Die Trostlosigkeit des Feldlagers
Der Schriftsteller Roman Ehrlich und der Fotograf Michael Disqué zeigen in dem Bildband "Theater des Krieges" den Alltag im Bundeswehrcamp Marmal. Der ist wenig spektakulär, da die Hauptaufgabe der Soldaten die Ausbildung afghanischer Streitkräfte ist.
Darf man vom "Theater des Krieges" sprechen, von einem Spiel bei dieser so ernsten Angelegenheit? Der Schriftsteller Roman Ehrlich und der Fotograf Michael Disqué geben ihrem bei Spector Books erschienenen Buch diesen Titel.
"Drei Wochen verbrachten sie im Bundeswehrfeldlager im afghanischen Masar-i-Scharif und zeigen nun ein außergewöhnliches Bild vom 'Theater des Krieges', vom Alltag im Bundeswehrcamp Marmal. Sie zeigen vor allem das, was gemeinhin nicht als Kriegsgeschehen verstanden wird und dennoch im Mittelpunkt der Realität eines Einsatzes steht, nämlich die Sicherung und Organisation der Truppe."
So Cornelius Wüllenkemper in seiner Rezension in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Aber sie sparen dabei nicht die Bedrohung jedes Einsatzes aus, der Rezensent erinnert daran:
"Allein im Jahr 2016 starben im Krieg der internationalen und afghanischen Truppen gegen die Taliban fast 7.000 Soldaten."
Roman Ehrlich benutzt unkommentierte Zitate des militärischen Personals, "mit denen er das Leben im Bundeswehrfeldlager in kleinste Momentaufnahmen zerlegt".
"Im Ton eines Militärberichterstatters beschreibt er die Trostlosigkeit der Landschaft, gibt uns ein Bild dieses extrem künstlichen Lebensraums. Die Hauptaufgabe der rund 800 verbleibenden deutschen Soldaten liegt in der Ausbildung afghanischer Streitkräfte."
"Keimzelle des Archaisch-Mafiösen"
Die Schriftstellerin Thea Dorn nimmt uns in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG auf eine Reise in die USA mit. In ihrem differenziert urteilenden und letztlich von Sympathie getragenen Bericht hat sie das Phänomen der Familienbande, die manchmal zu Familienbanden werden, in den Blick genommen. Sie sieht dabei ihren Verdacht bestätigt, "dass Familie weniger die Keimzelle des Aufgeklärt-Zivilisierten als vielmehr des Archaisch-Mafiösen ist".
Am Beispiel der Familien Trump und Kushner schildert sie deren Auffassung, dass die Gebote der Familienloyalität über den Gesetzen des Staates stehen und belegt:
"Das ist jedoch beileibe kein Privileg von Millionären."
Nach ihrer Erkenntnis besteht in den USA ein "reales Konfliktpotenzial zwischen dem Rechtsstaat und der Familie". Die Ursache dafür leitet sie aus der einzigartigen Geschichte des Landes her und geht dabei bis zu den Pilgervätern zurück, die vor rund 400 Jahren mit der "Mayflower" an der Küste des neuen Kontinents vor Anker gingen. Schließlich formuliert sie eine Hoffnung:
"Wenn es ein Land gibt, dessen innere Widerständigkeit groß genug ist, um zu verhindern, dass der Vormarsch von Familienbanden zum Triumphmarsch wird, sind es die Vereinigten Staaten von Amerika."
Debatte um Leitkultur ist "unergiebig"
Mit den Schwierigkeiten des Begriffs "Leitkultur" müht sich Jürgen Kaube in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ab, denn:
"Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat die Debatte darum neu entfacht."
Kaubes Urteil dazu steht gleich im ersten Satz, er hält sie für "unergiebig und das nicht, weil man keine langen Diskussionen darüber führen könnte, was uns im Innersten zusammenhält, was uns ausmacht und was uns von anderen unterscheidet, sondern gerade umgekehrt, weil alle diese Begriffe so unklar sind", und die Auseinandersetzung darüber dann auch entsprechend aussieht.
Wir geben uns zur Begrüßung die Hand, so de Maizière. Kaube setzt dagegen:
"Wenn es Jugendliche derzeit weniger oft tun, sondern sich gegenseitig abklatschen oder die Handrücken aneinanderstoßen oder Küsschen geben, weicht das von der Leitkultur ab? Wenn die Regel ungeschrieben ist und Ausnahmen kennt, hilft es dann, sie aufzuschreiben? Dass es Muslime gibt, die das Händegeben aus Respekt unterlassen, gerät dabei ebenso aus dem Blick wie die Sexualisierung des alltäglichen Umgangs durch andere. Halten uns denn Begrüßungsrituale überhaupt im Innersten zusammen?"
Kaube stellt Fragen über Fragen und seufzt:
"Weshalb der Innenminister es für sinnvoll hält, einen Slogan wie 'Wir sind nicht Burka' zu prägen, wo 'wir' doch viel dringlicher ganz anderes nicht sein sollten, ist irritierend."