Japans Atomkatastrophe als Manga
Vor fünf Jahren löste ein Erdbeben einen Tsunami an Japans Ostküste aus und verursachte einen Atomunfall. Die Autorin Reiko Momochi verarbeitet die Katastrophe von Fukushima in einem Comic: Die "TAZ" bespricht ihn.
"Ich hätte das Kino früher verlassen sollen",
bekennt per Überschrift Frédéric Schwilden in der Tageszeitung DIE WELT.
Und kommt auf "Der Spion und sein Bruder" zu sprechen, den neuen Film von Sasha Baron Cohen.
Aus Rücksicht auf die sittlich Sensiblen unter uns lassen wir hier die Hard-Core-, Tierporno- und Tier-Mensch-Porno-Passagen des WELT-Artikels und damit des Films aus.
Wollen aber diejenigen unter Ihnen, liebe Hörer, die sich bei dergleichen nicht zieren, durchaus neugierig machen.
Schwilden also ging mit seiner "guten Freundin Julia" ins Kino, um sich "Batteriesäure durch die Vene direkt ins Gehirn schießen zu lassen" – eine Erwartungshaltung, die auf Erfahrungen mit Cohen-Filmen wie "Borat" gründet.
Im übrigen legt Schwilden ausdrücklich Wert darauf, mit den grellsten Anmaßungen der Porno-Industrie wenn nicht wohl-, dann doch übel vertraut zu sein.
"Der Spion und sein Bruder" aber ist offenbar noch eins drüber, wie man Schwildens Resümee des durch Flucht abgebrochenen Kino-Besuchs entnehmen kann.
"Ich habe mich dann versucht zu betrinken. Es hat nichts genützt. Ich konnte mich noch erinnern."
Schwilden muss übrigens wirklich fertig gewesen sein. Sonst hätte er – statt: "Ich habe mich dann versucht zu betrinken" – geschrieben: "Ich habe dann versucht, mich zu betrinken." –
Aber sei’s drum.
Manga "Daisy aus Fukushima"
Unter dem Titel "Kirschblüten und Nasenbluten" bespricht Morgane Llanque in der TAGESZEITUNG aus Anlass des fünften Jahrestages der Katastrophe "Daisy aus Fukushima", ein Manga von Reiko Momochi.
Besonders gut gefällt der TAZ-Autorin Llanque die klare politische Botschaft des Comics.
"'Seit dem Reaktorunfall kann ich der Regierung meines Landes nicht mehr glauben. Sie hat fortlaufend die Wahrheit verheimlicht und uns belogen‘, sagt die Hauptfigur Fumi verbittert, als sie durch eine der Containersiedlungen streift, in denen Tausende Menschen darauf warten, in ihre eigenen Städte und Dörfer zurückzukehren. Fumi […] lernt einen Mann kennen, der Selbstmord begeht, als er begreift, dass er niemals in sein Haus zurückkehren wird können."
Dass auch die damalige deutsche Regierung geflunkert hat, als sie sich nach Fukushima zur Energiewende bekannte – das unterstellt Daniel Wetzel in der Tageszeitung DIE WELT.
"Der nach Fukushima von der Bundesregierung eingeleitete Atomausstieg war […] kein Ausfluss einer neu motivierten Energiewendepolitik - denn der damit einhergehende Rückschlag für den Klimaschutz [durch Mehreinsatz von Braunkohlekraftwerken] wurde ja noch nicht einmal ansatzweise diskutiert. Im Grunde ging es der schwarz-gelben Koalition um Macht: Es galt, den damals steilen Aufstieg der Grünen in den Umfragen zu bremsen."
Geschäft mit der Meinungsforschung
Andererseits wusste man vor fünf Jahren auch schon, was Axel Weidemann in der aktuellen FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG so formuliert:
"Vor dem Urnengang wollen alle wissen: Was sagen die Umfragen, wie stehen die Prognosen? Dabei wird das Geschäft der Meinungsforschung immer komplizierter. Ihre Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen."
Das weiß gewiss jeder, der sich in den letzten Jahren für die Kluft zwischen Umfrage-Dichtung und der Wahrheit des Wahlabends interessiert hat.
Immerhin präsentiert der FAZ-Autor Weidemann einen Erklärungs-Ansatz aus fremdem Munde:
"Für Manfred Güllner, den Geschäftsführer des Forsa-Instituts, wird die Diskrepanz zwischen Stimmung und Stimmen vor allem durch jene größer, die nicht zur Wahl gehen. Und zwar dann, wenn sie vor der Wahl noch das Gegenteil angegeben haben. Das seien nicht überwiegend Leute, die Wahlen generell ablehnten, sondern 'Wähler auf Urlaub'. […] Mehr Komplexität schafft auch die gestiegenen Anzahl wählbarer Parteien. Je mehr zur Wahl steht, desto größer die Wechselbereitschaft der Stimmberechtigten."
Für uns bleibt’s ein windiges Geschäft.
Diese Meinungsforschung, die andauernd herausposaunt, warum ihre Ergebnisse zwar richtig und wichtig, aber als Prognosen leider kaum je belastbar sind.
Die TAZ sieht das nicht anders – und titelt: "Misstraut den Umfragen." -
Ach ja, zum Schluss doch noch etwas Sexuelles. Mit Blick auf den großen Wahl-Sonntag nennt die WELT den Akt an der Urne sehr hübsch:
"Vollzug im Darkroom der Demokratie".