Facebook produziert Fake-Nachrichten
Bei Facebook ersetzt ein Algorithmus das entlassene Nachrichtenteam. Es soll linksliberale Parteilichkeit gezeigt haben, berichtet die "FAZ". Das nun eingesetzte Modul führte zu peinlichen Falschmeldungen.
Tja! Vor ein paar Minuten waren wir noch entschlossen, mit der Glosse "Das M-Wort" in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zu beginnen.
Bei einer zweiten Lektüre kam allerdings heraus: So richtig klasse finden wir eigentlich doch nur die zotige Schlusspointe. Und um die hier rüberzubringen, bräuchte es wortreiche Vorreden und ein ausuferndes Zitat. Da packte uns das Mitleid – und zwar mit jenen schamhaften Hörern, die nicht auf Zoten abfahren und den Buchstabenaufwand womöglich unverschämt fänden. Was aber machen wir nun?
Luther frisch aufs Maul geschaut
Wir überlassen die FAZ-Glosse den Zoten-Freunden zur Selbstlektüre und stellen mit der Tageszeitung DIE WELT die unverfängliche Frage: "Hat Luthers Deutsch etwa einen Bart?"
Gesprächspartner der WELT ist der Sprachhistoriker Karl-Heinz Göttert, der gerade in einem Luther-Lesebuch Texte neu zugänglich gemacht hat, und das heißt durchaus: frisch übersetzt. Wie Göttert demonstriert, ist der Sprachschöpfer und Dem-Volk-aufs-Maul-Schauer nämlich längst nicht mehr jedem verständlich.
"Wenn Sie lesen, dass eine Person mit zwei 'Schnüren' unterwegs ist, und Sie nicht wissen, dass Schnüre Schwiegertöchter sind, hängen Sie fest. Oder 'Unrat'. Die Chorsänger in der Matthäuspassion singen so schön: 'Was soll doch dieser Unrat?' Ich habe mich immer gefragt: Was denken die in diesem Augenblick? Denn es bedeutet: 'Was soll denn diese Verschwendung?' Das sagen die Jünger, als die Frau Jesus mit dem Öl übergießt."
Im übrigen konstatiert Göttert so anerkennend wie differenzierend:
"Luther hat für die Entstehung einer einheitlichen deutschen Schriftsprache unendlich viel getan, aber danach ist eben auch noch unendlich viel passiert. Das Deutsche war noch nicht fertig."
Vor dem Luther-Jahr 2017 pünktlich fertig geworden ist das Werk "Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit" von Bruno Preisendörfer, bekannt auch für seine "Reise in die Goethezeit" von 2015.
Stephan Speicher findet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG an Preisendörfers Reise-Masche nichts auszusetzen und das neue Werk so gelungen wie ... Achtung, es folgt eine atemberaubende Analogie!... – so gelungen
"wie eine glückliche Urlaubsreise: Unterhaltend, abwechslungsreich, auch belehrend, ohne darüber je schwer zu werden."
Junge, Junge, klingt das bieder!
Zum Kontrast ein O-Ton Luthers - der einst behauptet hat, "'dass unser Volk ein grobes, ja wildes Volk ist, ja es schier halb Teufel halb Menschen sind.'"
Pophistoriker erinnert sich an erste Punk-Konzerte
Vermutlich dachten viele Ähnliches über Punk-Musik und Punker – damals, vor 40 Jahren, als es in London losging.
Im BERLINER TAGESSPIEGEL erklärt der britische Pophistoriker John Savage als Zeuge der ersten Konzerte und ersten Skandale:
"Ursprünglich wirkte Punk unpolitisch, er war einfach Musik. Er entwickelte sich aus dem Pubrock von Bands wie Eddie & The Hot Rods und verstand sich als Negation des Hippietums und allem, was vorher dagewesen war. (...) Aber als Punk im Spätherbst 1976 zu einem nationalen Phänomen wurde, begann er, diese wütende soziale und politische Kritik zu entwickeln."
So viel Musikgeschichte für die Jüngeren unter uns, die Folgendes auch interessant finden könnten: Facebook hat sein 15-köpfiges Nachrichtenteam entlassen, weil es bei der News-Auswahl linksliberale Parteilichkeit gezeigt haben soll. Allein, der Algorithmus, der das Team nun ersetzt, ist seinerseits seltsam drauf, wie die FAZ berichtet:
"Über das Wochenende speiste das Modul (...) ein Video eines mit einem McDonalds-Sandwich masturbierenden Mannes sowie eine Falschmeldung über die angebliche Entlassung der Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly in seine Trending Topics ein. Der Artikel (...) war auf der Website 'Conservative 101' publiziert und dann auf der rechtslastigen Seite 'End the Fed' aufgegriffen worden. (...) So wird Facebook zum Durchlauferhitzer von Fake-Nachrichten, die das politische Klima in den Vereinigten Staaten vergiften."
Wer jetzt fragt, wie das alles weitergehen soll, findet die bitterste Antwort in der SZ.
Sie titelt: "Zukunft? Führen wir nicht".