wochen in Mühes Berliner Ausstellung "Mischpoche" im Hamburger Bahnhof zu sehen sein. Der Künstler hat dafür lebende Familienmitglieder, darunter seine Halbschwester, die Schauspielerin Anna Maria Mühe, zusammen mit Silikonfiguren von gestorbenen Familienmitgliedern, darunter sein Vater, der Schauspieler Ulrich Mühe, in Szene gesetzt und fotografiert.
Ruf nach der traditionellen Familie
Im Gespräch wird deutlich, dass der Fotograf eine Patchwork-Familie, dessen Teil er selbst gewesen ist, kritisch sieht: "Heute erscheint Familie manchen doch als etwas, was man verhandeln kann, und das hat den Nachteil, dass Familie nichts mehr ist, was verlässlich ist. Das ist auch ein gesellschaftliches Problem."
Auf die Frage, was denn langfristig mit den Silikonfiguren, also seinen toten Familienmitgliedern in lebensgroßer Puppenform, geschehe, antwortet Andreas Mühe: "Die werden vernichtet. Das ist irgendwie auch erlösend – wer möchte schon mit ihnen leben?"
"Wie ein Luftschutzbunker ragt der Quader am Rand des Schwanseeparks empor, als müsse er mindestens die Goldreserven des Freistaats Thüringen beschützen", beschreibt Marcus Woeller in der WELT das neue Bauhaus-Museum in Weimar. "Das Museumsgebäude […] wirkt wie ein Mausoleum der Moderne", nennt er eine weitere Assoziation.
Außen pfui, innen hui
Diese Assoziation und diese Kritik teilen die anderen Architekturexperten in ihren Artikeln für die Samstagsfeuilletons: "Dem vielbeschworenen experimentellen Geist und dem emanzipatorischen Potential des Bauhauses bekommt es jedenfalls nicht allzu gut, wenn man beides derart energisch einsargt", schreibt Niklas Maak in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Der Architektur und der Präsentation im Innern des Gebäudes kann Maak (wie übrigens auch seine Kollegen) einiges abgewinnen. "Überraschende und großartige Exponate" seien dort versammelt, urteilt er. Der Höhepunkt seien diejenigen Räume, in denen das Interesse des Bauhauses am Theater als Ort, der gesellschaftliche Veränderungen verhandelt, herausgearbeitet werde und das Bauhaus als "Fiktionsmaschine" erscheine. Ein klarer Kulturtipp, liest man heraus, wenn man erst mal die abschreckende Hülle und die mit ihr verbundene Leichenassoziation überwunden hat.
"Das Bauhaus-Mausoleum" hat Laura Weißmüller ihren Artikel für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG genannt. Sie sei beim Anblick des Bauwerks "von einer tiefen Traurigkeit" erfasst worden. "Denn just in der Stadt, wo alles begann, wo Walter Gropius vor 100 Jahren zur Gestaltungsrevolution aufrief, wird das Bauhaus eingesargt", schreibt sie. "Deutschlands Avantgarde bekommt in Weimar einen Sarkophag."
Graböffnung vor laufender Kamera
Wenn Sie, liebe Hörer, nun auf den Sarkophaggeschmack gekommen sein sollten, aber nicht so der Typ sind, der vor Ort nachschaut, was denn drin ist, dann hat die SZ noch einen anderen Kulturtipp für Sie. Der Fernsehsender Dmax überträgt in der Nacht zum Montag um 2 Uhr live eine Graböffnung in Ägypten.
Der Ägyptologe Michael Höveler-Müller wird das Ereignis kommentieren. "In einer bereits offenen Grabkammer soll der Sarkophag eines noch unbekannten Hohepriesters geöffnet werden", erläutert er im Gespräch mit der Zeitung. "Vor laufenden Fernsehkameras ist so etwas noch nie passiert. Das ist gewissermaßen vergleichbar mit der Mondlandung."