Früher Höhepunkt in Klagenfurt
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Der "Tagesspiegel" und die "FAZ" loben die Eröffnungsrede des Autors Clemens J. Setz bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt. Setz habe einen "ästhetischen Zentralbegriff" gefunden, der in vielen Lebensbereichen gültig sei.
Es könnte sein, dass die Klagenfurter Literaturtage ihren Höhepunkt bereits hinter sich haben. Der TAGESSPIEGEL nennt die Eröffnungsrede eine der besten, die es je gegeben hat. Ihr Redner war Clemens J. Setz, ein österreichischer Autor. Setz, schreibt die FAZ, sei das Kunststück gelungen, einen "ästhetischen Zentralbegriff" zu finden, der sowohl "für die Literatur als auch die politische Gegenwart und nicht zuletzt jedes individuelle Leben" eine Schlüsselfunktion haben könnte.
Die Vermischung von Fiktion und Realität
"Kayfabe" heißt der Schlüsselbegriff, stammt aus dem Wrestling-Sport und bezeichnet die Rolle, die jeder Westler nach den Regeln seines Verbands zu spielen habe - im Ring sowieso, aber möglichst auch im alltäglichen Leben. Aber "Kayfabe" gibt es auch, wie Setz bemerkt, in den Künsten, wenn z.B. Kevin Spacey auf die Vorwürfe gegen seine Person mit einem Video reagiert, in dem seine Rollenfigur Frank Underwood spricht.
Und die FAZ zitiert Setz, wie er Schriftsteller beschreibt, die sich als Schriftsteller kayfaben: "Sie sitzen in Kammern, entwickeln dort ihren Stil, als wäre es ihr Charakter, verlieren sich jahrelang in Aufenthaltsstipendien, und dann wachen sie eines Tages auf und sind Dichter, wie aus dem Schullesebuch. Ihre eigenen Kinder stören sie. Sie ziehen nach Berlin."
Fiktion und Realität vermische sich zu einem Gemenge, das sich von der Wirklichkeit kaum noch irritieren lasse, als wäre es nicht, wie die SZ zitiert: "lebensnotwendig, bei allen Tätigkeiten regelmäßig von der Menschheit unterbrochen zu werden." Und der TAGESSPIEGEL setzt hinzu: "Leider ist es dann so, dass die Fiktionen der ersten Lesungen am Donnerstag nicht an Setz' Rede heranreichen." Schade für Klagenfurt.
Vorschläge für eine neues Duales Rundfunksystem
"Die Öffentlich-Rechtlichen haben 'Finanzbedarf' ohne Ende", titelt die FAZ. Drei Milliarden Euro mehr fordern die Öffentlichen für die Jahre 2012 bis 2024. Weil, sagt die FAZ, sie sich nicht auf "die Kunst des Maßhaltens" verstehen. In derselben Ausgabe hält Hans Demmel, Ex-ntv-Mann und jetzt Vorstandsvorsitzender des Privatsenderverbandes, ein langes Plädoyer für die Umgestaltung des dualen Rundfunksystems:
"Die Vielfalt und die Legitimation bei den Verbrauchern kann nur eine Auftragsdefinition stärken, aus der ein klares öffentlich-rechtliches Profil resultiert." Und dann sein Vorschlag: "Für die Programmplanungen der Radio-, Fernseh- und Online-Angebote sollte gelten, dass in den meistgenutzten Programmflächen in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl stehen müssen." Vielleicht ist das der neue duale Rundfunk: Die einen arbeiten mit Anspruch, die anderen eben nicht. Die Diskussion wird anhalten.
Debatte um eine Karikaturistin
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG dokumentiert eine Debatte über Franziska Becker, die vom Journalistinnenbund mit der Hedwig-Dohm-Medaille für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Seit 1977 kommentiert Becker mit ihren Karikaturen zumeist in der EMMA die Kämpfe des Feminismus. Nun erhebt sich die Frage, ob sie zeichnen darf, was sie zeichnet: Busfahrerinnen im Niqab oder dienende Hausmänner unter einem Ganzkörperschleier. Letzteres wurde nicht kritisiert. Wohl aber eine Karikatur, in der eine Polizistin mit Kopftuch einem Ladendieb die Hand abhackt - zur Freude der Umstehenden. Das kam nicht gut an.
Alice Schwarzer hat ihre Karikaturistin verteidigt: "Franziska Becker ist im deutschsprachigen Raum das erste Opfer eines selbstgerechten Furors im Namen des Islam. Wehret den Anfängen!" wird Schwarzer zitiert und dann noch: "Ihr Ziel ist Zensur!" Kurt Tucholsky war der Meinung, Satire dürfe alles. Er würde sich wundern, worüber wir fast 100 Jahre später immer noch streiten müssen.