Aus den Feuilletons

Chinas neuer Medienmogul

Der Chinesische Medienunternehmer und Milliardär Jack Ma
... © picture alliance / dpa /
Von Hans von Trotha |
Wenig Hoffnung hat die "taz" für die Pressefreiheit in China angesichts der Ankündigungen des Milliardärs und Neu-Zeitungsmachers Jack Ma. Er und sein Team erklärten, künftig eine "faire Berichterstattung über China" an. Die "SZ" spricht von einer "Zäsur für die Pressefreiheit".
Wie wirkt das virtuelle Internet eigentlich auf unser reales Leben? Das geht einfach, und es geht kompliziert, wie die Feuilletons lehren. Einfach wäre zum Beispiel: Man verdient, wie der Chinese Jack Ma, mit seiner Handelsplattform so viel Geld, dass man sich für 266 Millionen US-Dollar die China Morning Post kaufen kann. Kai Strittmatter befürchtet in der SÜDDEUTSCHEN eine "Zäsur für die Pressefreiheit"und begründet das mit Zitaten des neuen Eigners wie:

"Die Regierung will nicht, dass du ihr Liebeserklärungen machst. Sie will sichergehen, dass du ihre Probleme lösen kannst."

In der TAZ zitiert Felix Lee Mas Vize mit dem Satz: "Er wolle künftig auf eine `ausgewogene und faire Berichterstattung über China´ achten."
Vaterwünsche aus Amerika
Alles klar. Mit den Internetmillionen soll die gedruckte Meinung gesteuert werden. Das ist nicht schön, aber man kann es immerhin verstehen. Während Mark Zuckerberg nicht etwa ankündigt, die FAZ zu kaufen, nicht einmal das Neue Deutschland, sondern, etwas viel Verwirrenderes. Doris Akrap bekennt in der TAZ erst einmal:
"Bis neulich verwechselte ich immer Mark Zuckerberg mit Steve Jobs. Dann gab es einen Film über den einen. Und der andere bekam ein Baby. .. Nun hat Zuckerberg im Daddy-Rausch angekündigt, dass er ein Vater für alle sein will, also… sein Geld so verteilen, dass die ganze Welt und alle Kinder ins Internet und auf seine Seite können. Ha! Kindesmissbrauch! Das geht zu weit. Philanthrop nennt ihn jetzt nur noch Wikipedia. Für seine deutschen Kritiker von der FAZ und den Radikalen von links und rechts ist er ein verlogener Steuerhinterzieher, der den Geheimdiensten die Wanzen bezahlt, die Weltherrschaft anstrebt, das als Menschenliebe verkauft und sein Geld nicht mit ehrlicher Wertarbeit, sondern mit Zinsen verdient, die er aus unserem Seelenleben, unseren Daten generiert."
Und was ist er nun? Noch komplizierter wird es, wenn uns die FAZ erklärt, dass man offline, also in echt, von virtuellem Geld leben kann, das sie einem online, also virtuell, dafür gutschreiben, dass man offline durch die Gegend läuft.
"Genau das", erklärt Adrian Lobe, "ist die Idee einer App, die von dem Londoner Start-up Bitwalking lanciert wurde. Die Applikation zählt … die Schritte der Nutzer und zahlt ihnen pro zehntausend gelaufenen Schritten … ein digitales Kilometergeld von einem 'Bitwalking-Dollar' aus. Das entspricht in etwa einem amerikanischen Dollar. Die Nutzer können die Kryptowährung in Online-Shops ausgeben oder gegen echte Dollars tauschen. … In Malawi", so Lobe weiter, "wo der Durchschnittslohn bei 1,50 Dollar am Tag liegt, kann sich Laufen richtig lohnen. … Der Nutzer verkauft bei diesem Vergütungsmodell nicht wie gewöhnlich seine Arbeitskraft, sondern seine Privatsphäre. Es ist im Grunde ein Total Buy-out."
Zinsen aus dem Seelenleben
Also noch schlimmer als die Zinsen, die Zuckerburg (Oder war es Jobs? – Beide wahrscheinlich!) aus unserem Seelenleben generieren.
Noch komplizierter ist allerdings die Sache mit dem Meme. "Meme für Millionen", titelt die SÜDDEUTSCHE, und dann braucht Johannes Boie mehr SÜDDEUTSCHE-Spaltenplatz, um zu erklären was das ist, als eine Zeitung in der Kulturpresseschau überhaupt bekommen kann. "Beichte-Bären, Kleinkinder und zwei gute Zeilen" ist der erste Versuch einer Kurzerklärung, der sein Ziel nicht erreicht. Es geht irgendwie um mit Texten versehene Bilder im Netz.

"Etwas Nachgeahmtes", definiert eine israelische Professorin in einem Buch mit dem Titel "Meme", und Boie fügt hinzu: "Jede präzisere Eingrenzung wird schwierig, wie auch die Abgrenzung zu Trends und viralen Effekten. Ein Meme kann nämlich vieles sein. Etwa jener Trend, der als `Planking´ bekannt wurde und vor ein paar Monaten Millionen Menschen im Netz begeisterte. Damals", erfahren wir, "bestand ein Meme nur aus dem Bild eines einzelnen Nutzers. Es zeigte, wie dieser an einem möglichst seltsamen Ort flach auf einem möglichst seltsamen Gegenstand liegt, etwa auf einem Treppengeländer."
Wer an dieser Stelle aufgibt, erfährt nicht mehr, dass man anscheinend auch als Meme Geld verdienen kann. Zumindest versucht das ein Mädchen, das als Inbegriff des "overly attached girlfriend" zum Meme wurde. "Sie trägt", so Johannes Boie, "ihr Schicksal nicht nur mit Fassung, sondern versucht sogar, eine Karriere darauf aufzubauen."
Ob sie dazu durch die Gegend laufen, sich flach auf den Boden legen oder ihr Vermögen verschenken muss, oder ob jemand schon Meme-Dollers fürs bloße Meme-sein bezahlt, oder ob sie einfach bloß so lange "overly attatched" bleibt, bis sie ihren neuen Freund gegen den alten umtauschen darf, bleibt erst einmal ungeklärt.
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