Ein Regimekritiker in der Kritik
04:21 Minuten
Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist die bekannteste Figur des Widerstands gegen das chinesische Regime. Doch er mache sich durch Selbstinszenierung suspekt, meint der "Tagesspiegel". Zudem vergreife er sich in seinen künstlerischen Ausdrucksformen.
"Der chinesische Exilkünstler Ai Weiwei zieht in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen eine Bilanz seines Schaffens", erfahren wir aus dem TAGESSPIEGEL. Nicola Kuhn betont:
"Ai Weiwei ist im Ausland zur bekanntesten Figur des Widerstands gegen die Willkür des chinesischen Systems aufgestiegen - Regimekritiker und Künstler in einer Person."
Ringen um Ausdrucksformen für das Elend der Welt
Das eben mache ihn attraktiv für das große Publikum und die Medien, seine Kunst allerdings würde angreifbar für die Kritik. Ai Weiweis Prinzip "Alles ist Kunst, alles ist Politik" hingegen dient der Ausstellung als Leitmotiv.
"Ai Weiweis Düsseldorfer Schau zeigt, wie ein Künstler um Ausdrucksformen für das Elend der Welt ringt, wie sich im Exil sein Fokus hin zur Misere der Flüchtlinge verschoben hat, mit denen er sich solidarisiert. Dass er sich dabei gern selber inszeniert, wie bei der Nachstellung des am Badestrand von Lesbos angespülten toten Flüchtlingsjungen wurde ihm schnell übel genommen. Darf er das?" fragt die Rezensentin und fährt kritisierend fort:
"Dass er sich in seinen Mitteln vergriff, wie bei der Ausschmückung des Berliner Konzerthauses mit Rettungswesten für eine Filmgala, machte ihn suspekt."
Die europaweit größte Ausstellung in beiden Häusern der Kunstsammlung Düsseldorf beginnt mit den frühesten Werken des chinesischen Ausnahmekünstlers noch aus der New Yorker Studienzeit in den 80ern und zeigt schließlich seine jüngsten Arbeiten, die thematisch um das Flüchtlingsthema kreisen.
Zweifel an der Darstellung von Twitter
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG informiert Cornelius Dieckmann:
"Twitter schaltet Accounts chinesischer Kritiker ab."
Twitter sei für Dissidenten die wichtigste Plattform, um Regierungskritik zu äußern, nun seien am vergangenen Wochenende "Hunderte chinesische Twitter-Accounts vorübergehend oder ganz suspendiert, viele davon regierungskritische Stimmen."
Laut Twitter sei das ein Versehen gewesen. Manchmal unterliefen Fehler, man arbeite an der Korrektur, wurde bekannt gegeben. Der Autor fragt: "Bloß eine Panne?" Denn allseits bekannt ist:
"China bemüht sich seit langem um die Meinungsunterdrückung auf Twitter."
Das Schema laute: "behördliche Einschüchterung und, bei Nicht-Kooperation, Löschen durch Hacking."
Franzens onkelhafte Kritik an Social Media
Die Tageszeitung TAZ legt sich in einer Rezension mit dem amerikanischen Schriftsteller Jonathan Franzen an. Er artikuliere in seinem gerade erschienenen Essayband "Das Ende vom Ende der Welt" "ein fast schmerzhaftes Unwohlsein am Zustand der Welt und seiner eigenen Rolle in dieser Welt."
Seine Kritik an den sozialen Medien habe aber auch etwas Loriothaftes, ist in der TAZ zu lesen, und:
"Es vergeht kaum ein Jahr, in dem Franzen sich nicht durch ungeschickte oder irritierende Äußerungen zur Zielscheibe von Hohn und Spott macht. Es scheint fast, als würde er sich durch seinen ausgestellten Mangel an politischem Feingefühl oder seine onkelige Kritik an den sozialen Medien darum bewerben, die perfekte Verkörperung der Figur des 'alten weißen Mannes' zu sein."
Es sei doch verwunderlich, wie ausgerechnet der Analytiker familiärer Gewalt im Essay plötzlich zum konservativen Autor einer postmodernen Gartenlaube wird, der über die Erosion des Gesprächs am Familientisch lamentiert.
Europas Ignoranz gegenüber den Christen im Orient
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG berichtet Wolfgang Krischke über eine Tagung in Greifswald, "die auf die schwierige Lage der Orientchristen aufmerksam machte." Im dortigen Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg trafen sich Theologen, Historiker und Sozialwissenschaftler aus Europa, dem Libanon, Syrien und dem Irak.
Grundtenor der Gespräche war die "Klage über die Ignoranz Europas. Dort nehme man die christlichen Kirchen des Nahen Ostens nicht als gelebtes Christentum, sondern nur noch als museale Relikte der Vergangenheit wahr."
Interessant auch die Feststellung: "Die tiefe Spiritualität der Orientkirchen, ihre traditionsbewussten Liturgien und Riten stoßen in den säkularisierten Kirchen des Westens auf eine Mischung aus Bewunderung, Neid und Befremden."