Aus den Feuilletons

Aufruf für ein geeintes Europa

Zwei Besucherinnen der Pulse of Europe Demonstration in Berlin
Europas intellektuelle Elite fordert die Bürger auf, sich gegen die rechte Populismus-Welle einzusetzen. © imago / phototek
Von Adelheid Wedel |
Am Sonntag jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 74. Mal. Damit sich das Grauen des Nationalsozialismus niemals wiederholt, müsse man sich klar zu Europa zu bekennen, mahnt die intellektuelle Elite, ist in der "Welt" zu lesen.
"Wo der Populismus brüllt, hilft nur ein vollmundiges Ja zu Europa." Selten hat sich die europäische Elite mit einer solchen Klarheit zu Wort gemeldet. In der Tageszeitung DIE WELT ist der Appell zu lesen, der aus der Erkenntnis kommt:
"Wenn wir uns nicht zur Wehr setzen gegen die Welle, die uns zu überrollen droht; wenn wir uns nicht schnellstens auf dem ganzen Kontinent mit neuem Elan zu Widerstand aufraffen gegen das Unheil, das als reale Drohung auf uns zukommt: Sieg der zerstörerischen Kräfte, Niederlage all derer, die sich dem Erbe Erasmus, Goethe und Comenius verpflichtet fühlen, Verachtung von Intelligenz und Kultur; Eruptionen von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Ein Horror."
Die Unterzeichneten, zu denen David Grossmann, Àgnes Heller, Elfriede Jelinek, György Konrad und Milan Kundera gehören, erheben die Stimme gegen ein solches "katastrophales Szenario". Sie wissen, "dass ein Dreivierteljahrhundert nach der Niederlage des Faschismus und 30 Jahre nach dem Mauerfall das "Kulturdach" unserer Zivilisation einer neuen entscheidenden Bewährungsprobe ausgesetzt ist.

Den Populisten nicht tatenlos zusehen

Wir dürfen nicht tatenlos zusehen", heißt es im Apell, den auch Bernard-Henri Lévy, Antonio Lobo Antunes, Ian McEwan und Herta Müller unterschrieben haben, … "wir dürfen nicht zusehen, wenn links und rechts die Ressentiments, der Hass und dessen traurige Auswüchse sich ausbreiten. Und wir müssen dringend Alarm schlagen gegen die Brandstifter, die von Paris bis Rom über Dresden, Barcelona, Budapest, Wien oder Warschau mit dem Feuer unserer Freiheiten spielen." Auch Orhan Pamuk, Salman Rushdie, Ludmila Ulizkaja, Mario Vargas Llosa und andere unterschrieben diese Warnung mit dem Titel "Das Haus Europa brennt".
Es wird kein Zufall sein, dass dieser Appell sozusagen fünf Minuten vor zwölf an diesem Wochenende veröffentlicht wird.

Der Holocaust darf niemals vergessen werden

"Vor genau 74 Jahren, am 27. Januar 1945, befreiten Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Seit 2005 wird dieser Tag als der Holocaust-Gedenktag begangen", erinnert Thomas Schmid ebenfalls in der WELT und empfiehlt:
"Es könnte ein Anlass für den Versuch sein, sich die Tragweite des Holocaust zu vergegenwärtigen und zu ermessen…" Diesem Schrecken werde ein simpler Ruf wie "Nazis raus!" nicht gerecht. Schmid argumentiert: "Nazis raus!" ist ein gedankenloser, selbstgefälliger und dummer Spruch, der die Verbrechen auf ungeheuerliche Weise verharmlost, die während der Zeit des National-sozialismus von Deutschen begangen wurden." Schmid nennt die Parole "geradezu nationalistisch" und er fragt sich, wie soll die Abschiebung von Nazis vor sich gehen und wohin?

"Kaufmann sein" als Ideal

"Werde, der du bist" – unter dieser Überschrift fasst Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG seine Überlegungen zu dem Trend zusammen, "warum Autobiographien ein Erfolgsmodell deutscher Unternehmer sind." Dabei bezieht er sich auf in hohen Auflagen gedruckte und gekaufte Bücher von Firmenchefs wie Dirk Rossmann, Götz W. Werner, Frank Thelen oder Carsten Maschmeyer.
"Ist es nicht merkwürdig, dass in einer Nation, die sich immer noch zuerst als Industrienation verstehen will, die Händler zu Helden des Wirtschaftslebens aufgestiegen sind?" fragt der Autor und gibt seine Antwort darauf in der S.Z.

Traummann auf Traumschiff

Die Bild-Zeitung hat es zuerst veröffentlicht, TAGESSPIEGEL und SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gehen darauf ein.
"Florian Silbereisen übernimmt das Kommando auf dem ZDF-Traumschiff. Gratuliere, besser hätte es der Mainzer Sender kaum treffen können", jubelt Markus Ehrenberg im Tagesspiegel. Daneben ist die Häme von Joachim Huber zu lesen:
"Florian Silbereisen ist der Falsche," meint er. Und: "Der Silbereisen ist als Schlagerbubi gebrandmarkt. Es besteht zu der großen Sorge Anlass, dass mit Kapitän Prager" – so wird er in der Rolle heißen – "das "Traumschiff als 'Titanic' weiterfährt.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wundert sich, "wieso das ZDF die Chance verstreichen ließ, diesen Part mit einer Frau, einem Migranten oder wenigstens einem Schauspieler zu besetzen."
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