Aus den Feuilletons

Ein Dach über dem Kopf genügt nicht

Flüchtlinge sitzen am 04.08.2015 auf Feldbetten in einer Turnhalle auf dem Gelände der Bundespolizei in Rosenheim.
Derzeit finden Ankömmlinge ein Dach über dem Kopf in Provisorien wie Turnhallen, Schwimmbädern, Kasernen, oder Messehallen. © picture alliance / dpa / Andreas Gebert
Von Adelheid Wedel |
Der Fehlbestand an Unterkünften für Flüchtlinge rufe frühere Zeiten in Erinnerung, so die "NZZ". Nach dem Ersten Weltkrieg habe die Wohnungsnot einen Schub sozialen Wohnungsbaus ausgelöst - die aktuelle Situation sollte Ansporn für Architekten sein, nach humanen Lösungen zu forschen.
"Kann Architektur angesichts der Flüchtlingskrise Integrationshilfe leisten, oder genügt den Heimatlosen ein Dach über dem Kopf?"
Gabriele Detterer stellt in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG diese Frage und verweist darauf, die Debatte darüber habe eben erst begonnen.
"Der Fehlbestand an Unterkünften und Wohnraum ruft frühere Zeiten in Erinnerung",
schreibt die Autorin. Und:
"Nach dem Ersten Weltkrieg löste die Wohnungsnot in Deutschland einen Schub modernen sozialen Wohnungsbaus aus."
Namen wie Walter Gropius, Bruno Taut oder Hans Scharoun stehen für neue Bautechniken im modernen Siedlungsbau. Derzeit finden Ankömmlinge ein Dach über dem Kopf in Provisorien wie Turnhallen, Schwimmbädern, Kasernen, Messehallen oder aufgegebenen Einkaufszentren. Das aber sei zunehmend
"Ansporn für Architekten, nach humanen baulichen Lösungen für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten zu forschen."
Der Artikel in der NZZ beschreibt alternative Projekte. Einem Aufruf des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt am Main, Bauten für Flüchtlinge vorzuschlagen, folgten im letzten Herbst 50 Architekten. Damit war die Resonanz größer als erwartet.
"Unter den Entwürfen fiel derjenige von Ruth Berktold aus München auf. Das Konzept variiert das Modul Schiffscontainer zu einer Gemeinschaftssiedlung mit Dorfcharakter."
Bis Ende März soll nach diesen Plänen in München eine Mustersiedlung errichtet werden.

Roberto Saviano schreibt über Europa

Zum Thema Flüchtlinge druckt die Tageszeitung DIE WELT unter dem Titel "Europas wahrer Feind" einen Kommentar von Roberto Saviano. Der Autor von Bestsellern wie "Gomorrah" und "Zero Zero Zero" schreibt regelmäßig für "La Republica". Er lebt unter Polizeischutz. In seinem "Letter from Europe" setzt er sich gegen die Aufhebung des Schengen-Vertrages ein. Seiner Meinung nach würde das
"die europäische Integration zunichtemachen. Es würde heißen, das großartige anfängliche Projekt zu zerstören, nämlich die Schaffung der Vereinten Staaten von Europa."
Eindringlich warnt der Autor davor, falschen Informationen zu vertrauen:
"Hören wir auf, denen Glauben zu schenken, die behaupten, dass Europa den Preis zahlt, den es bezahlt – unkontrollierte Einwanderung, uneingeschränkter Terror -, weil es dem ungeschützt ausgesetzt ist. Das ist nicht wahr",
so Saviano.
"Europa zahlt einen extrem hohen Preis, weil es nicht imstande ist, die Finanzströme und die Geldwäsche in den Griff zu bekommen. Das bedroht die Sicherheit Europas –"
so das unmissverständliche Fazit des Italieners.

Diskussionen über Politik und Religion in Riad

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG berichtet Stefan Weidner über das Kulturfestival Janadriyah in Riad. Er registriert: Dort zeigt sich
"ein schlingerndes saudisches Königreich, das sich seiner Probleme durchaus bewusst ist."
Erstaunt nimmt der Leser zur Kenntnis:
"Am Rande des Festivals diskutiert man ganz offen über Politik und Religion."
Wie und wo das geschieht, beschreibt der Autor, indem er festhält, dass "die eigenartige Mischung aus Messe und Jahrmarkt", die alljährlich vor den Toren der saudi-arabischen Hauptstadt zelebriert wird, nur einen Teil des Ganzen darstellt.
"Dieses Festival ist in Gestalt einer einwöchigen Tagung im King-Faisal-Konferenzzentrum mitten in Riad auch ein Forum des Austauschs für die Eliten des Königreichs."
Nach zwei Tagen Königslob, so beschreibt es Stefan Weidner, wurde es interessant, als die Redner auch die Probleme des Landes ansprachen und deutlich machten, das Königreich befinde sich in einer äußerst prekären Lage. Die Situation wird lebendig im Vergleich, den der Autor zieht:
"Dort zu Gast zu sein, fühlt sich an, als bewege man sich in den Kreisen des aufgeklärten Adels am Vorabend der Französischen Revolution. Alle spotten über den König und wissen es besser. Aber wenn der Monarch fällt, werden sie mit ihm fallen, und was danach kommt, ist höchstwahrscheinlich zunächst keine Aufklärung, sondern der Terror bärtiger Sansculotten."
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