"Ey Leute, identifiziert euch mit diesem Land"
Wie der Berliner "Tagesspiegel" berichtet, hat der Filmemacher Fatih Akin junge Migranten dazu aufgerufen, sich zu Deutschland zu bekennen: "Ey Leute, identifiziert euch mit diesem Land. Es ist schon okay hier“, findet Akin.
"Beim Schreiben muss man immer wieder Frustrationen aushalten."
Das lesen wir in der BERLINER ZEITUNG – und können nur seufzend zustimmen.
"Dass es nicht so gut wird wie erhofft",
erklärt der Autor John von Düffel im Interview das frustrierende Schreiben. Wir hoffen das Beste und blicken weiter in die Feuilletons, denn:
"Beim Lesen taucht man in eine Lektüre ein", wie uns John von Düffel Mut macht, "Man erschließt sich eine andere Welt."
Tauchen wir ein in die andere Welt.
"Warum wollen immer noch so viele Menschen dieses Spektakel sehen?",
fragt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG – und meint nicht das Verfertigen einer Kulturpresseschau.
Mediales Weltereignis
"Wir schauen, sind fasziniert, und nehmen so teil an diesem medialen Weltereignis", schreibt Gerald Wagner zu den wahren Vorbildern dieser Tage, die spätnachts und frühmorgens live im Fernsehen zu bewundern sind: "sportlicher, ambitionierter und leidensfähiger als ihre Zuschauer." Das sollten sie auch sein; schließlich ist von den Athleten der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro die Rede.
"Da gibt es Menschen, die in einer Art Käfig stehen, sich dann mehrmals um die eigene Achse drehen und eine Stahlkugel an einem Draht herumschleudern."
Dann schon lieber schreiben.
"Wer Olympia schaut, sieht also Menschen dabei zu, wie sie etwas für sich genommen völlig Sinnfreies in größter Perfektion vorführen."
Das klingt jetzt nicht so nett – genauso wenig nett, wie unsere Sportkommentatoren mit unseren Schwimmerinnen und Schwimmern in Rio umgehen, nur weil die immer noch keine Medaille erkrault haben.
"Schwimmer oder Leistungssportler überhaupt, die so viel opfern für ihr Ziel und am Ende als Verlierer dastehen, verdienen keine Medienschelte, sondern die Anerkennung für den Versuch und sportliche Solidarität."
Das sagt in der BERLINER ZEITUNG der Schwimmexperte John von Düffel – der nicht nur Dramaturg am Deutschen Theater in Berlin ist, sondern schon im zarten Alter von zwölf Jahren mit dem Schwimmsport begann und heute leidenschaftlich Langstrecken schwimmt:
"In den Ferien gehe ich meistens anderthalb Stunden morgens in den See und dann noch mal abends, um den Tag loszuwerden."
Da gibt es jede Menge Zuschauer, wie im Theater – oder besser: Fast wie im Theater; denn diese Zuschauer sitzen nicht.
"In der Mitte oder vorne liegen die schlanken Braunen, die pummeligen Bleichen liegen eher am Rand",
beschreibt die Tageszeitung DIE WELT das Strandleben im Sommer.
"Es beobachtet jeder jeden, hinter der Sonnenbrille oder schräg beiläufig am Buch vorbei lugend",
schreibt Sarah Pines,
"im Schatten unter der Achselhöhle nach hinten wegguckend, scheinbar gleichgültig gleitend, niemals zu interessiert verharrend, missbilligend starrend oder lüstern spannend."
Strandmuffelinnen und Glotzmuffeln
Wem derartiges reichlich fremd erscheint, also den Strandmuffelinnen und Glotzmuffeln, bietet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG Anleitung zur Toleranz:
"Was immer der Mensch tut, wie immer er sich verhält und lebt, ist als Ausdruck seiner Identität zu werten",
ermahnt uns René Scheu.
"Die eigene Lebensform – von der sexuellen Selbstdefinition bis hin zu religiösem Bekenntnis und zur Ernährungsweise – ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit."
Das Glotzen am Strand eben auch. Und so bleiben wir ganz positiv.
"Der türkischstämmige Filmemacher Fatih Akin hat junge Migranten dazu aufgerufen, sich zu Deutschland zu bekennen",
steht im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Leute, identifiziert euch mit diesem Land. Es ist schon okay hier."
Das hat Fatih Akin dem "Zeit"-Magazin gesagt. Zu einer Presseschau ganz ohne Frustrationen – das heißt: Ganz ohne Erdoğan und Putin und Trump – fehlt nur noch John von Düffel in der BERLINER ZEITUNG:
"Wenn ich das Gefühl habe, ich schwimme und ich werde geschwommen, dann empfinde ich das als großes Glück."