Aus den Feuilletons

Drei starke Frauen

Von Adelheid Wedel |
Die Schriftstellerin Ahdaf Soueif erzählt über "die magischen Tage" der ägyptischen Revolution. Und zwei einflussreiche Frauen, Angela Davis und Anita Pallenberg, feiern runden Geburtstag.
"Die Revolution ist unumkehrbar",
sagt die ägyptische Schriftstellerin Ahdaf Soueif im Interview mit der Tageszeitung DIE WELT. Andrea Backhaus hat die Künstlerin in Kairo besucht und mit ihr über das bei Bloomsbury erschienene neue Buch "Cairo. My City. Our Revolution" gesprochen. Soueif erinnert sich:
"Die 18 Tage [im Januar 2011] auf dem Tahrir-Platz waren magisch. Wir alle spürten das immense Potential, die Verbundenheit, die Kreativität. Wir haben den Aufbruch gelebt. Wir müssen an die Werte von damals glauben. Auch wenn in unserem Land gerade Semifaschismus herrscht."
Drei Jahre und drei Machtwechsel nach den "magischen Tagen" herrscht in Ägypten Desillusion. Davon berichtet die 1950 geborene Bestsellerautorin. Sie sagt:
"Die Wahrheit ist, das Regime war nie weg. Das Geld und die Macht blieben dort, wo sie immer waren: bei der Elite, der Armee. Jetzt kehren die alten Strukturen zurück in einer noch radikaleren Weise."
Sie erwähnt den aktuellen Kult um die Armee, in den Schaufenstern prangen Poster mit Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, es gibt Torten mit seinem Konterfei, Ägypterinnen heiraten im Militärlook. Aber, und da ist Soueif ganz sicher:
"Auch in Zeiten des blinden Nationalismus spüren die Menschen, dass sie etwas ändern können. Sie wissen jetzt, dass sie Rechte haben. Es war falsch zu glauben, dass sich alles über Nacht ändern wird."
Eine Million Rosen für Angela
Sie wurde "der schwarze Engel der Revolution" genannt, schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG über Angela Davis und:
"Sie erklärte Jungdichtern die Grundbegriffe der Philosophie Kants, spaltete die deutsche Linke und machte sich um den Weltgeist verdient, im Gefängnis wurde die Bürgerrechtlerin zur Märtyrerin."
Nun wird die Black-Power-Legende siebzig. Willi Winkler rekapituliert das Leben der
"begabtesten Studentin des Heidegger-Schülers Herbert Marcuse. Ihre Mutter, eine Grundschullehrerin, lehrte sie die Anfangsgründe eines noch halbreligiösen Kommunismus, in dem Angela Davis in New York und Boston weiter bestärkt wurde."
John Lennon und Yoko Ono besangen "Angela", die Rolling Stones widmeten ihr das Lied "Sweet Black Angel". Seit 1963 wurde sie vom FBI beobachtet. Ronald Reagan verweigerte ihr als Gouverneur von Kalifornien die Lehrbefugnis. Als sie im Gefängnis saß, erreichten sie aus der DDR eine Million Rosen in Form von Postkarten.
"1972 sprach das Gericht in Kalifornien sie überraschend frei. Auf Kuba schrieb sie ihre Autobiografie, in Berlin wurde sie von Honecker empfangen. Sie hörte nie auf, sich für die Rechte der Minderheiten einzusetzen", schreibt der Autor.
Heute solidarisiert sie sich mit den Occupy-Demonstranten in New York.Nach einer eher nüchternen Aufzählung der Lebensdaten von Angela Davis kommt der Autor in der SZ überraschend zu einem Vorschlag für ihren 70. Geburtstag:
"Ein Festmahl bei Joachim Gauck, dem anderen großen Freiheitskämpfer, wäre das Mindeste."
"Stilikone des Swinging London"
Auch sie wird siebzig, "die selbst erfundene Frau", wie Susan Vahabzadeh Anita Pallenberg , ebenfalls in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, nennt.
"Pallenberg war die Muse nicht nur der Rolling Stones, zuvor war sie Fotomodell."
Da droht einem natürlich kein Gefängnis. Die in Rom Geborene hatte dort Pasolini und Fellini kennengelernt und sich in New York an Andy Warhol drangehängt.
"Ihr Ruhm gründet auf einem schillernden Privatleben und vor allem auf dem musenhaften Einfluss, den sie auf die Rolling Stones hatte."
Erst als Lebensgefährtin von Brian Jones, dann, bis Ende der Siebziger, als Partnerin von Keith Richards.
"Dass die Pallenberg in dem Jungs-Club, der damals London dominierte, etwas zu sagen hatte, lag vor allem daran, dass sie von Dingen eine Ahnung hatte, von denen die Jungmänner noch nicht einmal gehört hatten."
Die Autorin schreibt anerkennend: "Sie wurde zur Stilikone des Swinging London", und wollte dennoch mehr: In den Neunzigern absolvierte sie ein Modedesign-Studium und gründete ein eigenes Fashion-Label.
"Zwischen den Felljäckchen für Richards und der eigenen Firma liegt eine eher traurige Geschichte von Gerichtsprozessen, Drogen und dem Problem, nicht loszukommen"von sehr unterschiedlichen Abhängigkeiten.
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