Genialer Dirigent ohne Taktstock
Der Tod des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt beschäftigt die Feuilletons. Egal ob FAZ, SZ oder NZZ - alle würdigen die musikalischen Verdienste des Österreichers.
"Können Sie da bitte mehr Weihrauch geben?"
Diese sehr bildliche Anweisung habe Nikolaus Harnoncourt dem Arnold Schönberg Chor für die Interpretation von Haydns "Mariazeller Messe" gegeben, schreibt Wolfgang Sandner in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG in seinem Nachruf auf den mit 86 Jahren gestorbenen österreichischen Dirigenten.
Der Sohn adliger Eltern, Nicolaus Graf de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt, kurz Nikolaus Harnoncourt, sei "undoktrinär neugierig" gewesen und habe als Pionier der historischen Aufführungspraxis Herausragendes geleistet:
"Wie vital, differenziert, dramatisch und klangfarbenreich die polyphone Musik des Mittelalters und der Renaissance klingen kann und uns damit ebenso zu rühren vermag wie ein Schubert-Lied, hat im Grunde so frappierend erst Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus musicus demonstriert, zu dem auch seine Geige spielende Frau Alice gehörte.
"Die Ohren ausputzen nannte Harnoncourt sein höchstes Ziel", schreibt Reinhard J. Brembeck in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dieser "Ohrausputzer" und Beethoven, dessen Sinfonien er Anfang der 90er-Jahre auf CD einspielte, seien "eine beeindruckend geerdete Symbiose" eingegangen, und die Einspielung habe Harnoncourts endgültigen Durchbruch bedeutet.
"Fast ein Leben lang ist er bekämpft worden"
In "seinen besten Momenten" sei er ein "genialer Dirigent" gewesen, übrigens einer, der nie einen Taktstock benutzt habe. "Fast ein Leben lang ist er bekämpft worden", erinnert sich Peter Hagmann in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
"Erst als er im höheren Alter stand, ließen ihn Orchester wie die Wiener Philharmoniker ans Pult und öffneten ihm Zuhörer ihr Ohr, die seiner Kunst lange mit Skepsis begegnet waren."
Bei Harnoncourt habe man eine "avantgardistisch wirkend[e] Realität gegenüber dem musikalischen Text" beobachten können:
"Seither ist in der Interpretation nichts mehr so, wie es ehedem war. Und sei es bloß die schlichte, aber elementare Tatsache, dass sich heute kein Musiker mehr erlauben kann, zwei auf dem Papier gleich lange Noten in der Praxis wirklich gleich klingen zu lassen."
Die Überleitung vom gestorbenen Dirigenten zum Killerroboter kann nur schief gehen. Also stattdessen lieber zwei An- und Abstandssekunden.
UN-Konvention für Killerroboter?
"Algorithmen könnten bald Entscheidungen über Leben und Tod treffen", sagt Stephen Goose, Waffenexperte bei Human Rights Watch, im Gespräch mit Jannis Brühl von der SZ über autonome Waffensysteme, kurz: Killerroboter.
"Es darf nicht so weit kommen, dass wir keine menschliche Kontrolle über einzelne Angriffe haben. Menschen müssen in die wichtigsten Entscheidungen eingebunden sein, vor allem in die, auf wen gezielt wird und wer getötet."
Deshalb setze sich Goose dafür ein, dass diese möglichen Waffen der Zukunft international, im Rahmen der UN-Waffenkonvention, verboten würden. Es sei nämlich höchst zweifelhaft, ob Killerroboter zum Beispiel wirklich zwischen Zivilbevölkerung und Feind unterscheiden könnten. Und es gebe auch noch ein moralisches bzw. rechtliches Problem, falls vollautomatische Waffen Unschuldige träfen:
"Kommt es zu einem Regelverstoß, können Sie ja den Roboter nicht bestrafen. Der Befehlshabende, der normalerweise verantwortlich wäre, hat keinen Befehl gegeben. Soll der Programmierer verantwortlich sein, weil er nicht voraussehen konnte, welche Optionen die Maschine auf dem Schlachtfeld haben würde? Oder der Hersteller?"
Mit Waffen sollte man nicht enden. Also lieber noch einmal zurück zu Nikolaus Harnoncourt und seine metaphorischen Anweisungen an Musiker. Während der Einstudierung von Haydns "Schöpfung", erzählt Wolfgang Sandner in der FAZ, habe der Dirigent gefordert:
"Und die Flöte dann wie eine Rotkreuzschwester, die einen noch streichelt."