Er ist auch wieder da
Der Grieche Yanis Varoufakis, Ex-Finanzminister und rotes Tuch seiner europäischen Kollegen, hat in Berlin mit drei linken Philosophen diskutiert - die Wangen der Zuhörer glühten vor Begeisterung, berichtet verwundert "Die Welt". Das ernsteste Thema der Feuilletons ist aber Syrien.
In ein paar Wochen soll der syrische Dichter Adonis den Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück verliehen bekommen. Diese Entscheidung wurde heftig kritisiert. Als Hauptargument gilt, Adonis sei ein Parteigänger Assads. In der Wochenzeitung DIE ZEIT stellt sich der in Paris lebende Lyriker nun dem Interview.
"In Ihrem offenen Brief an Assad, haben Sie ihn als "gewählten Präsidenten" bezeichnet. Diese Formulierung ist seltsam."
stellt Iris Radisch fest, doch Adonis antwortet:
"Er ist schließlich nicht durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen."
Es sind Antworten wie diese, die die Kritiker Adonis bestätigen, auch wenn dieser seine Distanz zum Assad-System betont. Auf die Frage nach der Zukunft Syriens antwortet er:
"Es muss freie Wahlen geben, und zwar unter Aufsicht der Vereinten Nationen. Das Volk soll sagen, wen es will. Nicht die Philosophen. Das Volk muss Nein zu Assad sagen."
Radischs Einwand "Aber ein Fünftel des Volkes hat das Land bereits verlassen" kontert der 85-Jährige mit den Worten:
"Dann müssen die wählen, die geblieben sind."
Buchmarkt in Italien
Silvio Berlusconi ist bisher nicht als großer Literaturliebhaber aufgefallen und doch gehört seinem Konzern Mondadori nun fast die Hälfte der italienischen Literatur, wie Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet:
"Der italienische Medienkonzern Mondadori kauft seinen unmittelbaren Rivalen, die RCS Mediagroup (Rizzoli). Der Preis beträgt 127,5 Millionen Euro. Damit entsteht ein Unternehmen, das etwa 40 Prozent des italienischen Marktes für Belletristik und Sachbücher beherrscht und etwa 30 Prozent des Marktes für Lehr- und Schulbücher."
Weder in den USA noch in einem europäischen Land gibt es ein Verlagshaus mit einer vergleichbaren Macht. Was das für die Literatur Italiens bedeutet, malt Steinfeld in düsteren Farben:
"In insgesamt kleiner werdenden Verhältnissen bedeutet ein solcher Zukauf nicht nur mehr Macht und mehr Potenzial zu Einsparungen, sondern auch mehr Möglichkeiten, der Konkurrenz in jeder Nische des Marktes mit eigenen Programmen entgegentreten zu können, die sich dann immer mehr gleichen."
Yannis Varoufakis als Entertainer
Der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis diskutierte am Dienstag in der Berliner Volksbühne mit drei linken Philosophen. Und das vor vollem Haus. Aber warum nur, fragt man sich, denn was Varoufakis dort von sich gab, hat er ja auch schon gesagt, als er noch griechischer Finanzminister war. Mara Delius versucht sich in der Tageszeitung DIE WELT als Publikumspsychologin:
"Im Publikum glühten sich die Wangen inzwischen ins Begeistert-Tiefrote – ob es an Varoufakis' erzählerischem Talent lag oder am Gefühl, einer Kollektiv-Avantgarde anzugehören, an dem man sich wärmte, war nicht auszumachen; jedenfalls war der Saal auf zirkushafte Art dauerlachbereit, sobald der Clown seine Hand auch nur in Richtung der rhetorischen Spritzblume zu führen schien."
Ratlosigkeit auch bei Jan Feddersen von der TAZ:
"Man fragte sich unwillkürlich: Da schlägt ein politischer has-been wie Yanis Varoufakis etwas von europäischer Vernetzung vor – aber wo ist die Basis für eine europäische Zusammenarbeit, die über die Alles-wird-immer-schlimmer-Mittelschichtsmilieus hinausgeht?"
Frau Nobelpreisträgerin?
Kein Feuilleton vom Donnerstag weiß natürlich, wer den Nobelpreis für Literatur 2015 erhalten wird, weil das ja eben erst am Donnerstag verkündet wird. Aber Gerrit Bartels vom Berliner TAGESSPIEGEL schwelgt:
"Am schönsten, aufregendsten an den Literaturnobelpreisvergaben sind die Tage zuvor. Da wird allüberall diskutiert, wer den Preis diesmal erhält, da fallen immer wieder dieselben Namen."
Verschwörungstheoretisch ist die FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG unterwegs, wenn sie außerliterarische Gründe für das Preisträgergeschlecht anführt:
"Zum Beispiel den, dass mit der Literaturwissenschaftlerin Sara Danius nun zum ersten Mal eine Frau die Stelle des Sekretärs der Schwedischen Akademie, die den Preis vergibt, innehat. Sie wird heute gegen 13 Uhr das Ergebnis verkünden und hat vorab keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sich zu diesem Debüt eine Frau als Gewinnerin wünscht."
Die FAZ-Überschrift lautet übrigens:
"Nobel ist das nicht"