Aus den Feuilletons

Ist der neue Star Wars nur ein "gediegenes Weltraumgeballer"?

Ein Stormtrooper geht vor der Premiere von "Rogue One: A Star Wars Story" in London über den roten Teppich.
Ein Stormtrooper geht vor der Premiere von "Rogue One: A Star Wars Story" in London über den roten Teppich. © dpa picture alliance/ Andy Rain
Von Ulrike Timm |
Die Feuilletons sind nicht begeistert vom neuen Star Wars Film "RogueOne". Die "Berliner Zeitung" urteilt "Sternenkrieger im Machtkrampf". Und auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verreißt ihn.
"Schon grunelts" - kennen Sie nicht? Macht nichts, hat Goethe ja auch nur einmal benutzt, den Ausdruck. So wie ungefähr 45.000 andere Worte auch, die Hälfte seines rund 93.000 umfassenden Individualwortschatzes. Das ist der mit Abstand umfangreichste der deutschen Sprache überhaupt. Goethe war eben gut. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG feiert den siebzigsten Geburtstag des Goethe-Wörterbuchs. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis alle Goethe-Wörter erklärt sind, der Meister hat einfach jede Menge vorgelegt. Gleich nach dem Krieg haben Germanisten begonnen, zu ordnen, zu sammeln - und zu verzetteln. Jeder spezielle Goethe-Ausdruck landete erstmal auf Karteikarte. Der Riesenwortschatz erklärt sich nicht zuletzt aus seinem langem Leben heraus, weiß die SÜDDEUTSCHE. Shakespeare etwa brachte es auf gerade 30.000 Wörter, bloß ein Drittel der Goethischen Ausbeute - er hatte einfach zu wenig Zeit.
Da konnte eben weniger gruneln.
Derzeit reicht das Goethe-Wörterbuch bis PF wie Pfröpfung, und klar, alle Gärtner kennen's, das meint Veredeln auf dem Rosenreis.
Aber gruneln?

"RogueOne" ein müder Lückenfüller?

Tut's im neuen Starwars-Epos wohl nicht. Ein "müder Lückenfüller" sei "RogueOne: A Star Wars Story", meint die BERLINER ZEITUNG,"gewollt, aber nicht gekonnt", voll von "männerrachedurstigen Testosterongedöns" zeigen sich "Sternenkrieger im Machtkrampf". Aber letztlich gibt‘s nur "gediegenes Weltraumgeballer". Ein wenig mehr StarWars-Fantum schimmert bei Andreas Platthaus in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN durch, und sei es nur aus Nostalgie, die der neue Film Rogue One wohl ganz gut bedient. Der kleine Junge im Kollegen Platthaus freut sich an Wüstenplaneten, brodelndendem multirassischem Leben in den Städten und Sternenkreuzern, der gestandene Kritiker zieht dann doch das Fazit "Nur empfehlenswert für Liebhaber des Sternenkriegmärchens".
Muss man wohl noch etwas nachgruneln.

Iranisches Kriegsmuseum lässt frösteln

Traurig, erhellend traurig beschreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ein neues, staatliches Kriegsmuseum. Der Iran hat "tief in die Tasche" gegriffen und eine "neue Stätte des Märtyrerkults" geschaffen. Philipp Breu ist hindurch gegangen, durch die Schmetterlingshalle z.B, Schmetterlinge streben zum Licht, so sehr, dass sie daran verbrennen - im iranischen Kriegsmuseum ist das eine Metapher für 500.000 Tote in der Auseinandersetzung mit dem Irak. Auch einen "Märtyrer-Andenken-Laden" gibt es. Man ist aber noch nicht ganz fertig. "Es fehlen noch zwei Hallen. Sieg und Errungenschaften. Frieden steht hier also erst einmal nicht auf dem Programm." Die Beobachtungen zum neuen iranischen Kriegsmuseum finden Sie in der Neuen Zürcher Zeitung. Sie lassen frösteln.
Gruneln? Nein, hier nicht.

Jane Birkin als unsterbliche Mädchenfrau

Alle Feuilletons gratulieren der Lieblingsengländerin der Franzosen, Jane Birkin. Und auf keinem der dazu gereichten Fotos dürfte die unsterbliche, androgyne Mädchenfrau älter als 35 sein. Jane Birkin, für die SÜDDEUTSCHE die "ewige Rebellin, die heute alles wird, aber doch wohl nicht siebzig". Womöglich ist da doch ein klein wenig Testosterongedöns mit Autor Willi Winkler durchgegangen, aber ansonsten schreibt er sehr schön und schließt mit "Je t'aime", natürlich. Jenem Chanson, das Jane Birkin mit Serge Gainsbourg in die Welt hinaus stöhnte. Und das sogar Kult-Filme wie "Blow up" oder "Die schöne Querulantin" in der Wahrnehmung längst weit hinter sich gelassen hat. Birkin und Gainsbourg, das skandalöse Sanges- wie Liebespaar. "Am Anfang fand er mich nicht so toll, das Weitere stand in allen Zeitungen", so zitiert der TAGESSPIEGEL die Jubilarin, über deren bekannteste Töne, "ein Song wie ein Liebesakt", der Papst den Bannfluch sprach. Auch die meisten Radiostationen boykottierten "Je t'aime". Und Willi Winkler von der SÜDDEUTSCHEN ist sich sicher, "in den Siebzigern wurden zu dem gehauchten Chanson ungezählte Kinder gezeugt."
Hat eben prächtig gegrunelt.
Ach so, Goethe -Wörterbuch, gruneln meint:"sprossen, grün zu werden beginnen" und ist ein Ausdruck des Verwandlungs- und Erneuerungsvorgangs.
Gruneln eben.
Logisch.
Punkt.
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