Ein Nachruf auf den Blues
Bye, bye B.B. King! Die Kulturredaktionen der Tageszeitungen trauern nicht nur um einen Blues-Gitarristen, sie schreiben vom Ende einer ganzen Musikrichtung. Und sie gedenken auch seiner legendären Gitarre namens Lucille.
"Der König ist tot" (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG), "Zwölf Takte mit der Gitarre für die Ewigkeit" (FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG), "Jetzt ist der Blues gestorben" (DIE WELT) ‒ schon die Überschriften zu den Nachrufen auf B.B. King lassen keinen Zweifel: Da ist ein ganz großer Musiker gestorben. Karl Bruckmaier erinnert in der SZ daran, wie Riley King, so sein bürgerlicher Name, als Kind im US-Bundesstaat Mississippi in der Landwirtschaft arbeitete: „Aus dem Radio, dem neuen, schicken Medium, kam schließlich die Frohbotschaft: Es gibt ein Leben jenseits der Baumwollfelder." Der Blues erzähle eben auch von solchen Leidensgeschichten. Von Verlierertypen.
B.B. King aber zog sich gewissermaßen selbst aus dem Sumpf und wurde zur Blues-Legende. "Ob wir seine Musik nun mochten oder irgendwann nicht mehr so sehr, ob wir seinen recht derben Umgang mit Frauen oder seine bekannt herrische Art Dritten gegenüber entschuldigen können oder nicht, hier ist einer gestorben, der ragt noch aus einer fremd gewordenen Zeit in die unsrige herüber, einer Zeit, als noch Riesen, Drachen und Könige die Erde bevölkerten. Und mit ihm ist auch diese sagenhafte Welt vergangen", schreibt Karl Bruckmaier in der SZ.
"Bei der Vorstellung seiner Band in Konzerten nannte er als Letztes oft Lucille, die er manchmal auch als Gast-Star bezeichnete", erinnert sich Ulrich Olshausen in seinem Nachruf auf den mit 89 Jahren gestorbenen B.B. King. "Lucille hieß seine Gitarre, benannt nach einem Mädchen, das 1949 der Grund für eine Schlägerei in einer Bar war. Dabei fiel eine Petroleumlampe um, und die Bar stand danach in Flammen, aus denen King, kurz bevor das Gebäude einstürzte, seine Gitarre rettete. "
Irakischer Dirigent: Musizieren, wo die Bombe explodierte
Vom toten Musiker zum Musiker, der an Orten des Todes spielt: "Welch ein Kampf!", schreibt Sonja Zekri in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Hier: die Kräfte der Finsternis, die unfrisierten Horden des Islamischen Staates, die Iraks Wüsten und Städte in stumme, geschundene Blutlande verwandelt haben. Dort: ein Mann und sein Cello." Wenn wieder eine Bombe in Bagdad explodiert, dann musiziert Karim Wasfi, Cellist und Dirigent des Irakischen Nationalen Symphonieorchesters, kurz darauf genau am Ort des Einschlags. Alles habe damit begonnen, dass eine Bombe in unmittelbarer Nähe zu Wasfis Haus einschlug und sechs Menschen tötete, schreibt Sonja Zekri weiter. Wasfi habe spontan ein "Impromptu" auf dem "verbrannten Asphalt" gespielt: Die Zuschauer hätten das "wie hypnotisiert" verfolgt, erinnert sich Wasfi. Seitdem, so die SZ-Redakteurin, spiele er unermüdlich an weiteren bombardierten Orten Bagdads, um die Schönheit der Musik der hässlichen Gewalt des Islamischen Staates entgegenzusetzen.
Der steht nun vor der antiken Stadt "Palmyra", könnte sie also bald zerstören. Palmyra sei schon zuvor einige Male zerstört worden, und zwar "von den Legionären des römischen Kaisers Aurelian im Jahre 273 n. Chr., durch schwere Erdbeben im 11. Jahrhundert, von den Horden Timurs, eines zentralasiatischen Eroberers, im Jahr 1400", schreibt Ulf von Rauchhaupt in der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. „Doch nach alledem blieb noch genug übrig von dem Glanz des aramäischen Stadtstaates [...]."
Gefährdet man die Antikenstadt möglicherweise dadurch, dass man sie nun in ihrer Einzigartigkeit hervorhebt? Das fragt in der SZ die schon erwähnte Sonja Zekri: "Vielleicht wäre es besser, dieser Text würde nie erscheinen. [...] Vielleicht wäre es ja klüger, so zu tun, als sei das syrische Palmyra völlig egal, ein Ort wie jeder andere. Ein paar alte Steine. Und nicht: eine der schönsten Ruinen-Metropolen an der orientalischen Seidenstraße, einst eine wohlhabende Oasenstadt, das Scharnier zwischen Rom und Zweistromland, heute Weltkulturerbe, Welterbe, ein Teil von uns ‒ und damit ein ideales Ziel für Terroristen."