"Erleben wir in Berlin einen neuen Krieg um das Weihnachtsfest?"
Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ist auch Thema in der Kulturpresseschau. "Die Welt" erinnert daran, "dass Gewalt auf Weihnachtsmärkten in Frankreich und Deutschland eine lange Vorgeschichte hat".
"Deutscher Winter" - diese Überschrift über einem Artikel des Ethnologen Thomas Hauschild in der Tageszeitung DIE WELT bringt ein Gefühl treffend zum Ausdruck, das seit Montagabend viele Menschen in Deutschland befallen hat. "Erleben wir in Berlin einen neuen Krieg um das Weihnachtsfest?" fragt der Autor und erinnert daran, "dass Gewalt auf Weihnachtsmärkten in Frankreich und Deutschland eine lange Vorgeschichte hat". Es sei bekannt, schreibt er, "dass Weihnachtsmärkte als stark besuchte, offen zugängliche und in abendliches Dunkel gehüllte Ziele leicht in das Visier terroristischer Aktionen geraten können." Seit Langem habe er, so der Autor, "türkisch-deutsche und arabisch-deutsche Hassprediger im Internet beobachtet, die erfolglos versuchten, Muslimen das Weihnachtsfest zu verbieten, die Anschaffung von Weihnachtbäumen, die Gastmähler und das Schenken." Hauschilds Empfehlung aus all den Aufgebrachtheiten lautet: "Wichtig scheint mir, dass jetzt möglichst viele Menschen die Nerven behalten."
Gute Nerven bewies seiner Meinung nach der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Als im Winter 2013 in Nordrhein-Westfalen mit Rücksicht auf muslimische Kinder das Martinsfest abgeschafft werden sollte, erklärte er, "das Leben des Heiligen Martin sei für Muslime vorbildlich, weil ihnen der Gedanke des Teilens besonders am Herzen läge. Außerdem habe er als Kind in Deutschland immer gern an Martinsumzügen teilgenommen."
Die allgemeine Verunsicherung als Ergebnis solcher Zwischenfälle, wie auf dem Berliner Breitscheidplatz, ist Thema der Berichterstattung. In der Tageszeitung TAZ macht Peter Weissenburger auf einen Widerspruch aufmerksam: "Seit einigen Jahren glauben laut Umfragen immer mehr Menschen, dass die Kriminalität in Deutschland zunimmt - während Kriminalstatistiken das Gegenteil zeigen." Hat die aufgeheizte Stimmung mit dem Internet und seinem alltäglichen Gebrauch zu tun? Bei einem Blick aus dem Fenster stellt sich Berlin friedlich dar. "Im Internet herrschen dagegen Panik und Katastrophenstimmung," resümiert der Autor.
Manche Artikel zum Montagsgeschehen in Berlin regen zum Nachdenken an. So schreibt Jürgen Kaube in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Es gibt keine Kriegserklärung an die westliche Welt aus solchen Ländern", aus denen die Flüchtlingsströme zu uns kommen. "Wer bereit ist, im Flüchtling und im muslimischen Migranten als solchen die Gefahr zu sehen, bekräftigt recht genau eine einzige Weltsicht, nämlich die des heiligen Krieges. Im Grunde erkennen Leute, die von 'Merkels Toten' sprechen, den IS als Repräsentanten der muslimischen Welt an."
Wir schwenken zu Positivem um: Der TAGESSPIEGEL meldet, rund 120 Millionen Menschen gingen 2015 in Deutschland ins Museum. Das ist ein Plus von mehr als zwei Prozent. Der Präsident des Museumsbundes lobte die Museen "für ihren engagierten Beitrag für ein lebenswertes Miteinander in unserem Land" und bezog das besonders auf die zahlreichen Angebote für ausländische Mitbürger.
Wer sich für den "Kulturkampf um den Mythos Volksbühne", so steht es im TAGESSPIEGEL, interessiert, der wird am Mittwoch fündig sowohl in der FAZ wie im Tagesspiegel. Dort geben der designierte Intendant Chris Dercon und seine Programmleiterin Marietta Piekenbrock ausführlich Auskunft über ihre Pläne am traditionsreichen Theater wie auch für den Spielort Tempelhof. Beide Zeitungen betonen, dass sie in den Gesprächen von je einer Zeitungsseite erstmals die konkreten Pläne veröffentlichen.
Die Tageszeitung TAZ macht uns Leser mit einer anderen Theaterneuheit bekannt: "Der US-Amerikaner Richard Siegal war in den letzten Jahren verantwortlich für elektrisierende Ballettabende in New York, Marseille und an der Ruhr. In München gründet er ein neues Ensemble: das Ballet of Difference." Sabine Leucht nennt ihn "einen Perfektionisten und Menschenfreund und behauptet, er will in der neuen Compagnie das Individuum mit seinen Ecken und Kanten feiern".