Aus den Feuilletons

Das Pferd - mein bester Freund

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Zum Wiehern: "Wendy" wird 30 © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Von Tobias Wenzel |
Die Pferdezeitschrift "Wendy" wird 30. Wenn dann noch die "taz" und "Die Welt" mit diesem Thema ihre Feuilletonseiten beginnen, dann verwundert das doch. Klafft da schon - wenn auch etwas verfrüht - das Sommerloch?
Wenn die TAZ und DIE WELT mit demselben Thema ihre Feuilletonseiten beginnen, dann mag das schon verwundern. Wenn das Thema aber auch noch der 30. Geburtstag der Pferdezeitschrift "Wendy" ist, dann muss das entweder daran liegen, dass die "Wendy"-Macher die beiden Zeitungen unterwandert haben, oder aber, dass, wenn auch etwas verfrüht, das Sommerloch klafft.
"Mein bester Freund" titelt die TAZ und gemeint ist natürlich das Pferd. "Sturmgeschütz der Emanzipation", lautet die Überschrift in der WELT. Und darunter heißt es:
"Gratulation an ein schwer zu ertragenes, unverzichtbare Heft".
Wegen ihrer Optik, der vielen Herzchen, Schnörkel und der Farbe Pink, habe sich "Wendy" schon immer männlichen Lesern "verweigert", schreibt Wieland Freund, der merklich Spaß am Schreiben dieses Artikels hat:
"Jungen, die das Heft zur Hand nehmen, droht der sofortige soziale Tod. 'Wendy'-Leserinnen hingegen baden so harmlos, süß und rosa das Heft auch daherkommen mag, im Drachenblut einer echten Leidenschaft."
Für Nichtfans seien die Comics des Magazins mit Heldin Wendy und ihrer Hannoveranerstute Penny eine "Zumutung". Nicht jedoch für Mädchen, die sich im Zweifel immer gegen einen Prinzen und für das Pferd entschieden und sich Fragen wie diese stellten:
"Wäre ich eine gute Fohlenmama?"

Stadelmaiers Buch über das Regietheater

Wäre Gerhard Stadelmaier ein guter Fohlenpapa? Diese Frage beantwortet Christine Dössel in ihrem Artikel für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG leider nicht. Aber auch so ist er schon sehr unterhaltsam. Der mittlerweile pensionierte Theaterkritiker der FAZ hat ein Buch über das von ihm gehasste Regietheater oder, wir er selbst sagen würde, das "Regisseurstheater" geschrieben.
Und das rezensiert Christine Dössel, allerdings nicht, ohne zuvor den wohl bekanntesten schreibenden deutschen Theaterkritiker der letzten Jahre vorzustellen:
"So hemmungslos, wie Stadelmaier lieben, schwärmen und sich begeistern konnte, etwa für die Inszenierungen einer Andrea Breth, eines Dieter Dorn oder Luc Bondy, so fulminant konnte er auch hassen und verdammen und sich mit donnernder Sprachgewalt auf jene stürzen, die das Regietheaterfeld mal wieder mit öden 'Zeitgeistereien' beackerten."
Möglichst viel Wirklichkeit auf die Bühne zu holen, führe dazu, dass man sich selbst abschaffe, referiert die Journalistin die Grundthese Stadelmaiers. Diese apodiktische Position gegen Frank Castorf und andere Regisseure, die sich seiner Meinung nach selbst zum Gott erhöben, indem sie einfach inszenierten, was ihnen "durch die Rübe" rausche, kenne man schon aus seinen Rezensionen.
"Aber", urteilt Christine Dössel, "so zur Polemik verdichtet und aggressiv aufgeladen wie in diesem Buch kommt Stadelmaiers Geschimpfe doch sehr kulturkonservativ und reaktionär und der Autor als notorischer Rechthaber – ein bisschen auch als beleidigte Leberwurst – rüber."

Toilette als Wohlfühlraum

Apropos Wurst: "Wer pinkeln oder Stuhlgang abdrücken möchte, kann sich darüber hocken", schreibt Jens Balzer in der BERLINER ZEITUNG über eine Art Vorpremiere der an diesem Freitag offiziell beginnenden Berlin Biennale.
In die Toilette des Treppenhauses des KW Instituts habe nämlich der New Yorker Künstler Shawn Maximo einen "Wohlfühlraum" installiert, mit gemütlichen Sitzkissen, Kühlschrank, Flachbildschirm und W-LAN und mit einem im Boden eingelassenen Urinal.
"Die Arbeit [ ... ] ist gleichermaßen von bestrickender Klugheit wie von bestürzender Naivität", analysiert Balzer und hebt hervor, dass das Urinal sowohl für Frauen als auch für Männer funktioniere. Sein Fazit:
"Beim Urinieren und Kacken sind die Menschen nun einmal gleich; alles andere ist Ideologie."
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