Aus den Feuilletons

Das Butterbrot in der russischen Sprache

Ein Butterbrot liegt auf einem Frühstücksbrett.
Ein Butterbrot liegt auf einem Frühstücksbrett. © dpa / picture alliance / Jens Büttner
Von Gregor Sander |
Von Blitzkrieg bis Butterbrot: Deutsche Lehnwörter gibt es in fast allen Sprachen der Welt. Allein in Russland sind es rund 450. Die "Welt" hat besonders überraschende Wörter zusammengetragen.
450 deutsche Lehnwörter im alltäglichen Gebrauch kennt die russische Sprache, berichtet die Tageszeitung DIE WELT in ihrem Feuilletonaufmacher, den sie
"Eine kleine Handreichung für die Sommerferien"
nennt. Nun mag man sich fragen wieviel WELT-Leser in ihrem Urlaub Russisch sprechen, aber trotzdem möchte man zustimmen, wenn Matthias Heine folgende Lieblinge kürt:
"Die vielleicht schönsten sind der 'parikmarcher' (Friseur, von Perückenmacher) und das 'buterbrod', das im Russischen allerdings jede Art von belegter Schnitte bezeichnet, Butter ist nicht dazu notwendig."

Germanismus statt Anglizismus

Interessant ist auch dieser Fakt:
"Besonders kurios ist, dass im Russischen das deutsche Wort 'brandmauer' jene Computerschutzmaßnahme bezeichnen kann, die wir 'Firewall' nennen. Wir haben es hier mit dem nicht seltenen Phänomen zu tun, dass andere Sprachen einen Germanismus nutzen, wo wir uns für einen Anglizismus entschieden haben."
Warum das so ist, erklärt Heine in der WELT nicht, hat aber dafür schöne Beispiele parat:
"So nennen die Franzosen seit dem Wiener Börsenkrach vom 9. Mai 1873 einen katastrophalen Absturz der Aktienkurse 'krach', während bei uns 'Crash' dominiert. Bei Amerikanern heißt 'foosball' jenes Tischspiel, für das wir den Pseudoanglizismus 'Kicker' haben. Und in Japan existiert für das, was wir als Job bezeichnen, also eine kürzere, oft nebenher ausgeübte Tätigkeit, das dem Deutschen entlehnte Wort 'arubaito'."
Dem Artikel zugrunde lag das Buch "Heimweh, Kitsch & Co" der Germanistin Andrea Stiberc und auch der Berliner TAGESSPIEGEL ließ sich in seinem Aufmacher von einem Buch inspirieren.
"Herren im Anzug" lautet der Titel und die Historikerin Anja Meyerrose versucht zu klären, warum Männer von James Bond bis Gerhard Schröder in ähnlichen Klamotten herumlaufen. Der Ursprung liegt in England:
"Als dress coat ging der ländliche Anzug im Lauf des 19. Jahrhunderts in den Alltagsgebrauch über. Die Männerbekleidung verlor ihre Ausbuchtungen und Weiten, sie wurde, so Meyerrose, 'im Schnitt so körperbetont und bequem, dabei so schlicht und uniform, wie sie vorher nie gewesen war'."

Klassikpublikum vor dem biologischen Aus?

Häufig im Anzug anzutreffen ist auch der männliche Teil der folgenden Gruppe, die Michael Stallknecht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG beschreibt:
"'Silbersee' lautet das böse Wort für das, was Besucher klassischer Konzerte meistens um sich herum wahrnehmen: ein Meer von grauen und weißhaarigen Köpfen. Das Klassikpublikum gilt als überaltert, was immer wieder zu dem Unkenruf führt, die Klassik könne auf biologischem Weg verschwinden."
Doch da gibt die SZ Entwarnung. Laut einer neuen Studie sind 15 Prozent der klassikaffinen Bevölkerung unter 30. Warum sie trotzdem nicht im Konzertsaal sind? Die SZ hat neben den hohen Preisen noch eine andere Erklärung:
"Vier von fünf klassikaffinen Menschen leben in Haushalten ohne Kinder. Macht Klassik hören etwa einsam? Plausibler dürfte hier die Erklärung sein, dass Menschen mit Kindern einfach weniger Zeit haben, sich zu Hause einstündige Bruckner-Symphonien anzuhören oder ins Konzert zu gehen."
Und sind die Kinder aus dem Haus gehören diese Klassikliebhaber selbst zum Silbersee.

Eine 'Schaltsekunde' gratis

Warum Edo Reens die folgende Meldung in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ausgerechnet am 8. Juli veröffentlicht wird sein Geheimnis bleiben, interessant ist sie allemal auch wenn sie das Jahresende betrifft.
"Dieses Jahr, dieses Schaltjahr, ist sogar noch länger; es bekommt noch eine 'Schaltsekunde' gratis dazu."
Das hat etwas mit der Drehung der Erde zu tun und wird praktisch so ablaufen:
"Die Sekunde wird erst in der Silvesternacht dazwischengeschaltet: Um 22:59 Uhr unserer Zeit springt der Zeiger nicht etwa auf 23:00 Uhr vor, sondern auf 22:60 Uhr – eine absolut verrückte Uhrzeit, die wahrhaft Seltenheitswert hat, bei Korrektheitsfanatikern aber vermutlich wenig Anklang finden wird."
Beleibt uns hier nur noch das Wort Korrektheitsfanatiker den Russen als Lehnwort anzubieten und uns dafür das russische Wort für Ende zu leihen:
коне́ц
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