Hass gegen Frauen in "Fick-mich-Stellung"
Eine Feuilletonistin der "Welt" hasst es zwar, Frauen in der Werbung als Sexobjekte zu sehen - meint aber, diese "aufgeilenden" Bilder gehörten zu einer vermeintlich liberalen "Freiheit". Und sollten deshalb toleriert werden. Das war ein Seitenhieb in Richtung des Justizministers Heiko Maas.
Sie kennen sich ja gut aus, liebe Hörer… Raten Sie mal, in welcher Zeitung in der vergangenen Woche die Polemik erschien, die mit den Worten begann:
"Ich hasse es, Frauen in Fick-mich-Stellung zu sehen, auf Plakatwänden aggressiv zurechtgeräkelt, weil jemand ein Bier oder eine Wurst oder eine Handtasche verkaufen will. Ich hasse diese halb offenen, penetrationsbereiten Münder, die Duckfaces, die zu schneiden heute jedes präpubertäre Mädchen fürs Instagram-Profilbild lernt. Ich hasse diese Münder schon, wenn sie im Feierabendmodus auf Facebook gepostet werden […]. Aber noch mehr hasse ich sie, wenn sie perfekt genug sind, um damit ein Auto oder einen Kochtopf oder ein Stück Schokolade anzupreisen. […] Ich kann’s wirklich nicht leiden."
Ja, klar! Am ehesten vermutet man dergleichen in der frauenbewegten TAGESZEITUNG, also der TAZ, die ja auch dem F-Wort nie abgeneigt ist…
Tatsächlich aber erschien der Artikel in der bürgerlich-konservativen Tageszeitung DIE WELT – und mündete in einer ziemlich fiesen Pointe.
Denn nachdem ihr die Galle so spektakulär übergelaufen war, konstatierte die WELT-Autorin Kathrin Spoerr, man müsse die aufgeilenden Bilder tolerieren – alles andere, etwa die jüngste Kritik von Justizminister Heiko Maas, würde die "Freiheit" beschädigen.
Eine solche – es sei liberale oder pseudoliberale – Wendung wäre in der TAZ kaum vorstellbar.
Dafür erschien dort "Die Waffen der Frau".
Damen mit gefährlichen Handtaschen
Andreas Hartmann stellte ein Berliner Label vor, das – spaßeshalber - Handtaschen produziert, die so aussehen, als befänden sich Schusswaffen darin…
In Zeiten des Terrors eine knifflige Idee, wie TAZ-Autor Hartmann unterstrich:
"Waffen töten Menschen, wegen Waffen flüchten Menschen in Scharen, echte Waffen sind einfach nicht witzig, und je plausibler die Vorstellung wird, dass sich in einer ihrer Taschen tatsächlich eine echte Waffe befinden könnte, desto stärker kommen die beiden Designer in Erklärungsnot."
Die deutsch-türkische Satirekrise
Dass es zu nennenswerten Problemen führen kann, wenn man etwas Verbotenes täuschend echt vortäuscht, das hat Jan Böhmermann erlebt. Seine Erdogan-Lyrik hat bekanntlich eine beispiellose deutsch-türkische Satire-Krise ausgelöst.
"Zu behaupten, der türkische Präsident habe kleine Hoden, ist von der Kunstfreiheit geschützt", behauptete die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, fragte allerdings "Warum [eigentlich]?" und reichte die Frage an Anja Braumeck weiter, Anwältin für Medienrecht.
"Nicht jeder Beitrag in einer Comedy-Sendung ist automatisch eine Satire. Um als Satire zu gelten, muss die Aussage derart verfremdet, übertrieben oder zugespitzt sein, dass sie gerade dadurch ihren besonderen, verschlüsselten Gehalt erhält. Erst diese Stilmittel geben der beabsichtigten Aussage den gestalterischen Freiraum, die volle kritische Bedeutung, auf die es dem Satiriker ankommt. So ist es auch hier. Böhmermanns Verkleidung der Kritik an Erdogan durch das offenbar bewusst ins Absurde getriebene Reimgedicht, die Einbindung in das Comedyformat seiner Sendung, seine Ankündigung, dass es sich um eine verbotene Schmähkritik handele, all das macht die Kritik zur Satire",
war sich die Anwältin Anja Braumeck in der SZ sicher.
Die Bundeskanzlerin aber möchte die Causa offenbar von einem ordentlichen Gericht beurteilt sehen – Böhmermann muss sich wegen Beleidigung eines Staatsoberhaupt verantworten.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG unterstützte Angela Merkels Entscheidung und belehrte die ungelehrigen Medien.
"Von einem 'Kotau Richtung Ankara', sprach […] [etwa ein] Reporter von n-tv. Vor Angela Merkels Erklärung hatte er gemahnt, die Bundesregierung dürfe Erdogan 'nicht noch Schützenhilfe geben', es dürfe keinesfalls geschehen, dass der türkische Präsident 'seine Vorstellungen von einem Obrigkeitsstaat nach Deutschland exportieren' kann. Prägnanter kann man den Trugschluss, der die Debatte […] beherrscht […], nicht in Worte fassen. All diejenigen nämlich, die fordern, dass Angela Merkel den ZDF-Moderator vor einem Prozess schützen müsse; die Vertreter aus dem Kulturbetrieb und dem Showbusiness, die meinen, dass sei allein ein Fall für die publizistische Debatte […], reden einem Obrigkeitsstaat das Wort, in dem die Politiker alle Macht haben, jemanden zu verfolgen oder zu schützen."
Ob Böhmermann tatsächlich nur freigesprochen werden kann, wie viele glauben, das fand der Berliner TAGESSPIEGEL gar nicht so klar.
"Die Frage, ob die uneigentliche Rede die Diffamierung abmildert, wird nun das Gericht in Mainz beschäftigen, bei dem Erdogan Strafanzeige gestellt hat. Ist die Schmähnummer wirklich Satire oder nur eine 'als Verbotsmuster camouflierte degoutante Verbalbeleidigung', wie Wolfram Schütte auf perlentaucher.de schreibt? Schütte vergleicht Böhmermanns Dialektik mit der eines Mörders, der vor dem Schuss seine eigene Tat zur Straftat erklärt, um dann doch abzudrücken",
erläuterte Christiane Peitz im TAGESPIEGEL.
Ist Merkel eine geizige Oma?
In der Wochenzeitung DIE ZEIT stand unterdessen ein weiteres Mal Angela Merkels Verhalten in der Flüchtlingskrise zur Debatte…
Und der französische Schriftsteller Pascal Bruckner nahm kein Blatt vor den Mund.
"Frau Merkel erscheint mir manchmal wie eine geizige Oma, die auf ihrem Stuhl die Knie zusammenpresst und sich an ihre Handtasche klammert. Sie ist sparsam, vorsichtig, dafür wird sie von den Deutschen geliebt. Aber wie alle sehr vorsichtigen Menschen überkommt sie manchmal der Teufel der Impulsivität. Ein Beispiel dafür war Fukushima: Sie stellte die deutschen Atomkraftwerke ab, nur um ganz Europa mit deutschen Kohleabgasen zu verschmutzen. […] Ebenso uneingeschränkt und impulsiv war die Reaktion der Kanzlerin auf die Flüchtlinge: eine Million willkommen heißen, jetzt, sofort! Ohne Absprache mit uns anderen Europäern."
Merkel-kritisch in der ZEIT: der Schriftsteller Pascal Bruckner. –
Nun, das alles wird uns noch lange beschäftigen…
Um aber den Kopf am Ende aus dem Schlamassel zu erheben und ein bisschen Aufbruch-Stimmung zu verbreiten, enden wir mit der Parole, die in der FAZ Überschrift wurde.
Sie lautete:
"Setzt die Segel, wir entern die Sterne."