Das "Monster" von Dresden
Die Pegida-Demonstranten nimmt der Schriftsteller Durs Grünbein in der "Zeit" als "Monster" wahr. Außerdem in den Feuilletons: Verrisse in Hülle und Fülle für den Berlinale-Film "Fifty Shades of Grey".
Durs Grünbein hat lange gewartet. Jetzt, wo es langsam stiller wird um die Demonstranten der Pegida, liest der Lyriker den Bewohnern seiner Heimatstadt in der Wochenzeitung DIE ZEIT die Leviten:
"Zuletzt habe ich in Dresden das 'Monster' gesehen, es nennt sich Volk und fühlt sich im Recht. 'Wir sind das Volk', ruft es schamlos und schneidet dem Zweifler das Wort ab. Es weiß genau, wer dazugehört und wer nicht. Es macht denen Angst, die aus der Fremde kommen, weil sie in ihrer Not nicht anders können oder nach einer neuen Lebenschance suchen."
Dieses Volk aber, so Grünbein, sei selbst "aus einer Masse von Wirtschaftsflüchtlingen hervorgegangen". Und so fehlt dem Büchner-Preis-Träger jedes Verständnis für die demonstrierenden Dresdner:
"Sklaven der Konsumwirtschaft, die um nichts so sehr Angst haben wie um ihr bisschen Besitz (das Auto, den Fernseher, die Couchgarnitur, das Abo im Fußballstadion). Ihre Vulgarität zeigt sich in ihren Forderungen an den Staat, ihren Ansprüchen, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigen."
"Sklaven der Konsumwirtschaft, die um nichts so sehr Angst haben wie um ihr bisschen Besitz (das Auto, den Fernseher, die Couchgarnitur, das Abo im Fußballstadion). Ihre Vulgarität zeigt sich in ihren Forderungen an den Staat, ihren Ansprüchen, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigen."
"Wir sind die Dummen, die Abgehängten"
Dass diese sogenannten patriotischen Aufmärsche in Dresden ihren Anfang nahmen und hier ihr Zentrum finden, erscheint Grünbein fast zwangsläufig. Die Ursache sieht er in einem spezifischen Dresdner Wir-Gefühl:
"Wir sind hier die Dummen, die Abgehängten. Erst wird uns der König genommen, dann kommt Hitler, erklärt die Stadt zur Perle, verspricht uns ewigen Schutz, und zum Schluss ist alles verloren, das gute Tafelsilber wie das Meißner Porzellan. Propaganda frohlockt noch und faselt von der Vernichtung einer abendländischen Kulturhauptstadt und von den Chancen des umso schöneren Neubeginns. Und wieder diktiert Berlin die Regeln, von Ulbricht und Honecker bis zur Kanzlerin Merkel."
So Durs Grünbein in der ZEIT.
"Triste Mittelstands-Kitschplörre"
Dass der Film "Fifty Shades of Grey“ von allen Feuilletons verrissen werden würde, war zu erwarten. Umso erstaunlicher, dass es doch ein paar freundliche Worte zur Verfilmung des Weltbestsellers der britischen Autorin E. L. James gibt. Am großzügigsten ist Jens Balzer von der BERLINER ZEITUNG:
"'Fifty Shades of Grey' ist kurzweilig und bunt, und es gibt immer wieder etwas zu kichern. Die Dialoge sind weitgehend originalgetreu aus dem Buch übernommen und daher angenehm simpel."
Der Rest der Kritik aber lässt kein gutes Haar an diesem Film und kann mit den Worten Dietmar Daths in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zusammengefasst werden:
"Vielleicht wäre es doch das Beste, diese triste Mittelstands-Kitschplörre in kleine Fläschchen abzufüllen und das Etikett 'Porno Zero' draufzukleben: garantiert ohne sexuellen Brennwert, aber dafür mit besten synthetischen Zusatzstoffen, von Libido-Surrogat-Extrakt bis Lifestylekonservierungsmittel."
Statt einer Kritik zum Film druckt die TAZ für ihre Leser lieber eine Liste, worauf diese beim Kauf von Sexspielzeug zum Selberbauen achten sollten. Und das liest sich dann so:
"Für eine selbst gebastelte Lederrute sollten Sie sich zusätzlich ein Lederfett besorgen, um unnötige Hautreizungen zu vermeiden. Statt Lederbändern können Sie alternativ auch Birkenreisig verwenden – ist billiger. Vergessen Sie außerdem nicht, dass auch der Griff zum Einsatz kommen könnte. (Nebenbei bemerkt bedarf jedes Schlagen eines gewissen Feingefühls - SM ist ja kein Leistungssport.)"
Alles zur Berlinale in unserem Berlinale-Portal
Hintergründiges und Skurriles in unserem Berlinale-Blog
Trauer um den Architekten Gerd Albers
DIE SÜDDEUTSCHE ZEITUNG trauert um den Architekten und Stadtplaner Gerd Albers. 1919 in Hamburg geboren, arbeitete er nach dem Zweiten Weltkrieg als Oberbaudirektor in Darmstadt.
"Als Professor für Städtebau, Orts- und Landesplanung an der Technischen Universität München hat Albers dann seit den sechziger Jahren das Fach Städtebau behutsam von den verhängnisvoll einseitigen Maximen des Funktionalismus und der Charta von Athen unabhängig gemacht und auf eine neue theoretische Grundlage gestellt."
… schreibt Gottfried Knapp in der SZ. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Gerd Albers am 31. Januar gestorben.