Die letzte Ausgabe des "Spiegel"
Ein letztes Mal wird der "Spiegel" noch erscheinen - dann wird die Zeitschrift wohl dem selbst propagierten "Ende der Welt" durch Trump zum Opfer fallen. Und auch in der "FAZ" ist ein Grundgefühl vorherrschend: die Angst.
Man kann es kaum fassen, den SPIEGEL wird es nicht mehr geben. Das Hamburger Wochenmagazin für die gebildeten Stände erscheint noch ein letztes Mal, und zwar mit einer an Subtilität nicht zu überbietenden Titelgrafik, auf der wir folgendes sehen: ein Verderben bringender Komet, der aussieht wie der Kopf von Donald Trump, rast mit gefletschten Zähnen auf die Erde zu, und darunter steht in Großbuchstaben:
"Das Ende der Welt",
Klammer auf,
"Wie wir sie kennen",
Klammer zu. Das ist vermutlich für Leute gemacht, die noch viel dümmer sind, als es das subtile Hamburger Wochenmagazin von Donald Trumps Wählern immer behauptet hat. Aber egal, das Ende der Welt impliziert ja wohl auch das Ende des SPIEGEL und überhaupt das Ende aller Feuilletons sowie der ganzen mit dranhängenden Restpresse, die wir uns also noch ein allerletztes Mal mit kritischem Beschauerblick zu Gemüte führen können und wollen.
Und da beginnen wir mit der in diesen Tagen nicht gerade selten gestellten Frage, die uns schon wieder aus der Berliner Tageszeitung anschreit, nämlich:
"Was lief schief in Amerika?"
Ein New Deal mit Donald Trump?
Die TAZ bietet zu deren Nichtbeantwortung einen Redakteur der Zeitschrift Politico namens Bill Scher auf. Nichtbeantwortung deswegen, weil es ihm vor allem darum geht, wie die Demokraten bei der nächsten Wahl aus dem Schlamassel herauskommen und wen sie in vier Jahren als Kandidaten aufstellen sollen. Scher gibt Empfehlungen wie die folgende:
"Es muss jemand sein, der die abtrünnigen weißen Wähler aus der Arbeiterklasse zurückgewinnen kann, ohne kritische nichtweiße Wähler zu vergraulen."
Gut, dass es bei Politico so pfiffige Redakteure gibt; da wäre ja sonst kein Mensch drauf gekommen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hat immerhin einen Text von jemandem aufgetrieben, der
"seit 1984 den Ausgang aller amerikanischen Präsidentenwahlen richtig vorhergesagt"
hat. Es ist der Historiker Allan Lichtman. Er erinnert daran, dass die Demokratische Partei vor 100 Jahren schon mal am Boden lag. Doch dann kamen der Börsenkrach von 1929 und Roosevelts New-Deal-Reformen, und das Blatt wendete sich. Lichtman schreibt:
"Nur ein neuer New Deal wird die Demokratische Partei vor dem Versinken in Bedeutungslosigkeit bewahren."
Allerdings scheint Lichtman entgangen zu sein, dass es auf absehbare Zeit Donald Trump ist, der den New Deal veranstaltet: Donald Trump, der Komet aus dem All, der Weltzerstörer, der Alien. Donald Trump, der ganz vielen ganz große Angst macht, eine Angst, die Verena Lueken in der FAZ gar nicht groß genug schreiben kann.
"Ich weiß, dass der Ausgang dieser Wahl in Teilen der Wählerschaft von Hillary Clinton und bei denen, die trotz aller Aufrufe dann doch nicht gewählt haben, mit einem Gefühl einhergeht, das für einen demokratischen Wahlausgang in einem zivilisierten Land außerordentlich ist: Angst."
Trotz Bataclan: Pariser bleiben unhysterisch
Wie unhysterisch nimmt sich doch dagegen die Stimmung in Paris aus, obwohl die Menschen durchaus Grund zur Angst haben und durch den fortdauernden Ausnahmezustand ständig daran erinnert werden, was am Sonntag vor einem Jahr geschah: die Attentate der Islamisten im Bataclan und in diversen Restaurants. 130 Menschen wurden ermordet, 684 verletzt.
"Fern von jeder Resignation zeigen die Pariser einen Willen, der sich nicht der Angst unterordnet, auch wenn sie diese empfinden,
zitiert die TAZ eine Psychologin. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet in dem Zusammenhang von einem weniger bekannten Kulturprojekt. Das Stadtarchiv hat nämlich siebeneinhalb Tausend Zeugnisse der Trauer und der Solidarität, die in den Tagen nach dem Terror in den Straßen abgelegt wurden – Zettel mit Zeichnungen, Gedichten, Stoßgebeten und anderen Hommagen – dokumentiert und gesammelt. Der gesamte Bestand soll bald online gestellt werden. Und noch etwas ist im Gange, die NZZ nennt es ein
"präzedenzloses Forschungsprojekt:"
1000 Personen – Überlebende, Angehörige von Getöteten, Sanitäter, Polizisten – sollen über zehn Jahre hin immer wieder nach ihren Erinnerungen befragt werden.
"Die Forscher wollen herausfinden, wie kollektives und individuelles Gedächtnis aufeinander einwirken."
Vielleicht könnte man so etwas Ähnliches auch mal im Hinblick auf die kommenden Trump-Jahre machen? Einfach aus wissenschaftlichem Forschungsinteresse.