Aus den Feuilletons

"Der Film spricht fließend Klischee"

Ein junger Künstler (Tom Schilling) mit einem Foto in der einen und einem Pinsel in der anderen Hand vor einer Leinwand
Szene aus "Werk ohne Autor" von Florian Henckel von Donnersmarck. Der Film erzählt das Schicksal eines jungen Künstlers (Tom Schilling), der aus der DDR in den Westen flieht. © Asac - la Biennale di Venezia/Buena Vista/Pergamon/Wiedemann & Berg
Von Tobias Wenzel |
Der deutsche Beitrag bei den Filmfestspielen in Venedig, "Werk ohne Autor" von Florian Henckel von Donnersmarck, kassiert im "Tagesspiegel" und in der "FAZ" derbe Verrisse. Lediglich die "Süddeutsche Zeitung" zeigt sich wohlwollender.
"Von 'Toni Erdmann' zu 'Werk ohne Namen': Das deutsche Kino steht wieder am Anfang." Andreas Busche vom TAGESSPIEGEL ist regelrecht wütend über den neuen, nun im Wettbewerb bei den Filmfestspielen von Venedig gezeigten Kinofilm von Florian Henckel von Donnersmarck. Wohl so blind vor Wut, dass er aus dem Filmtitel "Werk ohne Autor" "Werk ohne Namen" gemacht hat.

Hanebüchene dramatische Wendungen

Der Film ist stark an die Biografie des Malers Gerhard Richter angelehnt - im Film heißt er Kurt Barnert - und reicht von der Nazi-Zeit über die DDR bis zur BRD. "Von Donnersmarck zurrt 30 Jahre deutsche Geschichte, drei Staatssysteme, ein Amalgam aus Künstlerbiografien mit aller Gewalt zusammen", schreibt Busche. "Dass bei solchen Verkürzungen dramatische Wendungen herauskommen, die mit hanebüchen noch freundlich umschrieben sind, muss nicht verwundern."
Regelrecht perfide und das Geschichtsverständnis des Regisseurs entlarvend sei, dass der "den Tod in den Gaskammern in einer Parallelmontage mit der Bombardierung Dresdens" gleichstelle. Dietmar Dath kritisiert in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, dass der Regisseur offenbar gar nicht auf die Idee gekommen ist, daran zu zweifeln, "ob eine Kamera und ein Soundtrack in einer Gaskammer etwas verloren haben". Hinzu komme: "Der Film spricht fließend Klischee; die Amerikaner werden das lieben. 'Werk ohne Autor' geht für Deutschland ins Oscar-Rennen".

Maler Gerhard Richter habe eine Szene streichen lassen

"Der echte Gerhard Richter fühlt sich aber gar nicht geehrt, sondern eher belästigt", behauptet Susan Vahabzadeh in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dabei hatte von Donnersmarck im Gespräch mit dem SPIEGEL von seinen Treffen mit Richter erzählt und davon, der Maler habe das Drehbuch vorab gelesen und darum gebeten, eine Szene zu streichen, was von Donnersmarck getan habe.
Der Regisseur porträtiere nicht nur einen Künstler, sondern ein ganzes Land, urteilt nun Susan Vahabzadeh in ihrer eher wohlwollenden Kritik für die SZ und schreibt über die im Film dargestellte Befreiung der Hauptfigur in der BRD: "Das ist der Wermutstropfen in Barnerts Suche nach einer Welt, die ihn das sein lässt, was er will - auch sie ist schon Geschichte. Wir leben längst nicht mehr in dieser Republik, sie wurde abgelöst von einer vierten Version Deutschlands, die wir noch nicht begreifen können."

"Kunst kann nicht die sächsische Polizei demokratisieren"

"Mindestens 65.000 Menschen, die in Chemnitz, ein Konzert besuchend, gegen Rassismus protestieren, sind besser als 65.000 Menschen, die das nicht tun", schreibt Ambros Waibel in der TAZ. "Die Frage ist nur: Was sagt das über den Zustand der Politik in diesem Land aus, über ihre Mobilisierungsfähigkeit?"
Waibel lässt kein gutes Haar an der sächsischen Politik der letzten drei Jahrzehnte: "Wie man es sonst nur von Politikern in den mafiaverseuchten Gegenden Süditaliens kennt, wurde geleugnet und verharmlost, die heute allenthalben zum todesmutigen Engagement gegen Totschlägerbrigaden aufgeforderte Zivilgesellschaft wurde und wird denunziert, drangsaliert und kriminalisiert." Kunst könne "erfreuen, erschüttern und ermahnen". "Aber Kunst kann nicht die sächsische Polizei demokratisieren; Kunst kann nicht das großartige 'Wir schaffen das' mit Leben, also insbesondere mit sehr viel Geld füllen."

Saure Milch durch Computer-Hacker

Wenn Sie, liebe Hörer, gerade sehr viel Geld haben sollten, dann könnten Sie sich davon einige "smarte" Geräte kaufen: zum Beispiel einen Kühlschrank, der Sie warnt, wenn die Milch ausgeht, und sie auf Wunsch nachbestellt. Verbunden sind diese Geräte mit dem Internet. Deshalb, erklärt Andrian Kreye in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, spricht man vom Internet der Dinge. Kreye warnt allerdings vor den Risiken. So seien mehr als eine Million mit dem Internet verbundene Geräte, darunter Babyfones und Smart Toaster, von einem Virus befallen worden. Das Fazit Kreyes: "Es ist also keine Science-Fiction-Paranoia, wenn man annimmt, dass ein Hacker in naher Zukunft dafür sorgen könnte, dass in ganz Bayern die Milch sauer wird."
Mehr zum Thema