Keine Zärtlichkeiten von Albert Einstein
Mit welchen Gemeinheiten Albert Einstein seine Ehefrau loswurde, gibt die "Welt" in ihrer Kritik zur neuen Biografie über den Relativitätstheoretiker wieder. Insgesamt ist der Grundton der Feuilletons dieser Tage melancholisch und in sich gekehrt.
"Wie man seine Frau loswird", lesen wir, "Punkt für Punkt", in der WELT:
"Du sorgst dafür, dass ich die drei Mahlzeiten im Zimmer ordnungsgemäß vorgesetzt bekomme... dass mein Schlafzimmer und Arbeitszimmer stets in guter Ordnung gehalten sind",
heißt es, und weiter:
"Du verpflichtest Dich ausdrücklich, im Verkehr mit mir folgende Punkte zu beachten: Du hast weder Zärtlichkeiten von mir zu erwarten noch mir irgendwelche Vorwürfe zu machen:"
Und so weiter und so noch viel weiter. Relativ tragisch, die Ehe, die hinter solchen Sätzen steht... Der Relativitätstheoretiker Albert Einstein versuchte in dieser Weise, seine Frau los zu werden. Leider ließ sie sich das eine Weile bieten, bevor sie das Weite suchte. Nun legt eine Biografie Albert Einsteins, die seine frühen Jahre in Berlin beleuchtet und die die WELT sehr empfiehlt, ihr Augenmerk glücklicherweise nicht nur auf Szenen einer Ehe.
Autor Thomas de Padova beleuchtet vor allem die Verstrickungen der Wissenschaft in den allgemeinen Kriegstaumel der Jahre ab 1914 – und hier dachte Einstein im Gegensatz zu den meisten anderen menschlich und klar. Immerhin. Alles relativ im Leben.
"Guter Pop ist wie Burger braten"
"Man sollte auf Partys gehen", "Guter Pop ist wie Burger braten", "Schnell ins Konzert" – so allein drei Überschriften in der TAZ, - aber darunter steht Bataclan 1, Bataclan2, und Bataclan3. Hartnäckig, hilflos, aber vor allem trotzig und energisch fordern weiter viele Autoren das Recht auf ein freies und freudvolles Leben, gerade im Gedenken an die vielen gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen der Terroranschläge.
"Die Attentäter vom 13 November haben, wie viele Vorgänger in der Geschichte, nicht nur das reale Paris angegriffen, sondern auch die Idee einer idealen Stadt, einer Stadt des Laissez-Vivre", schreibt Stefan Ulrich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und führt unter der Überschrift "Statt der Liebe" – statt mit doppeltem t (!) – einmal im Schnelldurchlauf durch die jüngere Geschichte von Paris, eine Stadt, die ungeachtet ihres lebensfroh-frivolen-Savoir-vivre Images immer wieder mit Anschlägen, Gewalt und Angst leben, fertig werden und weiter machen musste.
"Wozu sollte ich den Fluxus-Löffel abgeben?"
"Vom Wunsch nach Ewigkeit" erzählt die WELT und beschreibt die sich wandelnde Bestattungskultur – an diesem Wochenende ist Totensonntag. Auch die FRANFKURTER ALLGEMEINE nimmt sich dieses Themas an und erzählt von der sich wandelnden Friedhofsgestaltung durch Migranten.
"Ein wesentliches Element der muslimischen Bestattung ist die sarglose Beisetzung, die mittlerweile in den meisten Bundesländern aus Gründen religiöser Toleranz geduldet wird... Die Gestaltung ihrer Grabstätten lässt eine Fülle unterschiedlicher Traditionen erkennen, bis hin zu Adaptionen westlicher Bestattungskultur. So lassen sich auf muslimischen Gräbern Sinnsprüche aus der christlich-abendländischen Kultur finden. Die ‚Betenden Hände' von Albrecht Dürer, Engelsfiguren, ... Grablichter, Bibelverse, Psalmen ... legen beredtes Zeugnis solcher Akkumulation ab. Die in den meisten Herkunftsländern unübliche Grabpflege werde zum Beispiel auf dem muslimischen Teil des Parkfriedhofs in Hamm bei etwa der Hälfte der Grabstätten praktiziert, berichtet der Landschaftsarchitekt Markus Klüppel."
Aufschlussreich, melancholisch, in sich gekehrt – der Grundton der Feuilletons dieser Tage, natürlich. Und doch, man freut sich dann, in der WELT einen Geburtstagsgruß an den Schriftkünstler Ben Vautier zu finden, der 80 wird, eine große Ausstellung in Basel bekommt, immer noch seine oft mit hintersinnigen Schreibfehlern behafteten Sätze in Kinderschrift an die Wand malt und fröhlich fragt: "Wozu sollte ich den Fluxus-Löffel abgeben?" Glückwunsch!